Von Roland Kaufmann
Kraljevo/Schrobenhausen – Rund 1161 Kilometer liegen zwischen Schrobenhausen und Kraljevo. Aber auch dort, im Hauptort des serbischen Bezirks Raška, werden die aktuellen Ereignisse rund um den FC Schrobenhausen genauestens verfolgt. Beziehungsweise es wird deswegen sogar regelrecht mitgelitten – das Ganze von einem Mann, der mit dem Traditionsverein von der Paar eine langjährige Verbindung hatte und der nun, rund zwei Autostunden von Belgrad entfernt, an einem Bettenherstellungsunternehmen beteiligt ist: Zoran Petrovic.
„Es war vorhersehbar, dass es so weit kommen wird“
Dank der Internetseite der Schrobenhausener Zeitung ist der mittlerweile 50-Jährige bestens darüber informiert, wie sich der FCS in der A-Klasse Aichach so schlägt. Beziehungsweise das bald wohl nicht mehr tun wird – schließlich befinden die Schrobenhausener Verantwortlichen kurz davor, die erste Herrenmannschaft komplett vom Spielbetrieb abzumelden. Natürlich sei auch er zunächst einmal traurig darüber – gerade wenn er an den bereits im November 2020 verstorbenen Winfried Buchhart denke, der ja unendlich viel Herzblut in den Erhalt des FCS gesteckt habe. „Aber andererseits war es vorhersehbar, dass es irgendwann so weit kommen wird, wie es jetzt anscheinend der Fall ist“, sagt Petrovic klipp und klar: „Und die aktuelle Vereinsführung, angeführt durch Stephan Rausch sowie Peter Fischer, hat viel Schuld an der jetzigen Situation.“
Einst, im Jahr 2003, hatte er bei den Schrobenhausenern das Amt des Spielertrainers übernommen und dieses und dieses dann – mit ein paar Jahren Pause zwischendrin – bis in den Sommer 2016 inne. „Ja, in dieser langen Zeit habe ich dort viel erlebt – habe zahlreiche Aufstiege bis hoch in die Bezirksoberliga feiern dürfen, selbst bei der Endrunde um die Schwäbische Hallenmeisterschaft waren wir mal“ , erinnert sich der 50-Jährige gerne zurück: „Daher wird der FCS immer ein Stück weit mein Herzensverein bleiben.“
Umso mehr würde er sich wünschen, dass der Traditionsklub weiterhin funktioniert. Aber das tut er bekanntermaßen nicht mehr – was nach Ansicht von Petrovic nicht zuletzt daran liegen würde, dass die Schrobenhausener im Jahr 2016 nicht auf ihn gehört hätten. „Schon damals konnte die Mannschaft nicht nur rein mit einheimischen Kräften überleben. Man hätte das Ganze dann peu à peu umstellen müssen, also Jahr für Jahr immer wieder ein paar Spieler aus der näheren Umgebung akquirieren. Und bis das komplett auf eigenen Füßen gestanden wäre, hätte man einfach weiterhin auf Aktive beispielsweise aus Augsburg setzen müssen“, meint der Serbe: „Zugegeben, natürlich wären diese nur für eine Aufwandsentschädigung, also für etwas Geld, nach Schrobenhausen gekommen. Aber man drehe den Spieß einfach mal um: Welcher Schrobenhausener würde denn umsonst beispielsweise am Augsburger Bärenkeller kicken?“
Genau das habe er der Klubführung um Buchhart damals so mitgeteilt. Und er wäre dann auch bereit gewesen, noch bis ins Jahr 2018 diese Umstrukturierung mit durchzuführen. „Aber Stephan Rausch und Peter Fischer waren die Augsburger Spieler schlichtweg ein Dorn im Auge, sie wollten sofort die Trennung von ihnen. Winni glaubte ihnen damals, wodurch sich der FCS auch gleich von mir trennte. Und ja: Ich gebe es auch unumwunden zu, dass dieser Schlussstrich für mich in dieser Phase extrem überraschend kam.“
Petrovic wirkt nachdenklich bei diesen Worten. Es ist ihm deutlich anzumerken, dass ihn die Erinnerung an diese Zeit ein Stück weit schmerzt. „Acht, neun Leute schnell mal von heute auf morgen auszutauschen und rein mit Fußballern aus der näheren Umgebung zu ersetzen – das geht in Schrobenhausen nicht. Das hatte ich dem Winni damals auch immer so gesagt“, berichtet der Ex-Spielertrainer: „Stephan Rausch und Peter Fischer glaubten es irgendwie doch, gingen viel zu blauäugig beziehungsweise überheblich an die Sache heran – und die Quittung hierfür bekommen sie eben jetzt, sechs Jahre danach.“
Womit wir wieder bei der wohl kurz bevorstehenden Abmeldung der ersten Herrenvertretung vom Punktspielbetrieb wären. „So leid mir das für den FCS tut – aber ein Stück weit Genugtuung verspüre ich dabei schon auch“, gibt Petrovic zu. Ob wirklich alles anders gekommen wäre, wenn er 2016 hätte weitermachen dürfen? „Ich könnte es mir zumindest sehr gut vorstellen. Man hätte den Laden definitiv am Laufen halten können“, sagt der Serbe: „Jetzt allerdings ist das Kind wohl komplett in den Brunnen gefallen. Sollte es bald tatsächlich kein Männerteam mehr geben, dann war’s das leider wohl für immer.“
Fusion mit anderem Klub als letzte Option?
Wie anfangs schon erwähnt: Petrovic verfolgt das alles aus über 1160 Kilometer Entfernung. Und nein, er möchte sich nun auch nicht als Retter ins Spiel bringen, der mit einem Zaubermittel den Traditionsverein von der Paar wieder zum Leben erwecken könnte – dafür fehle ihm aufgrund seiner Unternehmensbeteiligung in Kraljevo schlichtweg die Zeit. Aber so ganz kann er’s dann doch nicht lassen, sich Gedanken über die weitere Zukunft des FCS zu machen. „Eine allerletzte Option gibt es wohl doch noch“, glaubt der 50-Jährige: „Und das wäre eine Fusion mit einem anderen Verein, der ähnliche Probleme hat. Aber ob so etwas tatsächlich umsetzbar ist, ob so etwas tatsächlich funktioniert? Das weiß natürlich auch ich nicht.“
SZ
Zu den Kommentaren