Prunn
Achtung: Hochspannung!

Der Umgang mit Elektroautos nach einem Unfall ist Thema bei einer Feuerwehrschulung in Prunn

04.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:49 Uhr
  −Foto: Schmied

Prunn (DK) Wenn ein Elektroauto im Graben liegt, bedeutet das für die Feuerwehr erhöhte Vorsicht. Die Akkus bergen nicht unerhebliche Gefahren, eine unbedachte Berührung kann tödlich sein. Die Brandschützer aus Kelheimwinzer haben sich darum Rat bei Experten geholt - bei einer Schulung in Prunn.

Ein Unfall ist immer eine unschöne Sache. Das wissen die Brandschützer um Kommandant Josef Schels nur zu gut. Nun ist es aber so, dass man einem Auto nach einem Unfall nicht unbedingt auf den ersten Blick ansieht, ob es einen Verbrennungsmotor oder einen Elektroantrieb hat. Die Routine im Umgang mit Letzteren müssen sich die Feuerwehren erst erarbeiten, noch zu jung ist die Technik, immer wieder neue Modelle kommen auf den Markt, jedes mit seinen eigenen Anforderungen. Da sei es wichtig, sich rechtzeitig auf kommende Einsätze vorzubereiten. "Bisher hatten wir den Fall zwar nicht. Aber wir wollen heute möglichen Gefährdungen durch Unkenntnis vorbeugen", begründet Schels den Besuch in einem Autohaus in Prunn.

Unwissenheit kann bei der Bergung eines Elektroautos tatsächlich fatale Folgen haben. "Wir reden hier von einer Spannung zwischen 300 und 400 Volt", erklärt Anton Pesl, der gemeinsam mit seinen Kollegen Christoph Fischer, Alois Tratner und Sebastian Koller sowie Geschäftsführer Lothar Welzel die 22 Feuerwehrleute aus Kelheimwinzer betreut. Die Prämisse lautet also: Das Auto muss spannungsfrei sein, bevor seitens der Einsatzkräfte weitere Schritte unternommen werden können. Dass die Karosse unter Spannung steht, sei eher unwahrscheinlich, so Pesl. Der Gesetzgeber gibt vor, dass bei Elektroautos der Fahrzeugantrieb automatisch deaktiviert wird, wenn bei einem Unfall der Airbag auslöst. Wenn möglich, weil zugänglich, sollten die Einsatzkräfte andernfalls die Zündung ausschalten. "Das Schnellste und Einfachste für euch ist wahrscheinlich, den Akku zu suchen und abzuklemmen", erläuterte Pesl. Elemente, die mit der Batterie verbunden sind, sind in den häufigsten Fällen orange. Bei diesen Kabeln und Steckern gilt: Finger weg, Lebensgefahr.

"Auch wir verwenden bei der Arbeit am Elektromotor spezielle Handschuhe und Gummistiefel, die bis zu 1000 Volt aushalten", sagt Pesl. An einem Auto zeigt er den Feuerwehrleuten, auf was es ankommt. Wo befinden sich die entscheidenden Bestandteile? Wo ist der Hauptstecker? Und vor allem: Woran erkennt man ein Elektroauto von außen? Ein Hinweis: "Meistens ist etwas Blaues mit dabei, der Auspuff zum Beispiel", verrät Koller. Während bei Fahrzeugen mit Hybridmotoren gesetzlich vorgeschrieben ist, sie als solche kenntlich zu machen, gebe es eine solche Regelung bei E-Autos aktuell nicht, so Koller weiter. Dass das Kennzeichen ein E enthält, sei nicht verpflichtend und werde je nach Zulassungsstelle unterschiedlich gehandhabt. "Bei den Kennzeichen geht es in erster Linie um die Berechtigung, auf den ausgewiesenen Parkplätzen für Elektroautos parken zu dürfen", erklärt Welzel.

Generell sei die Batterie so gut es geht crashsicher verbaut, führte Pesl weiter aus. Bei den Testreihen der Hersteller werde vom schlimmstmöglichen Unfallszenario ausgegangen. "Wie sieht es mit der Brennbarkeit des Motors aus?", will Thomas Rauch, stellvertretender Kommandant der Kelheimwinzerer, Wehr wissen. "Der Akku selbst ist weitgehend trocken, so dass er keine Säure abgibt, wenn er sich verformt", antwortet Welzel. Aus Erfahrung wissen die Feuerwehrfrauen und -männer aber, dass alles möglich ist. "Sollte es also brennen, werden wir großräumig absperren und die Leute rausholen", nennt Rauch das wohl sinnvollste Vorgehen.

Lothar Welzel weist darauf hin, dass auch das Abschleppen eines E-Autos nicht ohne weiteres geht. "Das sollte immer ein Profi machen", mahnte er an. Denn: Wenn man das nicht mehr fahrtüchtige E-Auto einfach anhängt und sich dadurch die Reifen mitdrehen, dann brennt das Fahrzeug in kürzester Zeit. E-Autos müssen daher stets auf einen Hänger geladen werden. Seiner Meinung nach werden künftig auf jeden Fall mehr Fahrzeuge mit Elektroantrieb auf den Straßen unterwegs sein. Bei den neusten Modellen liegt die Reichweite zwischen 200 und 300 Kilometern. Bei pfleglicher Behandlung halten die Batterien auf jeden Fall bis zu acht Jahren. Für jedes Modell gibt es laut Pesl eine Rettungskarte, aus der zu ersehen ist, wo sich welche Bauteile in der Karosserie befinden.

"Ich habe heute Dinge erfahren, die ich vorher nicht wusste. Das ist elementar, damit wir bei einem Einsatz richtig handeln können", erklärt Rauch nach theoretischem und praktischem Teil - Fahrt im Elektroauto inbegriffen. Auch, wenn man bislang noch nicht damit konfrontiert gewesen sei: "Wir in Kelheimwinzer sind eingehaust von zwei Straßen. Da kann es schnell passieren, dass wir vor diesem speziellen Problem stehen", betont Kommandant Schels. Von den Feuerwehrschulen sei das Thema als Winterschulung vorgeschlagen worden. "Dadurch, dass wir keine Erfahrung im Umgang mit E-Autos nach Unfällen haben, haben wir gedacht, wir wenden uns an einen Fachmann", erklärt er weiter. Mit dem Prunner Autohaus sei man ins Gespräch gekommen, die Begeisterung auf beiden Seiten sei groß gewesen. Die Wichtigkeit des Themas hebt auch Anton Pesl hervor: "Da müssen sowohl die Hersteller als auch die Feuerwehrschulen noch mehr Gas geben."

Kommandant Josef Schels sieht in dem Ausflug in die Großgemeinde Riedenburg aber nicht nur die Möglichkeit, wertvolle Tipps für die Einsatzpraxis zu erhalten, sondern auch eine willkommene Abwechslung für seine Truppe. "Es ist doch schön, nicht immer nur auf dem Übungshof zwischen Schläuchen und Leinen zu sein", meint er und lacht. Unter den 38 Aktiven seien zehn Jugendliche. Von den 28 Erwachsenen sind 22 bei der Schulung mit von der Partie. "Das ist doch ein super Schnitt."

 

Kathrin Schmied