Asylbewerber ohne ersehnte Sicherheit

31.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:33 Uhr

Zum Artikel „SPD kritisiert bayerische Asylpolitik“ (DK vom 30. Januar):

Wie viel darf die Menschenwürde kosten? Gelegentlich beschleicht mich der Eindruck, dass die Probleme von hilfesuchenden Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, hauptsächlich von der Kostenseite her beleuchtet werden.

In meiner Praxis erfahre ich hingegen oft von erschütternden Schicksalen, von Krieg, Tod und Gewalt, die diese Menschen erlitten haben. Schlafstörungen, Ängste, Depressionen sind beinahe an der Tagesordnung, häufig lässt sich auch eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizieren.

Hier in Deutschland finden viele dieser Menschen aber nicht die ersehnte Sicherheit. Keine Frage – die Asylverfahren genügen rechtsstaatlichen Prinzipien und werden durchwegs gesetzeskonform abgewickelt. Trotzdem sind die Ungewissheit über den Ausgang des Verfahrens und vor allem die Angst vor der Abschiebung oft ein weiterer erheblicher Belastungsfaktor, der einer möglichen Besserung der psychischen Leiden im Wege steht.

Viele der Asylbewerber sind trotz ihrer erlebten Traumata hoch motiviert, sich hier in die Gesellschaft zu integrieren, können oft in kurzer Zeit schon gut Deutsch und würden auch gerne hier arbeiten. Doch die Möglichkeiten zur Teilhabe sind massiv eingeschränkt. Neben eingeschränkter Freizügigkeit (sich zum Beispiel nur im Landkreis aufhalten zu dürfen) gibt es fast nie eine Arbeitserlaubnis (trotz vorgelegter Stellenzusagen), oder das Taschengeld wird in einigen Fällen (wie von Herrn Duschner geklagt) auf null Euro zusammengestrichen. So können diese Menschen auch hier in Deutschland keine Perspektive entwickeln.

Unbestritten bleibt, dass es am besten wäre, wenn Probleme wie Krieg und Gewalt schon in den Herkunftsländern der Flüchtlinge eingedämmt werden könnten, damit diese dort ein sicheres Leben führen können. Dennoch bin ich der Meinung, dass wir den hier Hilfe suchenden Menschen ein Minimum an Würde und Menschlichkeit zugestehen sollten. Das betrifft jeden Einzelnen von uns im Umgang mit diesen Menschen. Das bedeutet aber auch das Zugeständnis unserer Gesellschaft an ein Minimum an finanzieller und damit gesellschaftlicher Teilhabe. Ich denke, dass hierdurch auch unsere Gesellschaft letztlich profitieren würde – nicht finanziell, aber menschlich.

Frank Lingnau

Neuburg