Wettstetten
Bienen, digitale Messtechnik und Blütenmeer

Wettstettener Kindergärten und Zweitklässler besuchen Weide von Landwirt Thomas Schlamp - und erfahren viel Neues

26.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:44 Uhr |
Faszination Bienenweide: Die Kinder des Wettstettener Kindergartens Regenbogenland erkunden die verschiedenen Blüten und gehen mit Bio-Landwirt Thomas Schlamp auf Insektensuche. − Foto: Gülich

Wettstetten (DK) Dass es ein bisschen nieselt, macht den Buben und Mädchen des Wettstettener Kindergartens Sankt Martin gar nichts aus.

In ihren Regenjacken, Mützen und Gummistiefeln kommen sie den Feldweg vom Feuergalgen hochgestapft, um die Wettstettener Bienenweide zu besuchen, für die sie im Frühling eine Patenschaft übernommen haben. Oben bleiben sie überrascht stehen. Wo gerade alles noch neblig-grau war, breitet sich ein kunterbuntes Blütenmeer vor ihnen aus.

"Guckt mal, so viele verschiedene Blumen! ", ruft die sechsjährige Elsa fröhlich und deutet auf den leuchtenden Blütenteppich. Bio-Landwirt Thomas Schlamp, der die Bienenweide angesät hat und betreut, lädt die Kinder ein, mit ihm zwischen den Blüten auf Entdeckungsreise zu gehen. Für die kleine Franziska wird das zum Schluss der Höhepunkt des Morgens sein. "Dass wir richtig in die Wiese laufen durften, mitten rein in all die schönen Blumen, das war das allerschönste", erzählt sie später.

Anfang des Jahres hatte Schlamp die Idee, in Wettstetten eine Bienenweide anzulegen. Schon seit Jahren leistet er sich drei Meter breite Blühstreifen um seine Ackerflächen. Als er gesehen hat, wie viele Insekten sich darin befinden, wollte er das unbedingt intensivieren. "Die Bienen sind für einen Großteil der Bestäubung von Blühpflanzen verantwortlich. Das ist ein superwichtiger Beitrag für das ökologische Gleichgewicht", sagt der 34-Jährige. So hat er eine Fläche aus der Bewirtschaftung genommen und mit seinen beiden Freunden Rainer Lechermann und Josef Schmidt eine Möglichkeit geschaffen, Bienen, Hummeln, Schmetterlingen und weiteren Insekten einen optimalen Lebensraum zu bieten.

Auch die Wettstettener Bevölkerung wurde mit ins Boot geholt: "Wir haben 100 Patenschaften über je 50 Quadratmeter Bienenweide vergeben - und zwar zu je 35 Euro. Auf dem Acker haben wir dann eine besondere Samenmischung aus über 40 Blumen und Kräutern ausgebracht und natürlich gänzlich auf Dünger und Pflanzenschutzmittel verzichtet", so Schlamp.

Die Arbeitsteilung könnte besser kaum sein: Schlamp ist Landwirt und versorgt das Feld, Lechermann ist als Imker für die Bienen zuständig, und Schmidt überwacht mit seiner in Wettstetten ansässigen Messtechnik-Firma in einem Pilotprojekt mit einem Prototypen die Gewichtszunahme sowie den Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsverlauf im Bienenstock. "Die Daten wurden den ganzen Sommer über einmal pro Tag an eine zentrale Datenbank übertragen, dort gespeichert und für grafische Auswertungen bereitgestellt. Die Paten der Bienenweide konnten während der Honig-Saison die Ergebnisse über unsere Homepage in Echtzeit abrufen", erläutert Schmidt.

Dabei habe man zum Beispiel festgestellt, dass im Inneren des Bienenstocks ein von der Außentemperatur unabhängiges, gleichbleibendes Klima herrsche. "Es gab, egal wie heiß oder kalt es draußen war, nur Temperaturschwankungen von ein bis zwei Grad. Sehr faszinierend, wie die Bienen das schaffen", erzählt er begeistert. Schlamp berichtet: "Die Paten bekommen ein Zertifikat und ein Kilo Honig. Sie können die Bienenweide jederzeit besuchen und erkunden. Mit die letzten Besucher zum Saisonende sind nun die Wettstettener Kindergärten Regenbogenland und Sankt Martin sowie die zweiten Klassen der örtlichen Grundschule, die jeweils auch eine Patenschaft übernommen haben. Für die Kinder haben sich die Bienenweiden-Initiatoren ein informatives und anschauliches Programm überlegt, bei dem sie von Peter Riegg vom Landschaftspflegeverband Eichstätt und Brigitta Hohnheiser (Rangerin im Naturpark Altmühltal) unterstützt werden.

Zuerst wird die Blühwiese in Augenschein genommen. Schlamp und Schmidt suchen mit den Buben und Mädchen Wanzen und Feuerkäfer im Feld und zeigen den Kindern, wie man die Aufenthaltsorte der Wildbienen im Boden herausfinden kann.

Auf einem am Rand der Blühwiese markierten Stück Land erklärt Schlamp den Kindern, wie groß ein Quadratmeter ist und wie wenig Samen er nur säen muss, um so eine wunderschöne Blütenwiese zu bekommen. Im kleinen Stadel nebenan ist alles aufgebaut, was Lechermann für seine Arbeit benötigt: Imkerjacke und Imkerhut, den die Kinder unter großem Gelächter anprobieren, weiter ein Bienenstock und eine Honigschleuder zum Beispiel.

Und wie kommt überhaupt der Honig aus der Wabe ins Glas? Ganz still ist es, als der Imker das Wachs von einigen Waben abhebt und die Kinder mit kleinen Stäbchen den Honig direkt aus der Wabe kosten dürfen. "Das schmeckt sooo gut", sind sich Greta und Marie einig und tunken schnell auch mal einen Finger hinein. Nebenher erfahren sie ganz viel Wissenswertes über die fleißigen Bienen: Dass sie nur stechen, wenn sie Angst haben, und dabei selbst sterben; oder dass die Königin doppelt so groß ist wie die Arbeiterinnen und am Tag bis zu 2000 Eier legen kann.

Auf seine Frage, wie alt die Königin werden kann, kommen spontane Antworten: "Ich denke so 22 Jahre", schätzt ein Bub. Fünf Jahre sind es - im Vergleich zu den Arbeiterinnen, die im Sommer rund sechs Wochen leben, durchaus ein hohes Alter.

Zum Schluss darf jedes Kind bei den Honigbroten zugreifen,

Anne Gülich

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