Olympische Beobachtungen: Kultgetränk Wodka

21.02.2014 | Stand 02.12.2020, 23:02 Uhr

Lange Zeit habe ich Wodka gemieden. Schnäpse sind meine Sache nicht unbedingt und wenn mir früher jemand eine, sagen wir, Flasche Willi geschenkt hat, hielt die ihre zwei, drei Jahre. Mit dem Wodka ist das eine andere Sache.

Eine meiner ersten Begegnungen mit dem russischen Nationalgetränk war vor etwa 20 Jahren, als Freunde meiner Frau in Deutschland ein Auto gekauft haben, was natürlich begossen werden musste. Sie waren zu zweit, wir waren zu zweit. Sie hatten zwei Flaschen dabei. Ich holte die Schnapsgläschen heraus, die Russen füllten sie, sagten einen passenden Spruch über die Qualität deutscher Autos, wir stießen an und tranken aus. Danach wandten sich die Freunde an meine Frau: „Ludmila, hol doch jetzt bitte die richtigen Gläser raus.“
 
Wodka ist in Russland so etwas wie ein Kultgetränk. Es kommt zu gesellschaftlichen Anlässen auf den Tisch; wer allein trinkt, gilt als Alkoholiker. Es wird auch nicht einfach so hinuntergekippt, sondern es muss ein Trinkspruch vorausgegangen sein. Eine gängige Größe können 100 Gramm sein, etwa 0,1 Liter. Meist ist es aber weniger. Guter Wodka, das Wort kommt von Woda (Wasser), wird aus Roggen sehr sorgfältig destilliert. Fuselöle fehlen praktisch völlig. Bei einem Gebräu aus Kartoffeln, das auch Wodka heißt, schüttelt es den echten Russen. Mein Schwiegervater hat mal einen mitgebracht. Am nächsten Morgen bemerkte er über einen starken Kaffee: „Josef, was haben wir da für einen Dreck getrunken!“.
 
Guter Wodka macht nämlich keinen Kater. Auch nicht bei größeren Mengen. Man darf nur nicht den Fehler machen, ihn mit anderen alkoholischen Getränken zu mischen. Dann sind die Folgen verheerend. Es heißt, dass die Russen ein gutes Stück weniger lang leben als andere Europäer, wegen des Wodkas. Das sei statistisch erwiesen. Ich will das nicht in Zweifel ziehen, aber viele Betrunkene habe ich in Russland nicht gesehen, und jetzt bei den Olympischen Spielen gar keinen. In den Stadien selbst ist Alkohol verboten, auf dem Gelände bekommt man nur Bier und ich selbst habe hier noch keinen Tropfen konsumiert. Zuhause werde ich das nachholen.
 
Unser Redakteur Josef Bartenschlager kennt Sotschi seit den 90er Jahren.