Ingolstadt
Ärgerliche Folgen einer Nachlässigkeit

19.07.2011 | Stand 03.12.2020, 2:36 Uhr

Erschien gestern zum Prozess: Leopold Stiefel - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Es geht um Geld, Macht und vielleicht auch die Ehre. Vor dem Ingolstädter Landgericht wird seit gestern die Klage des Media-Markt-Gründers Erich Kellerhals gegen die Media-Saturn-Holding verhandelt. Der Mehrheitsaktionär Metro will bei seiner profitabelsten Tochter mit 900 Märkten und zuletzt 20,8 Mrd. Umsatz einen Beirat dauerhaft installieren.


Damit soll den Alteigentümern Kellerhals und Leopold Stiefel ihre Macht genommen werden. Das Ende einer Erfolgsgeschichte wäre gekommen. Die beiden Ingolstädter haben es mit dem Verkauf von Fernsehgeräten, Waschmaschinen und Computern zu einem Millionenvermögen gebracht. Kellerhals sprach in einem „Spiegel“-Interview von einem Angriff auf sein Lebenswerk.
 

Der Kampf um die Machtverhältnisse trifft Media Saturn in einer schwierigen Phase. Seit Ende 2010 ist der Umsatz eingebrochen. Vergangene Woche waren Polizei und Staatsanwaltschaft in der Zentrale in Ingolstadt zu Gast, um in einem Bestechungsskandal zu ermitteln. Und nun stehen sich Hauptaktionär Metro und die Alteigentümer vor Gericht gegenüber.

Zum Prozessauftakt waren aber weder Kellerhals noch Metro-Chef Eckhard Cordes erschienen. Dafür nahm mit Stiefel das Gründungsmitglied von Europas größter Elektrokette auf der Klägerseite Platz. Der 66-Jährige war am längsten in der Geschäftsführung aktiv gewesen. Ende 2006 war Stiefel aus dem operativen Geschäft ausgeschieden und hatte damit den Weg für die Berufung eines Beirates frei gemacht – so die Auffassung der Metro-Juristen. „1990 ist diese Regel vereinbart worden. Nun ist sie umgesetzt worden“, erklärte Metro-Anwalt Maximilian Schiessl. Die Alteigentümer sahen in einem möglichen Beirat immer nur ein beratendes Gremium, wie Stiefel gestern erklärte. „Wir wussten ja nicht, was unsere Erben einmal vorhaben. Deshalb sollten sie von Fachleuten beraten werden. Die Entscheidungen sollten aber nach wie vor in der Gesellschafterversammlung gefällt werden“, sagte Stiefel. An eine Abtretung der Anteile haben Kellerhals und er nie gedacht. „Wer ihn kennt, der weiß, dass er das, was er einmal hat, nicht wieder hergibt“, beschrieb Stiefel seinen Partner.

Dabei wäre der Streit leicht zu vermeiden gewesen. Im Zuge der Expansion nach China wurde bei Media Saturn vor zwei Jahren der seit 1988 gültige Gesellschaftervertrag überarbeitet. Um das Risiko beim Sprung nach Asien kalkulierbarer zum machen, wurde eine identische Tochtergesellschaft der Media-Saturn-Holding gegründet. Für diese wurde ein neuer Vertrag aufgesetzt, der die Installation eines Beirates nicht mehr vorsah. „Aus unerklärlichen Gründen wurde diese Vorlage allerdings nicht für die Hauptgesellschaft umgesetzt“, sagt ein mit den Vorgängen bestens vertrauter Anwalt. Metro hatte die Änderungen für das China-Geschäft nämlich abgenickt – nur für Deutschland und die Media-Saturn-Holding gilt weiterhin der alte Vertrag. Diese Nachlässigkeit hat nun den Prozess erst möglich gemacht. „Hätte man damals den Vertrag konsequent angepasst, hätte man sich den ganzen Ärger sparen können“, sagt ein Insider.

Aber auch so könnte den Alteigentümern der schlimmste Fall erspart bleiben. Der auf Wunsch der Metro im März gegründete Beirat müsse vermutlich in vielen Fällen ebenso wie die bestehende Gesellschafterversammlung Entscheidungen mit einer Mehrheit von über 80 Prozent treffen, befand das Gericht gestern. „Wir sind vorsichtig optimistisch, auch wenn wir den Beirat an sich gerne vermieden hätten“, sagte Kellerhals-Anwalt Martin Schockenhoff. Am 11. Oktober will das Gericht womöglich eine Entscheidung verkünden.