Ingolstadt
Bitte nicht zu billig

Kundgebung vor künftiger Primark-Filiale für fairen Handel und gerechte Löhne Aktivistin zu Gast

24.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:35 Uhr

Faire Löhne für alle fordern die rund 50 Demonstranten, die sich am Freitag in der Innenstadt vor der geplanten Primark-Filiale versammelt haben. Sie setzen sich für einen fairen Konsum ein und demonstrieren gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur in der Textilindustrie. Mit dabei auch Yeasmin Kohinoor von der Frauenrechtsorganisation Tarango, die sich in Bangladesch für Fair Trade einsetzt. - Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Es formiert sich Protest gegen die geplante Eröffnung einer Primark-Filiale in der Ludwigstraße. Am Freitag war eine Aktivistin aus Bangladesch im Apian-Gymnasium zu Gast. Nachmittags fand eine kleine Kundgebung für gerechte Löhne weltweit statt.

"Verstecktes Leid im Billigkleid", "Zum Totlachen: Billiganbieter beleben die Fußgängerzone - in Bangladesch sterben die Arbeiterinnen", "Damit alle was zu lachen haben: Ende der Ausbeutung in den Textilfabriken" - so steht es auf den leuchtenden Transparenten der rund 50 Aktivisten in der Fußgängerzone, die am Freitagnachmittag für einen "fairen Konsum" und "gegen Ausbeutung von Mensch und Natur in der Textilindustrie" demonstrierten. Dabei war es kein Zufall, dass sich die Menge vor der Primark-Baustelle in den ehemaligen City-Arcaden versammelte - hat der Billigtextilhersteller bereits des Öfteren in der Vergangenheit für negative Schlagzeilen gesorgt wegen schlechter Produktionsbedingungen. Im Herbst 2017 soll die erste bayerische Filiale in der Ingolstädter Innenstadt eröffnen. Thomas Kirchmayer von der Transition-Town-Initiative Ingolstadt, die mit anderen Organisationen die Veranstaltung unterstützt hat, betont aber: "Das ist keine Demonstration gegen die Mitarbeiter und Kunden von Primark. Wir wollen stattdessen dazu auffordern zu überlegen, zu welchen Bedingungen meine Kleidungsstücke hergestellt werden."

Auch Eva Bulling-Schröter, Bundestagsabgeordnete der Linken, ist bei der Kundgebung dabei. "Ich bin hierhergekommen, weil ich für faire Kleidung bin. Ich versuche auch selbst, faire Kleidung zu kaufen. Ich finde, dass die Menschen mehr darüber aufgeklärt werden müssen, welche Textilien man kaufen kann, damit auch Arbeiter in anderen Ländern faire Löhne bekommen", sagt sie.

Lena Maly-Wischhof, Geschäftsführerin des Bundes Naturschutz Ingolstadt, nimmt ebenfalls teil. Sie möchte auf den Ressourcenverbrauch hinweisen, der durch Billigtextilhersteller wie Primark unterstützt wird.

Ehrengast der Kundgebung war Yeasmin Kohinoor, Gründerin und Leiterin der Frauenrechtsorganisation Tarango in Bangladesch. Tarango wurde 1989 ins Leben gerufen, um die Stellung der Frauen in der bengalischen Gesellschaft zu stärken. Die Idee, Frauen durch Heimarbeit die Möglichkeit zu bieten, mit dem erzielten Einkommen einen Beitrag zum Familienunterhalt zu leisten, bringt 18 000 bengalischen Frauen jährlich zusätzliche Arbeit, Anerkennung und Selbstständigkeit, was in einem asiatischen Land keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist (siehe Interview unten).

Wenige Stunden zuvor hatte Kohinoor zusammen mit U Thein Maung, Leiter und Gründer von Tarango, vor rund 80 Zehntklässlern des Apian-Gymnasiums über die Arbeit der Frauenrechtsorganisation gesprochen. Bei den Schülern haben die Ausführungen der Aktivistin einen bleibenden Eindruck hinterlassen: "Der Vortrag hat mich zum Nachdenken gebracht wegen meiner Kleidung", sagt der Zehntklässler Maximilian Sendtner. Der Apianer lege Wert auf qualitativ hochwertige Kleidung, "auch wenn ich mir dafür Geld zusammensparen muss". Ihm ist durch den Vortrag aber klargeworden: Teuer ist nicht gleich fair. Dazu Yeasmin Kohinoor: "Ein hoher Preis von Markenkleidung bedeutet nicht automatisch, dass die Textilien zu fairen Bedingungen hergestellt wurden." Kleidung mit dem Siegel "Fair Trade" trägt der Schüler bisher nicht, auch nicht die anderen Gymnasiasten, die der DK nach der Rede zu ihrem Konsumverhalten befragte.

Das liegt nach Ansicht von Christina Grauschopf am schlechten Image der Fair-Trade-Textilien: "Wenn Fair-Trade-Läden auch modische Klamotten hätten, dann würde ich auch dort einkaufen gehen und wäre dazu bereit, mehr Geld auszugeben." Maximilian Sendtner hat auch schon eine Idee, wie man die Fair-Trade-Produkte unter die Leute bringen könnte: "Wie auch bei den großen Marken bräuchte man Prominente, die für Fair-Trade-Kleidung werben."

Ein T-Shirt für 2,50 Euro, eine Jacke für 18 Euro: Primark macht's möglich. Die Schüler haben sich vorgenommen, nicht dort einzukaufen, "weil die Klamotten billig sind und schnell kaputt gehen", sagt der Zehntklässler Nick Wallis. Dass sich das Konsumverhalten der Deutschen über kurz oder lang ändert, bezweifelt Christina Grauschopf: "Ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Gesellschaft bereit wäre, für Fair-Trade-Kleidung mehr Geld auszugeben."