Auf der Suche nach einem neuen Top-Management bekommt es die Commerzbank mal wieder mit Großaktionär Cerberus zu tun. Er hat eigene Vorstellungen für einen neuen Aufsichtsratschef.
Die Commerzbank will mit einem neuen Aufsichtsratschef einen ersten Schritt aus ihrer Führungskrise gehen. Doch dabei stößt das Frankfurter Geldhaus auf Widerstand von Großaktionär Cerberus.
Vor dem Treffen des gesamten Aufsichtsrats, der am Montagnachmittag zusammenkommt, brachte sich der Finanzinvestor in Stellung gegen den Kandidaten Hans-Jörg Vetter.
Der frühere Chef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) wird als Favorit für die Nachfolge von Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann gehandelt, der an diesem Montag abtritt. „Wir haben ernsthafte Zweifel, dass Hans-Jörg Vetter die richtige Person für diese Aufgabe ist und über die richtige Erfahrung hierfür verfügt“, heißt es in einem Brief von Cerberus an den Aufsichtsrat, der den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX vorlag.
Cerberus hat nach eigenen Angaben zwei andere Kandidaten für die Aufsichtsratsspitze ausgemacht. Diese hätten die nötigen Qualifikationen, um den Posten zu besetzen und dürften „aller Vermutung nach auch das Vertrauen aller wichtigen Interessengruppen genießen“, heißt es in dem Schreiben. „Wir würden uns freuen, sie dem Nominierungsausschuss und dem gesamten Aufsichtsrat schnellstmöglich vorstellen zu können.“ Finanzinvestor Cerberus, der mehr als fünf Prozent an der Commerzbank hält und damit zweitgrößter Anteilseigner nach dem Bund ist, will zwei Sitze im Aufsichtsrat besetzen.
Vetter (67) hat viel Restrukturierungserfahrung als früherer Chef der LBBW, die im Zuge der der Finanzkrise ab 2007 in Schieflage geraten war. Zudem sanierte er die ehemalige Bankgesellschaft Berlin, die sich mit Immobilienengagements verhoben hatte. Allerdings fehle es ihm an Führungserfahrung in börsennotierten Unternehmen, monieren Kritiker.
Die Commerzbank steckt nach dem erklärten Doppelrücktritt von Schmittmann und Vorstandschef Martin Zielke in einer Führungskrise. Zielke will seinen Posten nach Berufung eines Nachfolgers für die Vorstandsspitze spätestens zum Jahresende niederlegen. Er hatte nach Kritik von Investoren eingeräumt, dass die im Herbst beschlossenen Maßnahmen nicht durchschlagend genug waren, um die Commerzbank profitabler zu machen.
Cerberus hatte der Führung der im September 2018 in den MDax abgestiegenen Commerzbank vorgeworfen, „über Jahre eklatant versagt“ zu haben. Wenn das Geldhaus an diesem Mittwoch Zahlen für das zweite Quartal vorlegt, dürfte unterm Strich allenfalls ein kleiner Gewinn stehen, schätzen Analysten.
Der Doppelrücktritt traf die Commerzbank mitten in der Debatte über den künftigen Kurs und eine neue Strategie. Auf dem Tisch liegen dem Vernehmen nach Pläne, Stellenabbau und Filialschließungen deutlich zu verschärfen. Demnach könnte die Zahl der zuletzt knapp 40 000 Vollzeitstellen um bis zu ein Viertel gekappt und das Filialnetz erheblich verkleinert werden.
© dpa-infocom, dpa:200803-99-18568/4
dpa
Zu den Kommentaren