Ingolstadt
"Arbeiten, wo andere Spaß haben"

Ehrenamtliche Helfer des Bayerischen Roten Kreuzes tragen zu gelungenem Pfingstvolksfest bei

11.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:58 Uhr

Immer wachsam müssen die BRK-Mitglieder auf ihren Streifen übers Pfingstvolksfest sein. Bernhard Fabritius (links) und Tobias Stief haben am Samstagabend einen der ersten Rundgänge übernommen. In ihren orangefarbenen Westen zeigen sie Präsenz und sind im Notfall schnell zur Stelle. - Fotos: Hammer

Ingolstadt (DK) Sie agieren meist im Hintergrund, sind aber trotzdem unverzichtbar für ein gelungenes Pfingstvolksfest: die Einsatzkräfte des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). Die Ehrenamtlichen versorgten auch am zweiten Wochenende Patienten, die sich verletzt oder zu tief ins Glas geschaut hatten.

Am frühen Samstagabend machen sich Tobias Stief und Bernhard Fabritius auf den Weg, um auf dem Festplatz nach dem Rechten zu sehen. "Fußtrupp" nennt das BRK die Zweierteams, die regelmäßig einen Rundgang machen, um Präsenz zu zeigen und bei Notfällen schnell handeln zu können. Laut Fabritius immer mit dabei: ein Rucksack mit Verbandsmaterial "für die kleineren und großen Wehwehchen", Coolpads, einem Blutdruck- und einem Blutzuckermessgerät sowie einem Pulsoximeter. Beide haben das Volksfest schon ein paarmal mitgemacht und wissen, was sie erwartet. "Bis 21 Uhr ist es eher ruhig", kündigt Fabritius an. Je später der Abend und je höher der Alkoholpegel, desto mehr ist zu tun. "Wir hoffen natürlich, dass nichts passiert, aber es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit."

Zehn BRK-Mitglieder sind in der zweiten Schicht des Tages im Einsatz. Diejenigen, die gerade nicht unterwegs sind, sitzen im Schatten hinter der sogenannten mobilen Unfallhilfsstelle - ein Container am Rande des Festplatzes, in dem sie Materialien aufbewahren und Patienten versorgen. ",Volksfestwache' sagen wir auch", sagt Julian Reuthlinger, stellvertretender Kreisbereitschaftsleiter. Der Container wird jedes Jahr an derselben Stelle aufgebaut, damit die Besucher wissen, wo sie im Notfall Hilfe finden.

Das Team hat gerade die erste Schicht abgelöst und wird bis weit nach Mitternacht im Einsatz sein, bis die letzten Besucher das Gelände verlassen haben. Die Ehrenamtlichen haben verschiedene Qualifikationen vom Einsatzleiter über medizinisch Höchstqualifizierte und Sanitäter bis hin zum Praktikanten. Die Stimmung ist - trotz ständiger Einsatzbereitschaft, das Funkgerät liegt immer in der Nähe - ausgelassen, Scherze fliegen hin und her. Zum Einsatz am Volksfest melden sich laut Reuthlinger stets mehr Helfer, als vom Veranstalter angefordert. Es herrsche ein freundschaftliches Verhältnis wie in einem Verein, sagt er. "In der Gruppe macht es Spaß", ergänzt Katharina Titz. Es sei schön zu wissen, gemeinsam Menschen helfen zu können, denen es "nicht so gut geht". Die Bandbreite an Einsätzen ist das, was Dominik Nadler an der Arbeit auf dem Volksfest am meisten gefällt.

Andrea Imre arbeitet gerne hier, "weil wir unseren eigenen Raum haben". Diese "Schutzzone", wie Reuthlinger sagt, ist bedeutend: "Es gibt leider das Thema Gaffer. Bierzeltbesucher schauen gerne, deshalb holen wir Patienten schnell aus dieser Lage heraus." Nach der Erstversorgung begleiten die Sanitäter den Patienten somit zur mobilen Unfallhilfsstelle. Dort wird entschieden, ob er entlassen, zum Arzt geschickt oder ins Krankenhaus gebracht wird. Auf der anderen Seite geht Reuthlinger zufolge der Eigenschutz der Helfer immer vor. "Es ist nicht alltäglich, aber sie sind einem gewissen Gewaltpotenzial ausgesetzt", sagt er. Dem zu entgehen, dafür sei der Container für die Behandlungen hilfreich. Zu später Stunde gingen die BRK-Mitglieder sowieso nur in Begleitung des Sicherheitspersonals in die Bierzelte.

Tobias Stief und Bernhard Fabritius müssen sich erst einmal keine Sorgen machen. Ihr Weg führt sie Richtung Riesenrad, in die beiden Bierzelte, wo die jungen Leute auf den Bänken schon ausgelassen feiern, und zwischen den Verkaufsständen hindurch. Nach einer kurzen Absprache mit den Sicherheitskräften treffen die beiden auf vier Polizisten, die sie zu einem Kaffee in ihren Container einladen. "Spannend ist die Zusammenarbeit mit den anderen Organisationen", sagt Fabritius.

Dass sie "arbeiten, wo andere Spaß haben", macht Stief nichts aus. "Die Zeiten sind vorbei, als wir selbst auf den Bierbänken gestanden sind", sagt er. "Die Arbeit macht Freude, wir tragen dazu bei, dass das Fest für alle möglich ist, bestätigt Fabritius. "Man entdeckt das irgendwie als Berufung für sich."

Und dann werden Stief und Fabritius zum ersten Mal an diesem Abend gebraucht. Ein Sicherheitsmann winkt sie zu einem der Bierzelte, eine junge Frau in Dirndl hat Probleme mit dem Kreislauf. "Mir ist nur ein bisschen warm", sagt sie, aber die Helfer wollen auf Nummer sicher gehen, messen den Blutdruck und nehmen die Daten der Frau auf. "Das kam ganz plötzlich, das blöde Kleid ist so eng", sagt diese noch, bevor ihr wieder schlecht wird und die BRK-Kräfte bei den Kollegen einen Rollstuhl anfordern. "Das haben wir zu dieser Uhrzeit oft - die Leute trinken zu wenig Wasser", sagt Reuthlinger, ehe die Frau zur Wache begleitet wird und sich der nächste Fußtrupp auf den Weg macht.