Kösching
Abschied von der Ladenkirche

Pfarrer Christoph Schürmann hält am Sonntag den Entwidmungsgottesdienst in Kösching

03.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:16 Uhr
Den letzten Gottesdienst in der Köschinger Ladenkirche hält Pfarrer Christoph Schürmann an diesem Sonntag. Die Räume werden entwidmet, die gottesdienstlichen Gegenstände aus der Kirche getragen. −Foto: Stephan

Kösching (DK) Die Ladenkirche war als Provisorium gedacht – und bot den evangelischen Christen in Kösching fast 17 Jahre lang eine Heimat. Pfarrer Christoph Schürmann erzählt, warum sich die Gemeinde nun auf den Umzug freut.

Kaum etwas hat sich in der Ladenkirche geändert, seit im Dezember 2000 dort der erste Gottesdienst gefeiert wurde. Die teils blau gepolsterten Stühle stehen aneinandergereiht, ein Patchworkparament schmückt den Altar, an der Pinnwand hängen Ankündigungen. Die Lamellen vor den Scheiben schirmen nach wie vor die Besucher vor den Blicken der Passanten auf der Straße ab. Nur die Kartons im Hinterzimmer weisen auf den bevorstehenden Umzug hin. „Die Tage sind gezählt, ein komisches Gefühl“, sagt Pfarrer Christoph Schürmann.

Einst war die Ladenkirche als Provisorium gedacht: Der Vorstand der Ingolstädter Kirchengemeinde St. Paulus, der heute insgesamt rund 4700 evangelische Christen angehören, hatte sich 2000 zur Anmietung der Räume der ehemaligen Post an der Unteren Marktstraße entschieden. Eine unkonventionelle Idee, „um die Zeit bis zum Neubau einer Kirche in Kösching innerhalb der nächsten Jahre sinnvoll zu überbrücken und bereits jetzt ein attraktives Gemeindeleben anbieten zu können“, hieß es damals in einem DK-Artikel.

Ein Laden zur Kirche umfunktioniert? Viele evangelische Köschinger waren nach anfänglicher Skepsis bald froh darüber, endlich ein eigenes Gemeindezentrum zu haben. Zuvor mussten sie ihre Gottesdienste in der katholischen Peterskirche oder der Krankenhauskapelle feiern. Eine angemessene Gemeindearbeit war durch fehlende Räume kaum möglich, wie der damalige Pfarrer Markus Ambrosy immer wieder festgestellt hatte. Ambrosy war es auch, der dem Projekt Ladenkirche schließlich die entscheidenden Impulse gab. „Jetzt haben wir selbst Raum anzubieten für die Begegnung mit Gott und den Menschen“, freute er sich beim ersten Gottesdienst.

Fast 17 Jahre später zeigt sich Schürmann, der 2011 nach St. Paulus kam, beeindruckt vom Zusammenhalt der Köschinger Gemeindemitglieder. „Sie haben immer wieder den Wunsch nach einer eigenen Kirche ausgedrückt und die Ladenkirche ohne große Unterstützung von oben teils durch selbst gesammelte Spenden umgesetzt“, sagt der Pfarrer. Er selbst habe sich sofort wohlgefühlt. „Es ist fast wie ein Wohnzimmer“, sagt er und spricht von einem „Raum, der schnell Ängste abbauen kann, weil es ein Laden mit geistlichem Charakter mitten im Ort ist“.

Heute gibt es ein reiches Gemeindeleben mit Kinder- und Jugendgruppen, Frauentreffs oder musikalischen Begegnungen – oft ohne konfessionelle Bindung. Die Köschinger haben das „Provisorium“ liebgewonnen. „Mit einem Angebot, abwechslungsreich und bunt, wie die Auslage eines Ladens. Und mit Menschen, die herzlich und fröhlich in diesen besonderen ,Laden’ einladen“, sagt auch Ambrosy, der nun in Puchheim stationiert ist. 

Schürmann war stets bewusst, dass die Ladenkirche „eine Heimat auf Zeit“ war. „Ich wurde mit der Aufgabe, eine neue Kirche in Kösching zu bauen, hierher berufen“, erinnert er sich. Die Ladenräume seien einfach zu klein geworden. Nachdem das 1966 gebaute Gemeindezentrum in Lenting bereits Anfang September entwidmet wurde, müssen sich deshalb nun auch die evangelischen Christen in Kösching von „ihrer“ Ladenkirche verabschieden. 

Auf sie kommt nun wieder eine „heimatlose Übergangszeit“ zu – laut Schürmann wie vor der Ladenkirche. „Unsere neue Kirche ist noch nicht fertig, das bringt Unsicherheit mit sich“, sagt er. „Es wäre viel einfacher, wenn wir direkt umziehen könnten, weil wir dann einen endgültigen Platz für die Gottesdienste und die Gemeinde hätten.“ 

Diesmal ist ein Ende dieser Übergangszeit aber absehbar: Im Frühjahr 2018 soll der Umzugstermin in die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche sein – und die Gemeinde freut sich Schürmann zufolge sehr. „Das wird ein schönes Gebäude mit richtig tollen Möglichkeiten“, sagt er. Es sei kein Problem gewesen, Helfer für den Auszug aus der Ladenkirche zu finden. „Die Schränke gehen mit, das Altarkreuz, die Kerzenleuchter, die liturgischen Geräte, auch aus Lenting“, sagt der Pfarrer. 

Für den Entwidmungsgottesdienst am Sonntag erwarte er volles Haus. Abgesehen davon habe er einen großen Wunsch: „Dass die Lebendigkeit und das Engagement in dem halben Jahr bis zum Frühling nicht verloren gehen, sondern ins neue Gemeindezentrum mitgenommen werden.“

 

Die Entwidmung


Die Ladenkirche wird mit einem Gottesdienst an diesem Sonn?tag um 11 Uhr entwid?met. Die gottesdienstlichen Gegenstände der Kirche werden „außer Dienst“ genommen. Im Anschluss können die Besucher bei einem Stehempfang Abschied von der Ladenkirche, die noch im November neu vermietet wird, nehmen. Bis die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche im Frühjahr 2018 eingeweiht ist, finden die evangelischen Gottesdienste in der Kapelle der Klinik statt. Die verschiedenen Gruppen treffen sich in diesem Zeitraum zudem im Sportheim des TSV Kösching.