Ingolstadt
150 000 für nichts

Ingenieur soll wegen Untreue ins Gefängnis

03.02.2012 | Stand 03.12.2020, 1:52 Uhr

Ingolstadt (reh) Ein derart langwieriges Verfahren hat Amtsrichter Jochen Bösl selten erlebt. Seit September verhandelt er am Schöffengericht nun schon einen Untreuevorwurf gegen einen selbstständigen Ingenieur aus Ingolstadt und einen Werkzeugmacher, der wegen Beihilfe dazu angeklagt ist.

Ein Beweisantrag nach dem anderen zog den Prozess in die Länge. Nach knapp fünf Monaten nähert er sich dem Ende. Am Freitag trugen Oberstaatsanwalt Christian Veh und die beiden Verteidiger Joachim Schwarzenau und Maik Watermann ihre Anträge vor. Am übernächsten Montag, 13. Februar, wird Bösl mit seinen beiden Schöffinnen das Urteil verkünden.

Sie müssen noch einmal viele Fakten werten. Der Aktenberg ist gewaltig. Es geht ja auch um einiges: Das zeigte sich in den Forderungen der beiden Seite. Während die Rechtsanwälte auf einen Freispruch hinauswollen, will Veh die Angeklagte hinter Gittern sehen. Er beantragte Freiheitsstrafen von zwei Jahren und neun Monaten beziehungsweise zwei Jahren und drei Monaten. Das sei angemessen für die Schadenshöhe.

150 000 Euro soll der 53-jährige Ingenieur in die eigene Tasche gewirtschaftet und damit seinen Mitgesellschafter hintergangen haben. „Wir waren wie ein altes Ehepaar“, sagte jener ehemalige Co-Chef des Autozulieferbetriebs vor Gericht. Inzwischen sind sich beide spinnefeind und beharkten sich auch in einem Zivilprozess. Wie die Staatsanwaltschaft dem Ingenieur vorwirft, hat er zum Schein den Werkzeugmacher engagiert und sich durch dessen fingierte Rechnungen das Geld ergaunert haben – was die Angeklagten aber vehement abstreiten.

Auslöser für den Fall war ein Großauftrag von BMW im Jahre 2007, den das Ingolstädter Konstruktionsbüro als Subunternehmer des Produktionsentwicklungskonzerns EDAG übernommen hatte. Sie sollten die Mittelkonsole und eine Instrumententafel für das 6er Cabrio von BMW entwerfen. Der Werkzeugmacher soll angeblich wertvolle Tipps gegeben haben, „aber kein Ratschlag, der die Rechnung in dieser Höhe rechtfertigt“, ist Oberstaatsanwalt Veh überzeugt. Mit vielen Zeugen wollten die Verteidiger aufzeigen, dass der Betrag durchaus brachenüblich ist.