Kailua-Kona
"Ich habe noch nie so sehr gelitten"

Frodeno verteidigt seinen Triumph beim Ironman Hawaii Kienle und Lange komplettieren deutsches Podium

09.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:12 Uhr

Kailua-Kona (DK) Jan Frodeno hat zum zweiten Mal den Ironman auf Hawaii gewonnen. Der 35-Jährige lag im Ziel etwas mehr als dreieinhalb Minuten vor Sebastian Kienle. Dritter wurde Hawaii-Debütant Patrick Lange aus Bad Wildungen und machte damit das erste deutsche Podium seit 1997 perfekt.

Dieser Triumph war für Lucca - und ein wenig auch für Muhammad Ali. Jan Frodeno bespaßte mit dem traditionellen Siegerkranz von Hawaii auf dem Haupt seinen kleinen Sohnemann. Frodeno junior war erstmals mit auf Hawaii bei Papa Ironman, dem erneut härtesten Eisenmann aller Eisenmänner weltweit, dem Titelverteidiger der Ironman-Weltmeisterschaft.

Unter dem Motto "Burning for Kona" war der Frodo-Clan auf der Pazifik-Insel angetreten, im Ziel wurde Frodeno von seiner Frau Emma empfangen. Da lag die Hölle gerade hinter ihm. 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und abschließend ein Marathonlauf durch den Backofen von Big Island. Der große Favorit wirkte nach der 8:06:30 Stunden langen Tortur im Urlauberparadies im Pazifischen Ozean erleichtert. Mehr jedoch darüber, dass es vorbei war, als über seinen erneuten Triumph vor seinem Dauerrivalen und einzig echten Herausforderer Sebastian Kienle, dem Champion von 2014. "Ich habe noch nie so sehr gelitten, wollte einige Male abbiegen und einfach nur nach Hause", meinte Frodeno. "Aber so ist es halt auf Hawaii, du darfst nie aufgeben. Der Plan ist aufgegangen, obwohl ich mehrmals gedacht habe, dass es nicht so kommt", sagte der gebürtige Kölner.

Es war eine Grenzerfahrung für den 35-Jährigen, physisch wie psychisch. Der Klassiker von Kailua-Kona fand am heißesten, schwülsten und luftfeuchtesten Tag der Woche statt. Jan-Frodeno-Wetter. Ihm kann es nicht heiß genug sein. Und so blieb Kienle nur die Rolle als "erster Verfolger von Jan". Der 32-Jährige aus Mühlacker hatte im Ziel auf dem Ali'i Drive etwas mehr als dreieinhalb Minuten Rückstand, nachdem das Duo zu Beginn des Marathons ein paar Kilometer Seite an Seite gelaufen war und sogar ein wenig geplaudert hatte. Als Dritter konnte sich der sensationell starke Hawaii-Debütant Patrick Lange aus Bad Wildungen feiern lassen.

Im Ziel wurde der 30-Jährige von seinen Gefühlen überwältigt und erhielt von den Fans den meisten Applaus. Frodeno hatte seine Bestätigung, Kienle seine Enttäuschung und Lange seine Überraschung - bei seinem zweiten Ironman überhaupt und seiner Premiere auf Hawaii. "Ich war sehr nervös vorher, wusste nicht genau, was mich erwartet, wollte unter die Top 15 kommen", stammelte Lange überglücklich. "Platz drei hätte ich nie erwartet. Es fühlt sich alles so irreal an, ich bin so happy." Auch wegen seines unerwartet geknackten Marathon-Streckenrekordes. In 2:39:45 Minuten war Lange, der vom früheren Hawaii-Champion Faris Al-Sultan betreut wird, um 19 Sekunden schneller als der US-Amerikaner Mark Allen 1989. Dies war Lange in Anwesenheit eines seiner Vorbilder fast schon peinlich. Ist er der kommende Star der Szene? Auch Frodeno wurde bei seinem Kona-Debüt 2014 Dritter.

Für die Deutschen wurde es ein "Sweep" wie die Amerikaner sagen, ein rein deutsches Podium - das erste Mal seit 1997. Mit Andreas Böcherer als Fünftem und Boris Stein als Siebtem kamen zwei weitere Deutsche unter die Top Ten, ein schwarz-rot-goldenes "Hawaiinachten". "Wahnsinn, was da abging", sagte Frodeno und gratulierte: "Langes Zeit im Marathon ist absolut beeindruckend. In Deutschland boomt die Sportart, wir erleben goldene Zeiten. Das wird in den nächsten Jahren auf jeden Fall sehr, sehr spannend." Der 35-Jährige hat Geschichte geschrieben: Er ist nun der zweite Deutsche nach Normann Stadler (2004/2006), der den Klassiker zweimal gewinnen konnte, und der erste Deutsche, dem die Titelverteidigung gelang.

Auch, weil ihn Muhammad Ali inspiriert hat. "Es gibt einen Spruch von ihm, der mich motiviert", verriet Frodeno. Daher steht auf dem Rahmen seines Zeitfahrrads: "Conceive. Believe. Achieve." Frei nach dem Leitsatz der 2016 verstorbenen Box-Legende: "Wenn mein Kopf es sich ausdenken kann, wenn mein Herz daran glauben kann - dann kann ich es auch erreichen." Frodeno hat es geschafft.