Neuburg
Neues vom Freiherrn von Flachslanden

Historiker Markus Nadler erforschte das Leben eines Weitgereisten – Schloss Hessellohe war sein Landsitz

29.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:11 Uhr
Rainer Hamp

Auf den Spuren des Freiherrn: Schlossbesitzer Josef Hubbauer mit einem Bild Flachlandens; links neben ihm Historiker Markus Nadler, außen Jörg Marquard (links) und Joachim Ratz vom Heimatmuseum in Dätzingen. Sie gaben eine Grabplatte des Freiherrn zurück. Fotos: Hamp

Von Rainer Hamp

Neuburg – Im Englischen Garten in Neuburg gibt es eine Flachslandenstraße. Aber kaum jemand kann sich unter der Person, die dahintersteckt, etwas vorstellen. Markus Nadler, Historiker und Ausschussmitglied des Historischen Vereins, hat nachgeforscht und Erstaunliches über Johann Baptist Freiherrn von Flachslanden herausgefunden, der auf dem Friedhof im Stadtteil Ried vor 200 Jahren beerdigt wurde.

Anlässlich dieses bedeutenden Todesjahres Flachslandes breitete Nadler mit einem Vortrag seine Erkenntnisse im Hesselloher Schlösschen vor rund Hundert Gästen aus. Zunächst begrüßte der Schlossherr Josef Hubbauer die Gäste – darunter Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU), Ehrenbürger Anton Sprenzel, Pfarrer Herbert Kohler, etliche Stadträte und Stadtführer sowie die Vertreter des Heimatmuseums im baden-württembergischen Dätzingen, Jörg Marquard und Joachim Ratz.

In seinem Grußwort streifte der OB kurz die Geschichte des Schlösschens Hessellohe, dessen Ursprung bis 1327 zurückreicht, von 1808 bis 1822 dem Freiherrn Flachslanden gehörte, 1998 durch einen Brand zerstört, aber durch die Tatkraft des jetzigen Besitzers Josef Hubbauer und mit Unterstützung der Stadt Neuburg, des Freistaats Bayern und mit EU-Geld wieder aufgebaut werden konnte.

Danach berichtete Markus Nadler über den Freiherrn von Flachslanden. Geboren wurde er 1739 im Elsaß und kam bereits mit vier Jahren zum Malteserorden. Dabei handelt es sich um einen 1099 gegründeten Kreuzfahrerorden, der im 18. Jahrhundert auf Malta seinen Hauptsitz hatte, aber in ganz Europa verbreitet war. Mit 17 Jahren reiste Flachslanden nach Malta, wurde dort in der Seefahrt ausgebildet und nahm an vier „Karawanen“ teil, die nichts anderes als Kriegszüge auf dem Mittelmeer waren.

Es ging gegen Piraten und gegen Ungläubige, das Osmanische Reich war ein Hauptgegner. Lösegelderpressung war ein lukrativer „Geschäftszweig“, wie Nadler berichtete. Flachslanden war so erfolgreich, dass er schon mit 29 Jahren zum Generalkapitän ernannt wurde. Er kehrte nach Europa zurück und baute nun Verbindungen zu Herrschern in Frankreich, Russland und den deutschen Staaten, auch Bayern, auf. 1789 war er Mitglied der Generalstände in Versailles bei Paris, verließ aber noch vor Ausbruch der Revolution Frankreich und kam im Jahre 1797 nach Bayern.

Kurfürst Karl Theodor genehmigte ihm 1800 eine Großballei in Neuburg, also eine Niederlassung des Malteserordens. Er wohnte nun hier und ließ das Hesselloher Schlösschen als seinen Landsitz ausbauen. Dabei entstanden große Gartenanlagen, Gewächshäuser und auf einer künstlichen Anhöhe hinter dem Anwesen ein Chinesischer Turm. Davon ist heute nichts mehr zu sehen.

Hier starb der Freiherr im März 1822 und wurde in Ried begraben. Eine Grabplatte, auf der eine lange Liste seiner Befugnisse steht, befindet sich seit Langem im Schlösschen, eine zweite verschwand vor 25 Jahren und ist im Dätzinger Heimatmuseum wieder aufgetaucht. Dätzingen, etwa 25 Kilometer südwestlich von Stuttgart, war ebenfalls ein Aufenthaltsort des Freiherrn. Über die Umstände des Verschwindens und Wiederauftauchens der Platte weiß man weder in Neuburg noch in Dätzingen Genaueres, versichern jedenfalls unisono Josef Hubbauer, Jörg Marquard und Joachim Ratz. Mit Übergabe der Platte endete die Veranstaltung, die durch drei Auftritte des Chores „Windrose“ unter der Leitung von Werner Lecheler begleitet wurde.

DK