München
Aus am Riedberger Horn

Naturerlebniszentrum statt Skischaukel: Markus Söder setzt Schlussstrich unter umstrittenes Projekt

06.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:51 Uhr
Wintersportler fahren am Riedberger Horn mit einem Schlepplift nach oben. Eine Skischaukel soll es dort zunächst nicht geben - zumindest nicht für die nächsten zehn Jahre. −Foto: Hildenbrand/dpa

München (DK) Die Skischaukel am Riedberger Horn wird nicht gebaut. Stattdessen beglückt die Staatsregierung die Region mit einem Investitionsprojekt für ökologischen alpinen Tourismus. Die Umweltschutzverbände begrüßen die Entscheidung, wollen aber trotzdem klagen. Die SPD wirft dem neuen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) indirekt Spezlwirtschaft vor.

Das Quintett im Presseraum der Staatskanzlei versuchte auf unterschiedliche Art, die Anspannung zu verbergen und auf gute Laune zu machen. Ministerpräsident Söder gab den weisen Landesvater, der rechtzeitig eine unnötige Eskalation verhindert hatte. "Frieden und Ruhe" sollten nun am Riedberger Horn einziehen, hoffte der Regierungschef. Es ginge nicht länger, dass die Region "mit politischer Diskussion überfrachtet" werde. Die drei Kommunalpolitiker - die Bürgermeister Konrad Kienle aus Balderschwang, Peter Stehle aus Obermaiselstein sowie der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz (alle CSU) - bemühten sich, nicht wie gekaufte Umfaller zu wirken. Immer wieder betonten sie, man müsse nun "endlich nach vorn schauen" und "das Gerede von den Wendehälsen" sein lassen.

Was die Staatsregierung statt der Skischaukel plant, klingt ambitioniert. 15 Millionen Euro für den Bau und weitere 500000 Euro pro Jahr für den laufenden Betrieb wolle man investieren in ein Zentrum Naturerlebnis alpin. Ein "Leuchtturmprojekt" und ein "Impulsgeber für einen natur- und klimaverträglichen Tourismus" solle es werden. 20 Stellen würden geschaffen. Im Einzelnen soll das Zentrum ein Naturerlebniszentrum enthalten, wo Ranger Naturführungen mit dem Schwerpunkt "biologische Vielfalt des Alpenraums" anbieten, ergänzt durch ein Informationszentrum mit diversen Ausstellungen, Aus- und Weiterbildungsangeboten. Geplant sind Kooperationen mit der FH Kempten, örtlichen Schulen sowie Kommunen im nahen Österreich. Des Weiteren soll der Bundesstützpunkt Ski- und Bordercross in Grasgehren gefördert werden, Betreiber von Seilbahnen und Skiliften sollen Angebote für Modernisierungen erhalten, Wlan und schnelles Internet gibt's für die "Modelldörfer" Balderschwang und Obermeiselstein.

Umstritten war die Skischaukel nicht nur aus ökologischen Gründen, auch die Sinnhaftigkeit wurde angesichts immer milderer Winter angezweifelt. Außerhalb des Oberallgäus waren die Menschen in Bayern mehrheitlich dagegen. Obendrein wurden in der Bauregion zuletzt auch Erdrutsche registriert, die langfristig ein technisches Risiko dargestellt hätten. Die Pferdefüße erwähnte Markus Söder nur beiläufig. So gilt das Aus für die Skischaukel nicht für alle Zeiten, sondern nur für die nächsten zehn Jahre. Warum? "Weil das meine Amtszeit ist", antwortete Söder. Und natürlich, fügte er hinzu, geschehe das alles nicht in erster Linie für die beiden Orte, sondern für das gesamte Allgäu, das in den vergangenen Jahren fördertechnisch ein wenig vernachlässigt worden sei. Und ob die Entscheidung nun positiv oder negativ wirke für den geplanten dritten bayerischen Nationalpark, das mochte er auch nicht verraten.

Florian von Brunn, den umweltpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, macht das wütend: "Es ist nicht nachvollziehbar, warum Investoren und Spezln von CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer jetzt auch noch eine Entschädigung dafür bekommen sollen, dass sie auf ein rechtswidriges Projekt verzichten, das vor Gericht ohnehin gescheitert wäre." Wenn es dem Ministerpräsidenten ernst wäre mit sanftem Tourismus im Alpenraum, dann müsse er auch die steuerliche Subvention der Schneekanonen stoppen.

Der Bund Naturschutz (BN) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV) wollen derweil an ihrer geplanten Normenkontrollklage festhalten. Denn nicht die Skischaukel an sich sei das Problem, erläuterte BN-Landesbeauftragter Richard Mergner, sondern der "widerrechtliche Eingriff in den Alpenplan", also die Abstufung der Ruhezone am Riedberger Horn aus der strengsten Schutzzone C. Und das wolle Söder ja nach eigenen Worten auch so beibehalten. "Das Damoklesschwert schwebt also weiter über dem Riedberger Horn", bangte Mergner. Obendrein könne man schon aus verfahrenstechnischen Gründen die Fristen für eine Einreichung der Klage nicht einfach so verstreichen lassen, betonte Mergner.

Bei den bayerischen Grünen überwog trotz allem die Freude über das erreichte Ziel. "Dank der Menschen in Bayern, die für unsere Naturschönheiten einstehen und kämpfen, ist dieses naturzerstörende CSU-Skilift-Projekt gestoppt", lobte Ludwig Hartmann, ihr Fraktionsvorsitzender im Landtag. Gemeinsam werde man nun "dafür streiten, dass es nie verwirklicht wird".

Andre Paul