Mit mehr Platz und Auslauf
Familie Nutz in Berching investiert in neuen Stall: Den Kühen soll es besser gehen

08.08.2022 | Stand 22.09.2023, 7:04 Uhr

Johann Paulus und Harald Gebhardt (v.l.) vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten besuchen Familie Nutz auf ihrem Hof. Sie stehen vor dem neuen Stall. −Fotos: Marie Nebel

Von Marie Nebel

Staufersbuch. Es ist heiß, sehr heiß – auch oben auf dem Hügel in Staufersbuch bei Berching. Die Kühe, die auf dem Hof der Familie Nutz leben, haben sich in den Stall zurückgezogen – die Hitze draußen mögen sie nicht.



Träge liegen sie im Stroh. Nur kurz recken sie die Köpfe, als der jüngste Sohn von Christian und Stephanie Nutz über den langen Mittelgang springt. Die Familie hat für das Wohl ihrer Tiere viel Geld in die Hand genommen – und damit in die Zukunft investiert.

Bereits in der vierten Generation führt Christian Nutz den Milchvieh-Betrieb. Auch sein Vater Johann ist noch mit dabei. Im Stall erinnert er sich an seine eigenen Anfänge. Zunächst sei der Hof mitten im Ort gelegen. Irgendwann habe sich die Familie dann entschieden, auf den Hügel umzuziehen. Während er erzählt, fliegen Schwalben, die im Gewölbe ihre Nester gebaut haben, in waghalsigen Manövern durch den Stall. Dieser sei 1995 gebaut worden, erinnert sich der Senior. 2003 habe die Familie ihn erweitert und 2012 abermals angebaut.

Bei Hitze bleiben die Kühe drinnen

Johann Nutz lässt den Blick zum Stallende schweifen. Die Kühe haben sich inzwischen wieder dem Wiederkäuen zugewandt. Wenige von ihnen haben sich durch das geöffnete Tor hinaus ins Freie gewagt. „Ab etwa 20 Grad ist es ihnen zu warm, dann bleiben sie lieber drinnen“, erklärt Nutz. Sprenkleranlagen und Ventilatoren an der Decke sorgen hier für etwas Abkühlung. Und auch Streicheleinheiten gibt es: Über die Stalltore hinweg, krault Johann Nutz‘ Enkelsohn einem Tier die Stirnlocke.

Schräg gegenüber des alten Gebäudes steht inzwischen ein weiterer Stall. 1,3 Millionen Euro hat der Neubau gekostet. Unterstützung erhielt Familie Nutz dafür vom Freistaat Bayern, der einen Teil der Kosten übernahm. In Betrieb ist der neue Stall noch nicht. In einem abgetrennten, mit Heu ausgelegten Bereich stehen aber schon fünf Kühe.

„Das ist unser Special needs-Bereich“, erklärt Christian Nutz. Hier, in einem abgetrennten Bereich für Tiere mit besonderen Bedürfnissen, sei Platz für trächtige Kühe oder solche, die gerade Kälber gekriegt haben. Ein bisschen mehr Ruhe gebe es für die Tiere hier, erklärt der Landwirt.

Für Johann Paulus vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) ist die Einrichtung eines solchen Special-needs-Bereichs ein wichtiges Element, wenn es um das Tierwohl geht. Größere Laufflächen und Strohbereiche, Licht sowie Auslauf ins Freie gehörten ebenfalls dazu, sagt er.

Paulus berät Landwirte im Raum Amberg-Neumarkt und kennt zahlreiche Höfe in der Gegend. Er sagt: „Die Tierhaltung spielt in vielen Betrieben eine ganz wichtige Rolle.“

Etwa 700 Milchviehbetriebe gibt es im Zuständigkeitsgebiet des AELF Amberg-Neumarkt. Gut 80 Prozent der Kühe werden in Laufställen gehalten. Etwa jede fünfte Kuh lebt noch in einem Betrieb, in dem sie angebunden ist. Trotzdem: Vergleiche man die Situation mit früher, habe sich vieles zum Positiven gewendet, sagt Harald Gebhard, Leiter des AELF Amberg-Neumarkt.

Zu wissen, wo die Milch, die Wurst und das Ei auf dem Frühstückstisch herkommen, sei Verbrauchern zunehmend wichtig, sagt sein Kollege Paulus. Dass ihre Tiere ein gutes Leben haben, sei vor allem für die Landwirte selbst ein echtes Herzensanliegen.

Das Problem: „Ein Mehr an Tierwohl bedeutet oft erheblich mehr Aufwand und Kosten, die meistens von den landwirtschaftlichen Betrieben nicht so einfach zu stemmen sind.“ Für mehr Platz pro Tier, Einstreu und den Zugang zu Auslauf im Freien müssten vorhandene Ställe umgestaltet, aufgerüstet oder – wie auf dem Hof der Familie Nutz – neu gebaut werden. Solche Maßnahmen, die das Tierwohl steigern, unterstützt der Freistaat mit Investitionszuschüssen von bis zu 40 Prozent.

Freistaat hilft Landwirten mit einer Prämie

Investitionsförderung alleine reicht jedoch noch nicht aus. Daher startete Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber bereits im Juni das rein aus bayerischen Landesmitteln finanzierte Bayerische Tierwohlprogramm BayProTier. Damit wird der notwendige Mehraufwand durch eine jährliche tierbezogene Prämie ausgeglichen. Die Initiative soll für mehr Tierwohl in bayerischen Ställen sorgen und – indem sie Planungssicherheit schafft – Landwirten eine langfristige Perspektive bieten.

Langfristig gedacht hat auch Familie Nutz. „Mit so einem Stall plant man als Landwirt die nächsten 20 bis 25 Jahre“, erklärt Paulus. Ein Landwirt gehe davon aus, dass sich die Investition in der Zeit auch amortisiert habe.

Den insgesamt 300 Tieren auf ihrem Hof mehr Auslauf und Platz zu bieten, sei schon lange ein Thema im Familienbetrieb gewesen, erzählt Nutz: „Wir wollen, dass es den Tieren besser geht.“ Auch das Melken werde im neuen Stall einfacher. Sowieso gelte: Tue man als Landwirt den Tieren etwas Gutes, verbessere man auch die eigene Arbeitsqualität.