Ilmmünster
"Burkafrau" und "Salafistenbärte"

Ilmmünster in Furcht vor Dschihadisten? Bürgermeister und Polizeisprecher winken ab

22.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:47 Uhr

Ilmmünster (PK) Ein Rundfunkbericht des BR, der sich schnell auch im Internet verbreitete, hat am Wochenende hohe Wellen geschlagen: "Dschihadisten verängstigen Ilmmünster", heißt es darin unter anderem. Doch im Dorf selbst ist von Angst nichts zu spüren.

Von "belagerten Straßen" in der 2100-Einwohner-Gemeinde und "dubiosen Gestalten mit Salafistenbärten" ist in der groß angelegten Geschichte die Rede, in der es unter anderem um die sogenannte "Burkafrau" von Ilmmünster und deren Besucher geht. Der Ilmmünsterer Bürgermeister Anton Steinberger (CSU) zeigte sich am Samstag äußerst irritiert über diese Berichterstattung: "Es ist überhaupt nicht der Fall, dass irgendeine Unruhe oder Hektik im Dorf wäre", versichert er. Und Ulrich Pöpsel, der stellvertretende Polizeichef von Pfaffenhofen, winkt ebenfalls ab: Seiner Inspektion lägen keinerlei Hinweise darauf vor, dass es sich bei Besuchern der in Ilmmünster lebenden Tschetschenin, die in der Öffentlichkeit einen Ganzkörperschleier trägt, um Dschihadisten handeln könnte, sagt er.

Die in Ilmmünster wohnende Muslimin hatte im März im Zusammenhang mit einer Gerichtsverhandlung, bei der es darum ging, dass ihre sechs Kinder in die Obhut des Jugendamtes gegeben wurden, Unterstützung von Glaubensbrüdern aus mehreren deutschen Städten bekommen. Sie besuchten sie gleich nach dem Prozess, aber auch noch in den folgenden Wochen immer wieder - und sorgten damit für Irritationen bei manchen Anwohnern. Bei diesen Besuchern soll es sich zumindest laut dem Rundfunkbericht um "Salafisten" handeln, der BR verweist zudem auf den Pressesprecher des Bayerischen Verfassungsschutzes, der bestätigt haben soll, dass manche der Personen, die bei der "Burkafrau" zu Gast waren, "aus dem dschihadistischen Milieu stammen".

Geht also jetzt in Ilmmünster die Angst vor Dschihadisten um? "Nein", sagt Bürgermeister Anton Steinberger. Im März, gleich nach dem Gerichtsurteil wegen der Kinder, hätten sich schon einige Nachbarn der "Burkafrau" bei ihm erkundigt, was denn da los sei, weil ja die Polizei vor Ort war und auch immer wieder Fremde in Autos mit auswärtigen Kennzeichen vor dem Haus vorfuhren, in dem die Tschetschenin wohnt. Er habe deshalb bei der Polizei nachgefragt, ob irgendeine Gefahr für die Bevölkerung vorhanden sei "und die sagten, sie haben alles im Griff". Mittlerweile habe sich die Lage längst beruhigt, "hier herrscht ganz normales Leben und mir gegenüber hat noch keiner gesagt, dass er in Angst und Schrecken leben würde", so Steinberger.

Keine Spur von Bedenken oder Vorurteilen und von Angst schon gar nicht: Ein PK-Reporter hörte sich gestern in der Straße um, in der die "Burkafrau" in Ilmmünster wohnt und in der laut einem Rundfunkbericht die Angst vor Dschihadisten umgehen soll.

Eine voll verschleierte Burkaträgerin, dazu fremde Männer mit langen Bärten - er verstehe durchaus, dass das in einem Dorf wie Ilmmünster bei den Anwohnern vielleicht gewisse Ängste auslösen könne, sagte Ulrich Pöpsel, der stellvertretende Leiter der Pfaffenhofener Polizeiinspektion. Dementsprechend seien bei seiner Dienststelle auch immer wieder mal Anrufe von Nachbarn eingegangen, die über vermeintlich verdächtige Personen in Autos mit auswärtigen Kennzeichen berichteten. Aber: "Wir haben immer wieder nach dem Rechten geschaut, es lagen nie irgendwelche Straftaten vor, und es hat niemand die Straßen belagert oder Anwohner behelligt." Und letztlich dürfe nun einmal Jeder seinen Glauben so ausleben, wie er wolle - so lange das nicht mit strafbaren Handlungen verbunden sei, habe die Polizei einfach keinen Anlass, einzuschreiten, stellt Pöpsel klar.

Momentan sei es in diesem Umfeld wirklich ruhig, ergänzt Bürgermeister Steinberger, "da werden bei uns ganz andere Sachen, wie zum Beispiel die Windräder, viel heißer diskutiert". So wie die Affäre um die "Burkafrau" jetzt über manche Medien publiziert werde, müsse er sich schon fragen: "Spinnen die a bisserl"

Und auch in der Straße, in der die Tschetschenin wohnt, stieß ein PK-Reporter bei einem Rundgang am Sonntagmittag auf keine Spur von Bedenken oder Vorurteilen in Sachen "Burkafrau" - und Angst hatte schon gar keiner der befragten Anwohner (siehe getrennter Bericht).