München
Aiwanger entschuldigt sich für veröffentlichte Wahlprognosen

29.09.2021 | Stand 07.10.2021, 3:33 Uhr
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger spricht zu Journalisten. −Foto: Matthias Balk/dpa

Nach dem Ärger um die Veröffentlichung von Wählerbefragungen zur Bundestagswahl will Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger eine öffentliche Erklärung im Landtag abgeben.

Der Bundesvorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, hat sich für die Vorab-Veröffentlichung von Prognosen zum Ausgang der Bundestagswahl im Internet entschuldigt. „Ich entschuldige mich in aller Form für den Tweet vom Wahlsonntag“, sagte Aiwanger am Mittwoch im bayerischen Landtag in München. Zuvor hatte die SPD-Fraktion in einem Dringlichkeitsantrag die Entlassung des bayerischen Wirtschaftsministers und stellvertretenden Ministerpräsidenten gefordert. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CDU) hatte eine Entschuldigung verlangt.

Aiwanger hatte mehrere Stunden vor Schließung der Wahllokale am Sonntag bei Twitter Zahlen veröffentlicht und nochmals um Stimmen für seine Partei geworben - letztlich ohne Erfolg: Die Freien Wähler scheiterten mit bundesweit 2,4 Prozent mehr als deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde. Ihr Parteichef ging vor dem Landtag nicht darauf ein, wie der Tweet zustande kam. Es stehe das Ergebnis der rechtlichen Prüfung beim Bundeswahlleiter aus, sagte Aiwanger. Deshalb könne er derzeit keine weiteren Ausführungen machen.

In Paragraf 32, Absatz 2 des Bundeswahlgesetzes heißt es: „Die Veröffentlichung von Ergebnissen von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe über den Inhalt der Wahlentscheidung ist vor Ablauf der Wahlzeit unzulässig.“ Ordnungswidrigkeiten können mit einem Bußgeld bis zu 50.000 Euro belegt werden. Der Bundeswahlleiter teilte am Mittwoch mit, die Prüfung sei im Gange. Zu laufenden Verfahren würden keine Angaben gemacht. Aiwanger hatte den Tweet nach wenigen Minuten wieder gelöscht und dann von einem „Missgeschick“ gesprochen.

Der bayerische Vize-Ministerpräsident erntete im Landtag Gelächter, als er sagte, es sei jetzt dringend nötig, nach dem Wahlkampf zur politischen Sacharbeit zurückzukehren. Die Opposition und auch Teile des Koalitionspartners CSU werfen Aiwanger seit längerer Zeit populistisches Vorgehen vor.

Der bayerische SPD-Landesvorsitzende Florian von Brunn sagte, ganz Deutschland schüttele den Kopf über dessen Verhalten. Er habe gezeigt, dass er seiner Aufgabe als stellvertretender Ministerpräsident nicht gewachsen sei. Aiwanger habe eine „windelweiche Entschuldigung“ vorgetragen. „Das reicht uns nicht“, sagte Brunn, der auch Fraktionschef ist. Die SPD verlangt weiter eine Entlassung. Ein entsprechender Dringlichkeitsantrag fand im Landtag am Mittwoch jedoch keine Mehrheit.

Der Grünen-Abgeordnete Thomas Gehring betonte, die Entschuldigung sei für Aiwangers Verhältnisse auffallend „wortkarg“ gewesen. „Es war die dürftigste Entschuldigung, die man sich vorstellen kann.“ Der AfD-Abgeordnete Ingo Hahn sagte: „Wir wissen alle worum es geht: Es wurde gegen das Wahlgesetz verstoßen - nicht von irgendjemand, sondern vom stellvertretenden Ministerpräsidenten dieser Regierungskoalition.“

Aiwanger hatte im Wahlkampf zum Teil mit harten Bandagen für den Einzug seiner Partei in den Bundestag gekämpft. Obwohl die Freien Wähler ihren Stimmenanteil im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 mehr als verdoppeln konnten, scheiterten erneut klar an der Fünf-Prozent-Hürde. In Bayern allein erreichten sie 7,5 Prozent - ein Plus von 4,8 Punkten gegenüber der Bundestagswahl 2017.

Söder hatte am Vormittag ein Gespräch mit Aiwanger geführt und ihn zur Entschuldigung aufgefordert. Zuvor hatte er am Montag in einer Sitzung des CSU-Vorstands nach Angaben von Teilnehmern dessen Verhalten als „unwürdig“ bezeichnet.

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