Schrobenhausen (SZ) Seit Jahren leistet die Maria-Ward-Realschule Schrobenhausen medienpädagogische Pionierarbeit. Sechs Schülerinnen waren nun auf dem Gesamtkongress des evangelischen Schulwesens in Nürnberg, um miteinander zu diskutieren, wie Medienbildung auch im christlichen Sinne gestaltet werden kann.
"Wir freuen uns sehr, dass es zu einer interkonfessionellen Zusammenarbeit kommt", eröffnete Oberkirchenrat Detlev Bierbaum von der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayern in Form einer Andacht die 24. Gesamtkonferenz des evangelischen Schulwesens in Bayern, die unter Vorsitz des Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm stand. Knapp über 120 Schulleiter aller etwa 160 evangelischen Schulen in Bayern nebst Vertretern entsprechender Schulträger waren nach Nürnberg gereist, um sich dort über die aktuellen Trends im Bereich der Schulentwicklung auszutauschen. Und mittendrin: Sechs Maria-Ward-Schülerinnen - die einzigen Katholischen -, die als speziell geladene Gäste dabei waren, um über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse mit digitalen Medien im Unterricht und beim Lernen zu berichten.
Schüler einer katholischen Schule auf einer rein evangelischen Zusammenkunft - das war schon etwas Besonderes. Aber die Maria-Ward-Realschule Schrobenhausen hatte sich gerade im Bereich der christlichen Medienbildung auch unter evangelischen Schulen einen Namen gemacht und war im vergangenen November sogar auf dem Medienforum der Evangelischen Akademie in Tutzing zu Gast gewesen. Das Konzept der Maria-Ward-Mädchen dabei: strukturale Medienbildung und experimentelle Praxis. "Strukturale Medienbildung nach Jörissen/Marotzki meint im Nukleus, die permanente Präsenz von Medien als Teil der Entkulturations- und Sozialisationsprozesse von Kindern und Jugendlichen zu akzeptieren und Bildungs- und Lernerfolg nicht über, sondern eben durch diese Medialität zu generieren", erläuterte Informatiker und IT-Lehrer Dominik Hausner zu Beginn in einem kurzen Impulsvortrag. Was das konkret heißt: Laptops und Smartphones sind ständige Lernbegleiter im Unterrichtsalltag. Klassentermine wie Schulaufgaben per Trello, Lernvideos von Schülerinnen für Schülerinnen, digitale Lernspiele, von der Klasse selbst erstellt, schulweites Wlan - alles Alltag an der Maria-Ward-Realschule Schrobenhausen.
Die digitalen Medien, das wurde nicht nur bei diesem Kongress deutlich, verändern sich so schnell, dass Lehrer wie Schüler vor ständig neue Herausforderungen gestellt werden. Fast wöchentlich werden neue Apps populär oder gibt es neue Trends in den sozialen Medien. Es sei nicht Aufgabe von Lehrkräften, jeder technischen Mode hinterherzulaufen, trotzdem müsse sich, so Hausner, eine zeitgemäße Pädagogik immer auch mit der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler befassen und diese sei: digital. Ausprobieren und experimentieren mit neuen Medien im Unterricht ist daher ein bewusst herbeigeführter Regelfall. "Ich lehne den Begriff der ,digital natives' ab", betonte Hausner, "aber ich bin absolut positiv überzeugt davon, wenn man Medienkompetenzmodelle nach Baacke oder Groeben im Kontext wissenschaftlicher Reflexion zu Grunde legen würde, wäre sicherlich die Mehrheit aller Schülerinnen und Schüler medienkompetenter als ihre Lehrkräfte."
"Digitale Lernspiele wie Learning-Apps, Unterrichts-Quizes mit Kahoot oder Internetplattformen wie Questanja machen Spaß und helfen, das Lernen zu erleichtern", berichtete Veronika Sigl. Die 15-Jährige aus Grimolzhausen nimmt mit ihrer Klasse gerade an einem Projekt zu spielbasiertem Lernen in Zusammenarbeit mit Nando Stöcklin von der Pädagogischen Hochschule Bern teil. "Besonders viel Spaß macht es natürlich, auch in Lernspielen gegen meinen Lehrer anzutreten, wobei ich natürlich immer gewinne", erzählte Veronika lachend. "Gerade, dass alle Arbeitsmaterialien online stehen oder Klassentermine im Internet abrufbar sind, finde ich einfach praktisch", ergänzte Verena Schleger, eine Klassenkameradin.
Die rund 120 Schulleiter saßen wie eine Schulklasse auf ihren Bänken und lauschten in umgekehrten Rollen den Erzählungen der Mädchen aus ihrem Lernalltag. Es gab aber auch kritische Nachfragen, wie etwa zur Sicherheit des Datenschutzes oder dazu, was passiert, wenn Eltern ihren Kindern kein Smartphone finanzieren können. "Alles Situationen, die wir aus langjähriger Erfahrung in der Schul-IT kennen und mit denen wir umgehen können", beruhigte Dominik Hausner. Es gebe strenge Datenschutzbestimmungen und die Schule achte - gerade aus christlicher Ethik - immer auf einen sozialen Ausgleich unter den Mädchen.
Die Zusammenarbeit von Schulvertretern der beiden großen Konfessionen hat dabei auch eine politische Dimension. "Christliche Schulen leisten viel mehr als staatliche", fasste Detlev Bierbaum ein weiteres Ziel der Zusammenarbeit in kurzen Worten zusammen, "aber: Sie kosten den Freistaat wesentlich weniger." So habe sich die Lehrer-Schüler-Relation an staatlichen Gymnasien, Real-, Mittel- und Grundschulen seit 2007 kontinuierlich verbessert, es erfolgte jedoch keine Anpassung des bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes für die christlichen Schulen. Im Hinblick auf die Landtagswahl 2018 fordert daher eine Allianz von Schulen in privater Trägerschaft, die Finanzhilfen des Freistaats um 15 Prozent anzuheben.
Dabei böten christliche Schulen viel mehr. Eine wirkliche Konkurrenzsituation sei es ohnehin nicht, ergänzten sich Bierbaum und Hausner lachend: "Wir wissen, dass wir besser sind." Die Situation, dass Kinder und Jugendliche immer mehr ihre Smartphones oder das Internet nutzen, betreffe alle. Aber katholische Schulen stellten sich ganz besonders dieser Entwicklung und lieferten eine christliche Werteerziehung - auch im digitalen Raum.
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