Kühbach
Griff nach dem Weltmeistertitel

Tina Rupprecht will am 2. Dezember in Kühbach ein kleines Stück deutsche Boxgeschichte schreiben

16.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:12 Uhr
Ihr bislang letzter Coup: Gegen die Venezolanerin Luisana Bolívar (l.) gewann Tina Rupprecht (r.) am 7. Mai in Königsbrunn die IBO Minimumweight Intercontinental Championships. −Foto: S. Kerpf

Kühbach (SZ) Großer Boxsport im kleinen Kühbach? Am 2. Dezember ist es tatsächlich so weit, dann nämlich geht es in der dortigen Stockschützenhalle um wichtige Titel. Sogar eine neue Weltmeisterin wird bei dieser Gelegenheit gekürt - die, so hoffen zumindest die Veranstalter, am Ende bitte schön Tina Rupprecht heißen wird.

 

 

"Eine Box-WM ist in dieser Gegendja nichts Alltägliches - und genau darauf bauen wir ein bisschen."

Marketingchef Manuel Grötschl von "Haan Promotion"

 

Was für ein sympathisches Lächeln. Und das Hobby dieser 25-jährigen Blondine soll es wirklich sein, mit den Fäusten möglichst effektiv irgendwelche Gegnerinnen zu treffen? Kaum vorstellbar. Aber die Augsburger liebt das in der Tat. Schon seit ihrem zwölften Lebensjahr boxt sie - leidenschaftlich, ehrgeizig, ein klares Ziel verfolgend. Rupprecht will schlichtweg die Beste sein - in der sogenannten "Minimumweight"-Gewichtsklasse, bei die Damen nicht schwerer als 47,627 Kilogramm sein dürfen.

Ja, die nur 1,52 Meter große Lehramtsstudentin ("Im März schreibe ich mein Staatsexamen") wirkt auf den ersten Blick zierlich. Aber sie ist eben auch bis in die letzte Faser ihres Körpers austrainiert. Ein Schlag von ihr, und bei nahezu jenem Mann würden wohl sprichwörtlich die Lichter ausgehen.

Am 2. Dezember nun soll das aber zunächst einmal bei Anne Sophie Da Costa der Fall sein - also bei jener Französin, die der Schwäbin im Kühbacher Ring gegenüberstehen wird. Es geht dann um dem WBC-Interims-Weltmeistertitel. Und "Tiny Tina", die "winzige Tina", will diesen Gürtel. Unbedingt.

Aber weshalb ist dieser Boxabend - im Rahmen der Veranstaltung, die um 19 Uhr beginnt, werden insgesamt sieben Kämpfe ausgetragen - ausgerechnet in Kühbach? Bei der Beantwortung dieser Frage kommt Stefan Schneider ins Spiel, der Vorsitzende des örtlichen TSV. Er berichtet davon, dass vor einigen Monaten der ehemalige Augsburger Fußballprofi Michael Wenczel auf ihn zugekommen sei - wissen wollend, ob es denn im Wittelsbacher Land nicht irgendwo eine schöne Halle für eine professionelle Boxveranstaltung geben würde. "Daraufhin brachten wir eben alles relativ schnell in die Wege", so Schneider lächelnd.

Rund 1000 Sitzplätze soll die TSV-Stockschützenhalle an jenem 2. Dezember bieten. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir sie voll bekommen", sagt Marketingchef Manuel Grötschl vom Haan-Boxstall, der das Event ausrichtet: "Der Vorverkauf ist jedenfalls schon sehr gut angelaufen. Eine Box-WM ist in dieser Gegend ja nichts Alltägliches - und genau darauf bauen wir ein bisschen."

Rupprecht sitzt daneben - und lächelt weiterhin. Kühbach - für sie bislang unbekannt? Natürlich nicht. Ihr Freund, Tobias Wieland, kickt schließlich für den benachbarten TSV Inchenhofen in der Kreisklasse Aichach. Aber in so einem kleinen Ort, das muss die Profiboxerin schließlich doch zugeben, sei sie noch nie zu Wettkampfzwecken in den Ring gestiegen. "Das wird schon cool", ist sich die 25-Jährige sicher.

Und das Ganze soll bitte schön keine einmalige Sache bleiben - zumindest, wenn es nach Alexander Bertsch, dem Manager von "Haan Promotion" geht: "Die Vorgespräche mit den Kühbacher Verantwortlichen verliefen ausgesprochen ruhig, angenehm und sehr vertrauensvoll. Wenn der Abend am 2. Dezember einigermaßen gut läuft, würde wir diese Zusammenarbeit selbstverständlich gerne fortsetzen."

