Ingolstadt
Abheben in die dritte Dimension

Audi-Betriebsratschef Peter Mosch spricht sich klar für eine Seil- oder Schwebebahn in Ingolstadt aus

16.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr
Über den Dächern von Berlin: Bei der Internationalen Gartenschau im vergangenen Jahr war die erste Kabinenseilbahn der Bundeshauptstadt eine der großen Attraktionen. In den 186 Tagen gab es mehr als drei Millionen Fahrten. In vielen Städten auf der Welt gehört das Transportmittel zur festen Einrichtung im Öffentlichen Personennahverkehr. −Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa)

Ingolstadt (DK) Wenn Mitte März die Ehrengäste um Bayerns Innenminister Joachim Herrmann den ersten Spatenstich für den Schienenhalt direkt am Audi-Gelände setzen, dann wird er wieder kommen: Der Hinweis, dass das Projekt zuletzt zwar eine Herzensangelegenheit der Werkleitung gewesen sein mag und vom Unternehmen maßgeblich mit vorangetrieben wurde, die Mitarbeitervertreter aber schon vor rund 30 Jahren den Zug aufs Gleis setzen wollten.

Entsprechend zeigt sich der Audi-Betriebsratsvorsitzende Peter Mosch durchaus stolz, dass der Bahnhalt nun in Ingolstadt realisiert und bis Ende 2019 fertig sein wird. "Ein großer Erfolg!" - allerdings für ihn auch "nur ein Baustein", um den Verkehr rund um das Stammwerk weiter zu entlasten, wie Mosch im Gespräch mit dem DK sagt.

In den vergangenen Jahren wurden weitere große Bauprojekte angestoßen, was wiederum mit dem Audi-Betriebsrat zu tun hat, der sich vor geraumer Zeit die Verkehrssituation auf die Aufgabenliste geschrieben hatte und mit der geballten Macht der Beschäftigten im Rücken nach Lösungen für den täglichen Verkehrsinfarkt am Stammsitz des Unternehmens forderte und diese auch mit anschob. Der vierspurige Ausbau der Ettinger Ostumgehung (samt Anschluss der großen Parkhäuser) ist auf dem Weg, Expressbuslinien der INVG fahren sogar durchs Werk, was früher undenkbar gewesen wäre. Audi hilft mit gesponserten Jobtickets nach, dass auch genügend Mitarbeiter in den Bus steigen. Ein südlicher Ringschluss des Straßennetzes am Werk ist schon länger konkret im Gespräch. Und Audi dürfte auch vom seit Jahrzehnten geplanten Schneller Weg (die Osttangente am Werk) profitieren, dessen Ausbau - wenngleich noch eine juristische Hürde zu nehmen ist - tatsächlich bald beginnen soll. "Es passiert sehr viel. Das sind viele kleine Bausteine", sagt Mosch. Es gebe aber noch viele "Hausaufgaben": Zum Beispiel sei der Ausbau der Park-and-Ride-Anlagen an mehreren Bahnhöfen in der Region wegen des neuen Schienenhalts am Werk dringend nötig.

Eine Vision ist Mosch ins Auge gesprungen: eine Seil- oder Schwebebahn für den Personenverkehr in Ingolstadt. Wie vom DK berichtet, haben Studenten der hiesigen Technischen Hochschule ein Routennetz durchs Stadtgebiet entworfen, den Stadträten vorgestellt und viele lobende Worte erhalten. Weiter passiert ist aber seitdem nichts. "Mehr als eine pfiffige Idee!", sagt Mosch zu dem studentischen Konzept. "Das sollte man nicht von der Tagesordnung nehmen." Er verstehe nicht, warum sich die Verantwortlichen in der Stadt nicht eingehender damit beschäftigen. Zum Beispiel in Form weiterer Untersuchungen, Informationsfahrten in andere Städte oder sogar einer Teststrecke. "Ich bin der Meinung, die Idee sollte man verfolgen, als lediglich darüber nachzudenken." Für eine Tram auf Ingolstadts Straßen sieht der Betriebsratschef keinen Platz mehr. Wer die Verkehrsfragen der Zukunft lösen will, der müsse auch "in die dritte Dimension", sagt Mosch. Sprich, über die Dächer von Ingolstadt.

Volkswagen tut das seit vielen Jahren in seinem Werk in Bratislava, wo Autos - unter anderem wird dort der Audi Q7 gefertigt - mit einer Seilbahn in einer maximalen Höhe von 15 Metern über eine Länge von 450 Metern transportiert werden. Auch für die Personenbeförderung in Städten gewinnen Seilbahnen tatsächlich mehr und mehr an Bedeutung. Brest in der Bretagne hat im Herbst 2016 als erste französische Großstadt eine Route als reguläres Transportmittel (und nicht nur für touristische Zwecke) eingeweiht. Vor allem die südamerikanischen Länder mit ihren hügeligen Städten (wie Medellin/Kolumbien) sind regelrechte Vorreiter. Warum also nicht auch Ingolstadt?