Zell
Nur zwei Spezialistinnen sind stärker

Nicole Bretting kann mit Platz drei bei der Ironman-70.3-Weltmeisterschaft hervorragend leben

31.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:51 Uhr

Schnell unterwegs im Zeller See: Nicole Bretting stellte am Sonntag eine neue persönliche Bestzeit auf der 1,9-Kilometer-Schwimmdistanz auf. Das gesamte WM-Rennen in der Ironman-70.3-Disziplin beendete sie dann nach exakt 5:00:24 Stunden - Foto: R. Bretting

Zell am See/Hohenwart (SZ) So ist es eben, das harte Los einer Triathletin. So landete Nicole Bretting gerade erst, an diesem Sonntagabend, auf dem Bronzerang bei einer Weltmeisterschaft – aber nichts da mit einem riesigen Empfang, mit großen Feierlichkeiten, mit lockerem Entspannen nach all den Strapazen im österreichischen Zell am See. Stattdessen ging’s für die Hohenwarterin schon gestern Vormittag aus dem Pinzgau zurück ins Paartal – und am heutigen Dienstag wartet bereits wieder gnadenlos ihr Schreibtisch auf sie.

Ob Bretting dann den soeben gewonnenen WM-Pokal, hübsch mit einem Edelweiß dekoriert, in Sichtweite aufstellt? Wohl eher nicht. Die Erinnerungen an die Tage, an den Wettkampf im Salzburger Land sind ja auch so noch frisch genug. Und wenn die Hohenwarterin so zurückblickt, schmunzelt sie – durchaus zufrieden, stolz, glücklich. „Ich brachte in Zell am See meine optimale Leistung, mehr ging einfach nicht“, berichtet die 43-Jährige. Nur das zählt für sie – und nicht die Platzierung, die sie letztlich erreichte.

Natürlich wäre sie jetzt auch in der Ironman-70.3-Disziplin gerne Weltmeisterin in ihrer Altersklasse W40 geworden – genau so, wie es ihr im Oktober 2014 bereits über die klassische Distanz auf Hawaii gelungen war. „Aber ich kann doch jetzt nicht ernsthaft darüber enttäuscht sein, dass ich in Anführungszeichen nur Drittbeste geworden bin. Es waren in Zell am See einfach zwei Konkurrentinnen klar stärker als ich, das gilt es anzuerkennen, so ist eben der Sport.“

Nein – Bretting hat definitiv keinen Grund, traurig zu sein. Schon beim anfänglichen Schwimmen, bei den 1,9 Kilometern durch den Zeller See, bewies die Versicherungskauffrau eindrucksvoll, dass sie sich bestens auf den WM-Wettbewerb im Salzburger Land vorbereitet hatte. So kam die 43-Jährige nach nur 30:35 Minuten wieder aus dem Wasser – eine neue persönliche Bestzeit für sie auf dieser Strecke.

Auf ihrer Paradedisziplin, dem Radfahren, gab Bretting dann endgültig Gas. „Ich war auf den 90 Kilometern quasi nur am Überholen“, erzählt sie: „Ich fühlte mich wirklich super und hätte die Strecke danach ruhig nochmals zurücklegen können, ohne groß langsamer zu werden.“ Anderen ging es dagegen nicht so gut. Bei Weitem nicht, denn der Radparcours erwies sich als ausgesprochen selektiv, als höchst schwierig – als einer Weltmeisterschaft hundertprozentig würdig. „Gerade beim Aufstieg den Hochkönig hinauf spielten sich regelrechte Dramen ab“, berichtet Bretting. Immer wieder mussten hier eigentlich hoffnungsvoll gestartete Triathlet(inn)en aufgrund der Steilheit des Berges absteigen – und die große Hitze an diesem Nachmittag wirkte in diesem Zusammenhang auch nicht gerade hilfreich.

Der Hohenwarterin war’s allerdings egal. Sie hatte keine Probleme mit den Steigungen, keine Schwierigkeiten mit den zum Teil extrem gefährlichen Abfahrten – und auch die Passagen, in denen es einfach nur gerade dahinging, machten ihr eine Menge Spaß. Die logische Konsequenz daraus: In 2:38:33 Stunden erreichte sie die absolute Rad-Bestzeit in ihrer Altersklasse – und ging somit sogar als Gesamtführende auf den abschließenden Halbmarathonlauf, auf die letzten 21,1 Kilometer dieses Wettkampfes.

„Allerdings wurde mir da sehr schnell klar, dass der Vorsprung, den ich mit dem Rad herausgefahren hatte, nicht groß genug war, um bis zum Schluss vorne zu bleiben“, erzählt Bretting. In der Tat: Die spätere Siegerin Marlies Kort (Antigua und Barbuda) rauschte sehr bald an ihr vorbei , die Schweizerin Sandra Patt ebenfalls – „und ich hatte wirklich keine Chance, ihnen auch nur annährend zu folgen“, räumt die Hohenwarterin fair ein: „Kort sowie Patt sind eben absolute Spezialistinnen in dieser Ironman-70.3-Disziplin.“

Bretting hingegen ist eher eine Allrounderin, die auch gerne auf der klassischen Distanz (3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, 42,195 Kilometer Laufen) ihre Erfolge feiert. Also blickte sie am Sonntagabend, auf Platz drei liegend, gar nicht mehr groß nach vorne („Ich hätte sowieso keinen Schritt schneller zurücklegen können“). Für die Hohenwarterin ging’s fortan nur noch darum, den Bronzerang zu sichern – was ihr am Ende eben auch souverän gelang. „Nein, es gibt keinen Grund, mich zu beschweren“, sagt sie nun lächelnd.

Obwohl: Die 1:41:28 Stunden, die sie insgesamt auf der Laufstrecke verbrachte, gefallen ihr dann doch nicht hundertprozentig. „Bei der EM 2014 in Wiesbaden brauchte ich nur knapp über 1:30 Stunden für die 21,1 Kilometer“, erinnert sie sich nachdenklich: „Aber andererseits kann man die Strecke von damals überhaupt nicht mit der jetzigen hier in Zell am See vergleichen. Die heuer war wahrlich um einiges anspruchsvoller.“ Also blickt Bretting doch wieder zufrieden drein. Sie, die frisch gebackene WM-Dritte, die am heutigen Dienstag sofort wieder am Schreibtisch sitzen muss.