Am Besten natürlich dann mit Rupprecht als neuer WBC-Interimsweltmeisterin im "Minimumweight" beziehungsweise Strohgewicht, wie diese Klasse ebenfalls genannt wird. Und die Augsburgerin arbeitet hart für ihren Erfolg. So war sie mit ihrem Trainer Alexander Haan gerade erst acht Tage lang in Woronesch - um sich dort, fernab der Heimat, rund 490 Kilometer südöstlich von Moskau, in aller Ruhe auf den WM-Kampf vorzubereiten. Zahlreiche Übungen, zahlreiche Sparringsrunden seien in Zentralrussland auf dem Programm gestanden - wahrlich kein Zuckerschlecken für "Tiny Tina". "Aber das alles hat sehr viel gebracht", betont sie sofort - natürlich wieder mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

"Tina ist eine Malocherin", gibt's von Manager Bertsch sofort ein Kompliment hinterher: "Sie lebt das Boxen - selbst in dem Wissen, dass ihr Weg steinig sein könnte." Der Gewinn des WBC-Silver-Female-Minimumweight-Titels im Oktober 2016 sowie der IBO Minimumweight Intercontinental Championships im Mai 2017 sprangen bisher ja schon für die Augsburgerin heraus. - was zu einem großen Teil natürlich auch an Trainer Haan lag. "Er ist der Papa des Erfolgs", wird Bertsch nicht müde zu betonen: "Seit ihrem zwölften Lebensjahr arbeitet Tina mit ihm intensiv zusammen."

Der so gelobte 37-Jährige nimmt das verbale Zuspiel gerne auf: "Gerade vor den Kämpfen ist es tatsächlich so, dass wir mehr Zeit miteinander verbringen als sie mit ihrem Freund beziehungsweise ich mit meiner Frau." Die physische Vorbereitung sei die eine Seite der Kooperation - die psychologische Einstellung auf die Gegnerin sowie das Event an sich habe seiner Ansicht nach aber mindestens eine ebenso große Bedeutung. Was seinen nur 1,52 Meter großen Schützling besonders auszeichnet? "Tina macht stets viel mehr als alle anderen, ist an ihrer eigenen Entwicklung interessiert und hat vollstes Vertrauen in das, was ich tue", verrät Haan.

"Noch ein paar Gürtel holen, in anderen Ländern boxen sowie auf der Weltrangliste nach oben klettern" - das bezeichnet Rupprecht als ihre vorrangigen Ziele für die Zukunft. "Und ich trete ihr immer wieder in den Hintern, damit das auch klappt", ergänzt Haan sofort - mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Prompt lacht auch die 25-Jährige wieder. Ja, da verstehen sich zwei Personen. Zwei, die noch Großes in nächster Zeit vorhaben.

Zunächst eben gegen die Französin Da Costa in Kühbach. "Es gibt im Boxen zwei mögliche Wege - nämlich einen leichten und einen ehrlichen. Wir bei Haan Promotion gehen lieber den zweiten", sagt Manager Bertsch hinsichtlich der Gegnerinnenauswahl. Was damit exakt gemeint ist? "Ganz einfach, wir wollen von Anfang an die Besten haben, die möglich sind - auch wenn es dadurch für uns selbst schwieriger werden könnte", antwortet Coach Haan.

Sollte Rupprecht die Französin am 2. Dezember besiegen, wäre sie nicht nur WBC-Interimsweltmeisterin in ihrer Gewichtsklasse, sondern zudem erste Herausforderin der aktuellen Weltmeisterin aus Japan. "Selbstverständlich will ich diesen Kampf gegen sie bekommen - völlig egal, wo der dann wäre", sagt "Tiny Tina" mit leuchtenden Augen. Manager Bertsch muss sie da fast schon einbremsen: "So weit ist es freilich noch nicht, wir gehen einen Schritt nach dem anderen. Und den nächsten müssen wir erst einmal in Kühbach erfolgreich hinbekommen."

Womit wir wieder beim Kampfabend am 2. Dezember in der Stockschützenhalle wären. Natürlich, Rupprechts Fight steht hierbei klar im Mittelpunkt - aber auch das restliche Programm mit sechs weiteren Kämpfen kann sich absolut stehen lassen. So geht's unter anderem auch um die Deutsche Interims-Meisterschaft im Supermittelgewicht (bis 76,203 Kilogramm), wenn der Augsburger Roman Hardock auf Jakob Jakobi (Neumünster) treffen wird. Dass sich gerade in seiner Gewichtsklasse eine Vielzahl an namhaften Konkurrenten tummelt - dem 24-jährigen Schwaben ist es durchaus bewusst. An Selbstbewusstsein mangelt es ihm aber nicht. "Ich will der nächste deutsche Weltmeister im Supermittelgewicht werden", sagt er vielmehr: "Ich bin bereits als Amateur eher den steinigen Weg gegangen, ließ mich von Niederlagen nie runterziehen. Ich glaube weiterhin fest an mich und meine Stärke."

Sein Blick hierbei: einfach nur entschlossen. Exakt wie der von Rupprecht, die bei diesen Worten direkt neben ihm sitzt. Am 2. Dezember wollen die Beiden in Kühbach definitiv Taten folgen lassen. Karten für den Boxabend sind übrigens noch unter www.haan-promotion.com oder im Reisebüro Topsonne in Kühbach erhältlich.