Ingolstadt
Alt, älter, Ingolstädter

12.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr
Alfons Deininger feierte seinen 100. Geburtstag −Foto: Cornelia Hammer

Ingolstadt (DK) Welche Zutaten braucht man, um das Rezept des langen Lebens nachzukochen? Sport und gesunde Ernährung oder doch die innere Einstellung und viel Selbsterkenntnis? Vier Ingolstädter Senioren erzählen, mit welchen Zutaten sie so lange gekocht haben.

Vor wenigen Tagen hieß es im DONAUKURIER: Ingolstädter leben länger. Das zeigt eine Studie des Soziologen Christian Janßen von der Hochschule München für Bayern. Danach werden Ingolstädter Frauen im Schnitt 83,6 Jahre alt und belegen damit den zweiten Platz nach jenen aus der Landeshauptstadt München, wo auch die Männer den ersten Platz belegen. Auf dem dritten Platz stehen die Augsburgerinnen mit 83,5 Jahren. Auch die Ingolstädter Männer belegen den zweiten Platz mit einem Durchschnittsalter von 79,3 Jahren, gleichauf mit dem Oberland. Die Studie stellt einen direkten Zusammenhang zwischen Lebensalter und Wohlstand einer Region her.

Erika Dornblüth (90)

Als sie 1927 in Hamburg geboren wurde, war sie eine der wenigen Katholiken in der überwiegend evangelischen Hansestadt. „Mein Bruder und ich waren als Kinder auf einer katholischen Schule. Eigentlich wollte ich später aufs Gymnasium, aber ganz Hamburg war vom Krieg zerbombt.“ Nachdem die heute 90-Jährige ihren Mann, einen Jetpiloten der Bundeswehr, kennenlernte, war ein Wohnortwechsel an der Tagesordnung. „Im Schnitt sind wir alle dreieinhalb Jahre umgezogen“, erzählt sie. Das erste Mal kam sie im Jahr 1959 nach Ingolstadt. Es folgten weitere Umzüge in verschiedenste Ecken Deutschlands sowie nach Holland. Letztendlich wurde ihr Mann erneut in Manching stationiert, und sie fasste als Büroangestellte bei Witt Weiden endgültig Fuß in Ingolstadt, wo sie auch ihren Sohn in der Klinik Dr. Maul zur Welt brachte. „Ich rate jungen Menschen, nicht alles so furchtbar ernst zu nehmen und einfach mal locker zu leben“, betont sie. Warum sie das Glück eines hohen Alters hat, kann Erika Dornblüth sich nur schwer erklären: „Ich hatte, glaube ich, einfach gute Gene.“ Und das Wichtigste: Sie sei immer zufrieden mit sich und anderen gewesen. Die innere Einstellung zu sich selbst wirke sich sehr auf das Altwerden aus.

Marianne Steinig (82)

Die gebürtige Bayreutherin verbrachte ihre Kindheit als Vollwaise. Ihre Mutter war früh verstorben, und ihr Vater fiel im Krieg. „Ich habe meine beiden jüngeren Brüder sozusagen großgezogen. Das war sehr schwer und hat sich später auf meinen Körper geschlagen“, berichtet die 82-Jährige. Um ihren Mann, den sie im Alter von 16 Jahren heiratete, war Marianne Steinig heilfroh: „Zum Glück hat mich jemand mit meinen Brüdern genommen. Es war früh, aber ich war glücklich.“ Als sie dann nach Ingolstadt zog, war sie zunächst von dem „Dorf“ überrascht. Doch sie habe sich sehr gut eingelebt und eine schöne Zeit gehabt. Und die „Essenz“ für das lange Leben? Genüg-sam sein. „Die jungen Leute können sich heutzutage sehr viel leisten und wollen immer mehr“, sagt sie. Auch hat sie sehr viel mit anderen Menschen zu tun und sieht sozialen Kontakt als wichtig für das lange Leben an.

Elfriede Schmidt (90)

Die 90-Jährige ist polnischer Herkunft. Ihre Eltern hatten einen Bauernhof mit vielen Tieren, auf dem sie oft mit anpackte. Diese Arbeit habe ihr womöglich auch zu einem längeren Leben verholfen. Auch soziale Kontakte und Familie stellen in Elfriede Schmidts Leben entscheidende Faktoren dar, die einen Menschen älter werden lassen. Ihren Onkel und ihre Tante besuchte sie regelmäßig in Bremerhaven: „Das war für mich Urlaub. Wir sind viel herumgefahren.“ Auch älteren Menschen rät sie, niemals die Gemeinschaft zu meiden. Elfriede Schmidt selbst besucht auch viele der Angebote im Seniorenheim, sofern sie Zeit hat. Vom Rauchen rät die 90-Jährige ab: „Das habe ich früher aus Einsamkeit getan.“

Alfons Deininger (100)

Der 100-Jährige ist ein gebürtiger Augsburger, dessen Vater eine Schlosserei besessen hat. Er selbst war in Augsburg bei Auto Treu als Kaufmann tätig. Im Krieg war Deininger viereinhalb Jahre in Gefangenschaft und musste schlimme Dinge durchleben. Doch das Leben hat auch schöne Seiten. An seine Geburtstage und seine Hochzeit, die er mit geschlagenen 200 Gästen feierte, erinnert er sich gern. Als Jugendlicher und junger Erwachsener spielte er leidenschaftlich gerne Fußball. „Wir haben oft verloren, aber ich hatte trotzdem Spaß“, erzählt der Sportliebhaber. Auch Aktivitäten wie Handball und Bergwandern hätten ihm viel Freude bereitet. Alfons Deininger setzt daher seit jeher auf körperliche Fitness. Sein Leitspruch: „Solide leben“. Man dürfe dumme Dinge ausprobieren, sie sollten jedoch nicht zur Gewohnheit werden. „Zigaretten sollten noch viel teurer sein“, findet er. Im Seniorenheim besuchen ihn seine drei Enkel regelmäßig, denn Familie und Gemeinschaft findet er sehr wichtig. Ihre Besuche machen ihn jedes Mal glücklich.