Berlin/Kiew
Baerbock zu Besuch in Kiew - Heikles Thema Waffenlieferungen

07.02.2022 | Stand 15.02.2022, 3:34 Uhr
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskij und Außenministerin Annalena Baerbock in Kiew. −Foto: Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

Während Kanzler Scholz zum Antrittsbesuch in den USA ist, reist Außenministerin Baerbock zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen in die Ukraine. Es dürfte erneut um Waffenlieferungen gehen.

Außenministerin Annalena Baerbock reist an diesem Montag zu einem zweitägigen Besuch in die Ukraine.

Parallel zum Antrittsbesuch von Kanzler Olaf Scholz (SPD) in den USA stehen in der Hauptstadt Kiew Treffen mit Staatschef Wolodymyr Selenskyj und Außenminister Dmytro Kuleba auf dem Programm. Mit Spannung wird erwartet, wie sich die Grünen-Politikerin zu den ukrainischen Bitten um Waffen äußert. Die Bundesregierung lehnt Lieferungen in Krisengebiete bisher strikt ab. International gibt es Sorgen vor einem Einmarsch russischer Truppen in die ehemalige Sowjetrepublik.

Kurz vor Baerbocks Reise übermittelte die Ukraine dem Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium angesichts des Dauerkonflikts mit Russland eine Liste mit Waffenwünschen. Sie bittet um Flugabwehr-Raketensysteme mittlerer Reichweite, tragbare Flugabwehr-Raketensysteme, Anti-Drohnen-Gewehre, Mikrowellen-Zerstörungssysteme, elektronische Ortungssysteme, Nachtsichtgeräte, Überwachungskameras und Munition. Es handele sich dabei um „Waffensysteme defensiver Natur“, so die ukrainische Botschaft in Berlin.

Aus deutschen Regierungskreisen hieß es, die Anfrage werde derzeit geprüft. Sie sei nach Erkenntnissen der Regierung an mehrere westliche Partner der Ukraine gerichtet worden.

Scholz lehnt Waffenlieferungen weiter ab

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte kurz vor seinem Abflug zum Antrittsbesuch bei US-Präsident Joe Biden erneut klar gemacht, dass die Bundesregierung an ihrer Linie festhält, keine Waffen in Krisengebiete wie die Ukraine zu liefern. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, bekräftigte hingegen die Forderungen Kiews. „Wir brauchen modernste Waffen. Deutschland kann das liefern. Deutschland ist fähig, das zu tun. Und das zu verweigern heute, das bedeutet für uns, die Ukraine im Stich zu lassen“, sagte der Diplomat am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“. „Wir müssen erkennen, dass wir vor der Gefahr eines riesigen Krieges mitten in Europa stehen“, warnte Melnyk.

In Kiew will Baerbock auch eine Gedenkstätte besuchen, die an die Opfer einer großen Hungersnot 1932/33 erinnert. Damals starben mehrere Millionen Menschen. Am Abend ist der Besuch eines Militärkrankenhauses in Kiew geplant, das von Deutschland mitfinanziert wird. Anschließend will Baerbock in den Osten des Landes Ukraine reisen, wo sie am Dienstag die Frontlinie zwischen ukrainischen Regierungstruppen und den von Russland unterstützten Separatisten im Konfliktgebiet Donbass besichtigen will. Die Ministerin war bereits im Januar in der Ukraine.

Ein Friedensplan, der 2015 mit Beteiligung Deutschlands und Frankreichs in der belarussischen Hauptstadt Minsk vereinbart wurde, liegt auf Eis. Die Ukraine und Russland werfen sich gegenseitig vor, dagegen zu verstoßen. Seit 2014 wurden im Donbass nach UN-Schätzungen mehr als 14.000 Menschen bei Kämpfen getötet.

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dpa