Offenbau
Als Ernteteiler vom Bauernhof-Abo profitieren

"Solidarische Landwirtschaft" erobert Region – Offenbauer Landwirt als Vorreiter

10.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:19 Uhr

Die Kühe dürfen bleiben: Karl Dollingers Betrieb ist der mit den meisten Ernteteilern. - Foto: Leykamm

Offenbau (lkm) Die Idee ist einfach: Mehrere Kunden oder besser „Ernteteiler“ beziehen ihre Lebensmittel als Abonnenten direkt von einem Bauernhof, garantieren damit sein Überleben und dürfen im Gegenzug mitbestimmen, was dort angebaut wird. So das Prinzip der Initiative „Solidarische Landwirtschaft“ (Solawi), die in der Biometropole Nürnberg mehr und mehr Fuß fasst – mit einem Offenbauer Landwirt als Vorreiter im Landkreis.

Er heißt Karl Dollinger und betreibt in seinem Heimatort einen Biolandhof, wo er Gemüse, Obst und Getreide anbaut. Er ist zugleich der letzte, verbliebene Milchbauer seines Ortes. Und wird es nun dank Solawi auch bleiben können. Denn beinahe hätte der Herr über 15 Kühe deren Stalltür für immer zugesperrt. Doch dann fing Dollinger Feuer für die Idee der Solidarischen Landwirtschaft und begann beim Aufbau jenes Netzwerks. Heute ist sein Hof der mit den meisten Ernteteilern (derzeit sind es etwa 50) der gesamten Nürnberger Solawi-Initiative.

Diese ist ein Kind zweier Eltern, die optimal zusammenpassen. Sie heißen „BioMetropole Nürnberg“ und „Öko-Modellregion“, wie sich der Verbund von Stadt Nürnberg, Nürnberger Land und Landkreis Roth seit gut einem Jahr nennen darf. Als beteiligter Bauer kann man in Sachen Existenzangst erst einmal aufatmen. Denn nun ist es die Vielzahl der beteiligten Privathaushalte, die die Kosten des landwirtschaftlichen Betriebes tragen, der die Teilnehmer wöchentlich mit Ernteerträgen der jeweiligen Saison beliefert.

Die Kommission der Ware hat im Hause Dollinger der Untersteinbacher Peter Seitz übernommen, der die Pakete zusammenstellt und sie wöchentlich zu den diversen Depots im Raum Nürnberg sowie in Rednitzhembach fährt. Das Netz soll noch weiter ausgebaut werden. Die Ernteteiler verpflichten sich für ein Jahr zur Abnahme, ein einmonatiges „Probe-Abo“ ist möglich. Eine Kiste mit dem jeweiligen Ernteteil reicht dabei für etwas mehr als eine Person. Die Kosten für die wöchentlichen Pakete (die derzeit hauptsächlich Gemüse enthalten, eine Komplettlösung inklusive Fleisch ist aber in Planung) bewegen sich bei 70 bis 80 Euro im Monat.

Derzeit stehe die Solawi-Initiative Nürnberg aber „noch am Anfang“, wie Werner Ebert von der Stadt Nürnberg bei der „Bio auf Tour“-Exkursion betont, die auch nach Offenbau führte. Insgesamt gebe es bei fünf beteiligten Bauernhöfen derzeit 80 Ernteteiler, bis zum Jahresende hoffe man aber die 100 voll zu bekommen, so Ebert. Danach soll der Stein noch mehr ins Rollen kommen. Die bundesweite Tendenz beeindruckt. Vor 20 Jahren noch hätte man die Solawi-Betriebe an einer Hand abzählen können, erklärt Ebert. Mittlerweile „sind 50 Projekte am Laufen und weitere 50 gerade am Entstehen.“

Die Idee zieht also Kreise, auch wenn sie ein Umdenken erfordert. Denn je nach Saison gibt es eben mal viel Salat, mal gar keinen, dafür aber Sauerkraut. So mancher Verbraucher müsse lernen, „im Winter ohne Zucchini auszukommen“, so Dollinger. Die Teilnahme an dem Projekt lässt Dollinger auch an einer Tierhaltung festhalten, die ihm lieb ist: Die Kühe behalten ihre Hörner, die Kälber bekommen ihre Milch vom Euter – die Ertragsverluste nimmt der Biobauer da gern in Kauf. Die Marschroute für dieses Jahr ist schon vorgegeben, das jährliche Planungstreffen mit den Ernteteilern fand bereits statt.

Eine Werbekampagne für Solawi soll im Juni an den Start gehen. Wie gut das Netz bereits funktioniert, zeigte der Besuch am Wichtelhof in Wildenbergen (Gemeinde Rohr), der Solawi-Höfe unterstützt. Seinen Anfang hatte die Exkursion im Reimehof in Wallsdorf (Herbrucker Alb) bei einem Ziegenwirtschaftsbetrieb genommen.