Ilmmünster
15 Ukraine-Flüchtlinge kommen im Pfarrheim von Ilmmünster an

Olga Brix und ihre vier Fahrer schaffen 5,5 Tonnen an medizinischen Hilfsmitteln und Babynahrung in die Ukraine

06.03.2022 | Stand 23.09.2023, 0:03 Uhr
Mit einer warmen Mahlzeit wurden die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine im Ilmmünsterer Pfarrheim willkommen geheißen. Am Sonntagnachmittag kamen acht Kinder, sechs Frauen und ein Mann zusammen mit Olga Brix (hinten, von rechts), Reinhard Kienberger und Matthias Gigl (hinten, links) in den Landkreis. −Foto: Ermert

Ilmmünster - Acht Kinder, sechs Frauen und einen älteren Mann haben Olga Brix und ihre Mitstreiter auf dem Rückweg von ihrem Hilfstransport in die Kriegsregion aus der Ukraine zurück in den Landkreis Pfaffenhofen gebracht. "Wir hätten gerne noch viel mehr mitgenommen. Aber das ging leider nicht", kommentierte die Pfaffenhofener Kinderzahnärztin das Ergebnis der Aktion am Wochenende.

Zusammen mit Reinhard Kienberger, Matthias Gigl, Christian Müller und Ronny Münch ist Brix den jeweils 1200 Kilometer langen Hin- und Rückweg an die polnisch-ukrainische Grenze angegangen. Mit zwei Transportern und 5,5 Tonnen an medizinischem Material, Kleidung und Kindernahrung, die ihr der Babynahrungshersteller Hipp kurzfristig gespendet hatte. "Grob überschlagen liegt der Warenwert bei 80000 Euro", bilanzierte Brix.

Das Netzwerk, über das die Hilfsmittel nach Kiew und in den hartumkämpften Osten des Landes transportiert werden, hat Brix selbst geknüpft. "Es war ein Riesenkraftakt, aber es hat super funktioniert", sagte sie nach der Rückkehr. Leider nicht geklappt hat die Kooperation mit einem ukrainischen Waisenhaus, das aufgrund der kriegerischen Handlungen evakuiert werden musste. "Sie können Helfern die Kinder nur anvertrauen, wenn deren künftige Wohnadresse und die Namen der Betreuer verifiziert werden können", erläuterte Brix. So gerne sie den Mädchen und Buben geholfen hätte, so groß ist ihr Verständnis für die Vorsichtsmaßnahme. "Ansonsten wäre dem Menschenhandel mit Kindern Tür und Tor geöffnet."

Trotzdem kehrten die Medizinerin und ihre vier Fahrer nicht ohne Begleitung zurück. In einem Auffanglager an der polnischen Grenze freuten sich 15 Flüchtlinge über den Reisebus, den die Truppe organisieren konnte. Nach der 17-stündigen Hinfahrt und "einem absoluten Chaos in diesem umfunktionierten Einkaufszentrum, in dem die Flüchtlinge untergebracht wurden", so Reinhard Kienberger, setzte sich die Odyssee fort. Über Tschechien ging es nach Bayern - und kurz vor 14 Uhr fiel mit der Ankunft im Ilmmünsterer Pfarrheim die ganze Last von der Truppe ab. Aufgekratzt, übermüdet, aber glücklich begleiteten sie die ukrainischen Frauen und deren Kinder in ihre vorübergehende Bleibe. "Sie sind da. Es ist alles gut gegangen. Es ist nur ein kleiner Beitrag. Aber hoffentlich einer von ganz vielen. Und nur so kommt am Ende etwas Großes dabei heraus", resümierte Matthias Gigl einen Wochenendtrip, den er wohl nie vergessen wird.

Der Bericht aus der Krisenregion fällt ernüchternd aus. "Die Ukraine ist völlig abgeschnitten", sagt Kienberger. "Die Menschen dort brauchen einfach alles." Abertausende würden an den Grenzen darauf warten, in den Westen gebracht zu werden. "Lauter Frauen und Kinder, es bricht einem das Herz", fügt Gigl an. Mit einem Schild, auf dem "München" stand, und einer Deutschlandfahne suchten die beiden nach Flüchtlingen, die ihnen Vertrauen schenkten. Ermöglicht hatte deren Mitnahme ein Schreiben, das Kreisrat Markus Käser und Landrat Albert Gürtner gemeinsam erstellten. "Da trifft deutsche Bürokratie auf Krieg, und das geht nicht besonders gut zusammen", beschreibt Käser die Probleme, die sich der Hilfstruppe stellten.

Kienberger berichtet von unzähligen Gruppen im Grenzgebiet, die Hilfsmittel bringen und Flüchtlingen eine Mitfahrgelegenheit anbieten. "Lauter Private. Feuerwehren. Oder Altenheime. Aus ganz Europa. Bis aus Spanien. Und das ist weit von dort bis in die Ukraine", sagte er. Aber Hauptsache diese erste Mission aus dem Kreis Pfaffenhofen habe funktioniert. Fertig sei er damit nicht, versicherte Kienberger. "Wir haben einen ersten Eindruck. Und Connections gesammelt. Jetzt können wir richtig helfen. Und machen einfach weiter. Immer weiter."

Organisierte Hilfe:

Etwa 130 ukrainische Landsleute sind im Landkreis gemeldet. Alle wurden um Mithilfe gebeten. "Sie können dolmetschen, bei Formularen helfen - und für die Geflüchteten da sein", hofft Landrat Albert Gürtner.

Der Landkreis hat nicht nur ein Spendenkonto eingerichtet, er sucht auch weitere Unterkünfte. "Das Ankerzentrum in Oberstimm ist mit 1200 Flüchtlingen voll", weiß Gürtner. Die 15 Kinder und Frauen im Ilmmünsterer Pfarrheim seien nur "das erste Tröpfchen". Bereits am Montag wird ein erster Bus voller Ukrainer in Pfaffenhofen erwartet, die auf dezentrale Unterkünfte verteilt werden sollen. "Wir erwarten eine Welle, die noch größer ist als wir sie 2015 erlebt haben."

In der Pfaffenhofener Kunsthalle richtet Markus Käser eine zentrale Sammelstelle ein. Sie soll am Mittwoch öffnen und werktags von 17 bis 20 Uhr, am Wochenende von 13 bis 18 Uhr geöffnet sein. Betrieben wird sie von Ehrenamtlichen, etwa aus dem Kleiderkammer-Team. Eine Liste, welche Sachspenden benötigt werden, wird erstellt. Für die Transporte will Käser diverse Hilfsorganisationen mit ins Boot holen.

PK

Patrick Ermert