Auto der Zukunft "muss emissionsfrei fahren"

29.07.2009 | Stand 03.12.2020, 4:46 Uhr

Reinhard Bütikofer fordert rasch neue Automobilantriebe. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) "Es ist nicht damit getan, dass man den Verbrennungsmotor optimiert, man muss auf ganz neue Antriebe setzen. Ich gehe davon aus, dass das Auto der Zukunft emissionsfrei fahren muss."

Reinhard Bütikofer, Europa-Parlamentarier der Grünen, forderte bei einem Redaktionsbesuch beim DONAUKURIER eine möglichst rasche Neuorientierung der Automobilbranche, die auch für den Erhalt der Arbeitsplätze in der Branche unumgänglich sei. Denn heute sei zwar "wahrscheinlich keiner von den großen Automobilherstellern so richtig grün, aber es hat in Zukunft keiner eine Chance, erfolgreich zu sein, wenn er nicht grün wird", so Bütikofers Überzeugung.

Der 56-Jährige hat zwei grundlegende Tendenzen am Automobilmarkt ausgemacht, die aber seiner Meinung nach "von der einen Firma mehr, von der anderen weniger verschlafen worden sind": Zum einen die Tendenz zu kleineren Fahrzeugen und zum anderen die Entwicklung hin zu energieeffizienteren Autos. Nach Einschätzung des früheren Bundesvorsitzenden der Grünen ist "viel zu lange so gehandelt worden, als ob man sich Zeit lassen könnte".

Bei der CO2-Senkung beispielsweise habe sich die Branche nicht besonders angestrengt, sondern "viel versprochen und wenig gehalten". Inzwischen sei die Verlangsamung des Innovationstempos für die Automobilfirmen aber auch wirtschaftlich gefährlich.

Die besseren Chancen im Wettbewerb werde nämlich derjenige haben, der sich frühzeitig auf die neuen Marktgegebenheiten einstellt. Natürlich müsse aber der Staat dies unterstützen, indem er klare Vorgaben macht. Hier sah Bütikofer auch ein Versäumnis der Politik, denn es wäre längst Zeit gewesen, die Kfz-Steuer auf eine CO2-Basis umzustellen. Auch die Abwrackprämie, die der Grünen-Politiker für "zweifelhaft" hält, "weil sie nur die Nachfragelücke verschiebt" – hätte wie in anderen Ländern mit einem bestimmten Emissionsgrenzwert verbunden werden müssen. Zugleich übte er Kritik an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, weil er die von der Bundesregierung diskutierten Kaufanreize für Elektroautos ausgebremst habe.

Die 5000 Euro für das Elektroauto, über die gesprochen worden sei, gebe es jetzt nicht, weil es angeblich zu teuer sei, beklagte der Grünen-Politiker. Aber die "Abwrackprämie ohne ökologische Qualifikation" habe es gegeben – mit Kosten von insgesamt sechs Mrd. . Hätte man diese sechs Mrd. Euro genommen und in energetische Altbausanierung gesteckt, wären dies 100 000 neue Arbeitsplätze gewesen, rechnete Bütikofer vor. Hier hätten mit grüner innovativer Wirtschaftspolitik eine ganze Menge Jobs geschaffen werden können.

Die Autobranche und der Maschinenbau würden in Deutschland nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bis 2020 von der Umwelttechnik als Leitbranche überholt werden. Schon heute gebe es 1,8 Millionen Jobs in diesem Bereich. Die Automobilbranche müsse dagegen darum kämpfen, dass sie ihren bisherigen Beitrag zur wirtschaftlichen Wertschöpfung auch weiterhin erbringen könne.

Denn erst 2014 – "wenn alles gut geht" – würden die Automobilmärkte wieder das Niveau von 2007 erreichen. Zudem sah Bütikofer ein weiteres Problem für die Branche: Die jährliche weltweite Produktionskapazität von fast 100 Millionen Fahrzeugen liege weit über den Absatzmöglichkeiten von 60 bis 65 Millionen Fahrzeugen. "Man darf sich nicht täuschen, wie gefährlich das für jeden ist, der da nicht technologisch vorne dran ist", folgerte Bütikofer.

Er wolle aber nicht mit Negativszenarien die Leute mobilisieren, so Bütikofer, sondern propagiere "eine Neuorientierung, für die es nicht einmal nötig ist, durch die grüne Brille zu blicken". Allein die nüchterne Analyse zum Beispiel der Arbeitsplatzchancen sollte Grund genug dafür sein.