Andere träumen in seinem Alter von den ersten Fahrstunden und vom eigenen Auto. Währenddessen rast der 16-jährige Thomas Rackl in etwa 200000 Euro teuren Boliden über die Rennstrecken Europas. Künftig startet der Berchinger sogar im Rahmenprogramm der Deutschen Tourenwagen Meisterschaft (DTM) bei der ADAC GT4 Germany (siehe unten).
Beschleunigung, Geschwindigkeit und G-Kräfte sind für Rackl nichts Neues. Er kommt aus dem Kartsport und erlebte im vergangenen Jahr seine bisher erfolgreichste Saison. Zwei Vizemeisterschaften im Schaltkart, der Königsdisziplin in diesem Sport, feierte Rackl: Bei der höchsten deutschen Kartklasse (ADAC Kart Masters) sowie bei der internationalen Meisterschaft des Deutschen Schaltkart Clubs (DSKC) schaffte er jeweils den Sprung auf das Podest.
Nach diesen Erfolgen wagt er den nächsten Schritt. Mit größeren Autos und mit Dach über dem Kopf soll es nun auf die bekannten Rennstrecken Europas gehen. Im Dezember testete Thomi – wie er sich selbst nennt – zum ersten Mal einen GT4-Boliden mit bis zu 550 PS. „Ich hatte sofort ein vertrautes Gefühl. Ich habe ein Gespür entwickeln können, wie sich das Auto verhält oder an welchem Punkt ich bremsen muss“, sagte der damals noch 15-jährige Nachwuchsfahrer über seine emotionale Premierenfahrt im BMW M4 GT4. Mit diesem Renner wird er ab April an der Nachwuchsserie der DTM antreten. Erste Rennerfahrung im Tourenwagensport konnte Rackl im Januar in einem Porsche Cayman in der GT Winter Series auf der ehemaligen Formel 1-Strecke in Portimão (Portugal) sammeln. Er wurde als jüngster Fahrer im Feld auf Anhieb Zweiter. In den Faschingsferien geht es für ein zweites Rennwochenende im Rahmen der Winter Series nach Valencia.
Erstes Rennen war eine „Vollkatastrophe“
Seine Motorsportkarriere begann – wie bei nahezu allen Formel 1-Legenden wie Michael Schumacher, Lewis Hamilton oder Sebastian Vettel – mit einem Ausflug zu einer Kartstrecke. Vater Thomas Rackl, der selbst auf zwei Rädern im Motorsport aktiv war, nahm Sohn Thomi mit nach Wackersdorf (Landkreis Schwandorf). Schon nach wenigen Runden hatte der damals Siebenjährige Blut geleckt und wollte unbedingt ein eigenes Kart. Nur eine Woche später startete er bei seinem ersten Rennen, das er heute als „Vollkatastrophe“ beschreibt. Von den Bambini ging es für den Berchinger schnell über die Junioren zum Schaltkart. Dabei sagt er selbst: „Bei den Junioren habe ich zwar einzelne Rennen gewonnen, aber ich war nie der Überflieger.“
Das sollte sich in der Kart-Königsklasse ändern. Er arbeitete akribisch an sich. Durch Datenanalyse und Fitnesstraining machte er einen Sprung nach vorne. Auch die mentalen Fähigkeiten seien nicht zu vernachlässigen. Die Nervosität vor dem Start – wenn die Motoren aufheulen und alle nur darauf warten, dass die Lichter ausgehen – bekommt er durch Routine immer mehr in den Griff. Es ist die Suche nach Perfektion, die Rackl antreibt. Nicht umsonst nennt er Michael Schumacher und Rallye-Legende Walter Röhrl als seine Vorbilder. Sie waren in seinen Augen „Pioniere der Perfektion“.
Nah dran am Optimum war der 16-Jährige bei seinen beiden Vizemeisterschaften 2023. Die Schaltkarts haben den Schüler des Gymnasium Beilngries schon immer fasziniert. „Von 0 auf 100 in unter drei Sekunden“ beschleunigt das Kart, das in der Spitze bis zu 160 Kilometer pro Stunde fährt. „Es ist ein Ritt auf der Kanonenkugel – ohne Knautschzone“, beschreibt Rackl die Geschwindigkeit und auch die Gefahr, die immer ein Stück weit mitfährt. Natürlich hatte er schon Unfälle, aber ein größerer blieb ihm bisher erspart. Glück hatte er auf seiner Heimbahn in Wackersdorf, als hinter ihm ein Konkurrent mit seinem Kart abhob und Rackl am Helm streifte. In solchen Fällen wünscht sich Mutter Anette häufig, er würde lieber nur Tennis spielen.
Die Passion ihres Sohnes sind allerdings Autos. In seiner Freizeit schraubt er gern an Oldtimern. Er restauriert aktuell in seiner Werkstatt, die er im 60er-Jahre-Look eingerichtet hat, einen Audi Coupe GT, aber auch alte Zweiräder. Neben den Traumberufen Rennfahrer oder Testfahrer kann sich der Zehntklässler vorstellen, Oldtimer auch einmal beruflich zu restaurieren. „Es muss auf jeden Fall etwas mit Autos sein“, sagt Rackl.
Neues Abenteuer in der ADAC GT4-Meisterschaft
In der kommenden Saison bei der Tourenwagenserie ADAC GT4 Germany wird Rackl mit seinen 16 Jahren der jüngste der 72 Fahrer sein. Er startet für das 2023 neu gegründete Team von Markus Eichele (ME-Motorsport) und wird unter anderem auf dem Nürburgring, dem Hockenheimring oder dem Red-Bull-Ring in Österreich fahren. Rackl fiebert allerdings einer anderen Strecke entgegen. Das Rennen auf dem Norisring in Nürnberg (5. bis 7. Juli) ist sein Saisonhighlight. Die Besonderheiten: „Man hat keine Möglichkeit zu trainieren, die erste Kurve auf dem Stadtkurs könnte witzig werden“, sagt Rackl, für den auch die Größe der Veranstaltung mit etwa 100000 Zuschauern an der Strecke und die enge Verbindung zur Heimat eine Rolle spielen.
Konkrete Ziele für seine Premierensaison zu formulieren, fällt dem Rennfahrer allerdings schwer. Natürlich will er vorne mitfahren, aber auch die Suche nach Sponsoren steht auf der Agenda. Rackl genießt in diesem Jahr zwar eine finanzielle Förderung vom Motorsport Team Germany (eine Art Nationalkader), diese deckt aber nur einen Bruchteil der kostenspieligen Saison ab. Vater Thomas rechnet mit insgesamt rund 200000 Euro (ohne mögliche Unfallschäden) für das Abenteuer GT4. Dieses beginnt am 26. bis 28. April, wenn sich der 16-Jährige in Oschersleben (Sachsen-Anhalt) im BMW M4 GT4 erneut auf die Suche nach Perfektion begibt.
Infos zur ADAC GT4 Germany
In der ADAC GT4 Germany teilen sich immer zwei Fahrer eines der 36 Autos, sodass es bei jedem Rennen zur Halbzeit (nach etwa 30 Minuten) zu einem Fahrerwechsel kommt. Die Meisterschaft, die an sechs Wochenenden zwölf Rennen umfasst, ist prädestiniert für junge Nachwuchspiloten und findet im Rahmenprogramm der prestigeträchtigen DTM statt. Sie kann Sprungbrett in höherklassige Serien wie die ADAC GT Masters oder eben die DTM sein.
DK
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