Geisenfeld
Auf gutem Weg zum Pappel-Kompromiss

Bäume an der Geisenfelder Ilm dürfen vorerst und größtenteils stehenbleiben

07.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:53 Uhr
Rund 20 Anwohner trafen sich mit Vertretern der Stadt und des Wasserwirtschaftsamt an der Geisenfelder Ilm, um einen Pappel-Kompromiss auszuhandeln. −Foto: Zurek

Geisenfeld (GZ) Im Kampf um den Erhalt der Pappeln am Geisenfelder Ilmufer im Bereich der Storchenwiese haben die Baumfreunde einen Teilerfolg errungen: Zunächst werden nur drei der von den Behörden als verkehrsgefährdend eingestuften Exemplare gefällt.

Rund 20 Anwohner der Gisostraße trafen sich in dieser Woche mit Unterstützern aus dem Landkreis - darunter Christine Janicher-Buska vom Bund Naturschutz- zum Ortstermin am Steg an der Storchenwiese. Dass die Pappeln "so ein Aufsehen erregen" überraschte Bürgermeister Christian Staudter, der neben Umweltreferent Reinhard Bachmaier (beide von den Unabhängigen Sozialen Bürgern) auch Vertreter der Verwaltung und des Wasserwirtschaftsamtes begrüßte. Als passionierte Baumschützerin war Annette Hartmann den Anwohnern bereits im Vorfeld zur Seite gesprungen. Diesmal hatte sie Christopher Busch, den Leiter des vom Bayerischen Naturschutzfonds geförderten BN-Projekts "Neue Chancen für alte Bäume", mitgebracht.

Staudter betonte, der Termin diene der "Suche nach einer vernünftigen Lösung". Für ihn sei jeder Baum wertvoll. Er sei aber auch der Sicherheit der Bürger verpflichtet und müsse die Frage der Haftung im Auge behalten.

Mit ihrem Protest hatten die Anwohner zuvor die mit Sicherheitsbedenken begründete, pauschale Fällung von 17 im Besitz des Freistaats befindlichen Pappeln verhindert und die Erstellung eines Baumgutachtens erwirkt. Doch dieses sorgte nun seinerseits für neuerlichen Unmut. Sachgebietsleiter Martin Burkhart vom zuständigen Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt (WWA) fasste dessen Ergebnis in aller Kürze zusammen: Die etwa 60 bis 80 Jahre alten Hybridpappeln weisen demnach Schadenssymptome wie Totholz auf und könnten zur Gefahr für Dritte werden. Deshalb sollen vier schräg stehende und stark unterspülte Bäume "zügig", die 13 übrigen bis zum Jahr 2022 sukzessive entfernt und durch die Ersatzpflanzung von heimischen Silberweiden und Vogelschutzgehölzen ersetzt werden.

Die Anwohner bezeichneten Gutachter Alan Whittaker, der selbst nicht anwesendend sein konnte, als voreingenommen. Er bezeichne die Bäume, bei denen es sich um eine Mischung aus europäischer und kanadischer Schwarzpappel handelt, als "Bastarde", schätze deren ökologische Bedeutung "zu gering ein" und stütze sein Urteil auf ein reines Sichtgutachten, so die Anwohner in ihrer Begründung.

Die Bewertung nach dem VTA-Verfahren (Visual Tree Assessment) sei allgemein anerkannt, verteidigte Burkhart hingegen den diplomierten Baum-experten und Fachagrarwirt als "unabhängigen und sehr erfahrenen Sachverständigen". Er räumte aber ein, dass Hybridpappeln, wie von Hartmann postuliert, ökologisch betrachtet "durchaus ihren Wert" hätten. Man dürfe dabei aber auch die geplanten Ersatzpflanzungen nicht unterschätzen.

Die zur Fällung herangezogenen Argumente eines vom Umfang her aus seiner Sicht "eher dürftigen" Gutachtens relativierte indes Busch. Die Stand- und Bruchsicherheit von Bäumen könne "nicht an einer Altersgrenze oder pauschaliert für eine Baumart festgemacht werden", entgegnete er. Weder die Schräglage eines Baumes noch Kernfäule seien per se ein Indiz für dessen mangelnde Standfestigkeit, so der Fachagrarwirt.

"Und wer trägt die Verantwortung, wenn doch was passiert?" Mit diesem Satz brachte Flussmeister Pascal Dittert die Haftungsfrage im Schadensfall ins Spiel. Hier verwies Busch auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2014, wonach der Abwurf von gesunden Ästen zu den "hinzunehmenden Lebensrisiken" zähle, für die keine Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Das Urteil beziehe sich aber auf Fälle, bei denen es für den Astbruch vorher keine besonderen Anzeichen gab, lautete eimn Einwand. Genau diese lägen aber laut Gutachten vor. Dazu der Experte: Bei der Baumkontrolle gehe es immer um die Betrachtung des Einzelbaums. Und zwischen "Baum ist nicht verkehrssicher" und "Baum muss gefällt werden" gebe es eine Vielzahl an Pflegemaßnahmen zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit: im vorliegendem Fall die Entfernung des Totholzes aus den Baumkronen. Ein Urteil, das die Anwohner begrüßten.

Burkhart wies ein solches Anliegen für die Gesamtheit der Bäume als "sündhaft teuer" und "unverhältnismäßig" zurück. Als "grüne Lunge" sei die Pappelallee hingegen jeden Schutz wert, lautete hingegen der Tenor der Bürgerrunde.

Am Ende einer lebhaften, aber lösungsorientierten Diskussion kam die Gruppe auf Grundlage der Vorschläge von Hartmann und Bachmaier zu folgendem Konsens: Drei von ursprünglich vier zur zeitnahen Fällung vorgesehenen Hybridpappeln werden bis Ende Februar gefällt. Für die übrigen werden die zuständigen Behörden mit Whittaker ein Konzept zum zeitlich gestreckten und möglichst moderaten Umbau erarbeiten. Sollte ein Baum sich dabei als besonders schutzwürdig herausstellen, werde die Pflege vom Amt übernommen, so Burkhart. Parallel wollen die Baumfreunde nach Wegen suchen, den Erhalt der verbleibenden Pappeln zu sichern - eventuell mit der Einrichtung eines Pflegefonds in Zusammenarbeit mit der Stadt.

Maggie Zurek