Neu-Ulm
Teuer verkauft im Spiel des Jahrzehnts

Zweitligist TV Hilpoltstein unterliegt dem neuen Pokalsieger Borussia Düsseldorf mit 0:3 bejubelt aber zwei Satzgewinne

16.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:47 Uhr

Foto: DK

Neu-Ulm (DK) Der TV Hilpoltstein darf sich trotz einer 0:3-Niederlage im Tischtennis-Pokalfinale Final Four als Gewinner fühlen: Zwei Sätze entschieden die Hilpoltsteiner gegen den Rekordmeister und späteren Pokalsieger Düsseldorf für sich und ließen sich danach von ihren Fans feiern.

"Die ganze Veranstaltung hier war ganz einfach klasse." Sichtlich genoss Hilpoltsteins Team-Manager Bernd Beringer die Atmosphäre und die Rahmenbedingungen in der stattlichen Neu-Ulmer Ratiopharm Arena mit einem Fassungsvermögen von über 3500 Zuschauern. Klar, niemals zuvor in der 51-jährigen Geschichte hatte "sein" TVH die Gelegenheit, mit den stärksten Pokalmannschaften der Republik - neben Rekordmeister Düsseldorf, waren auch der 1. FC Saarbücken und der Post SV Mühlhausen am Start - die Kräfte zu messen.

Doch damit nicht genug: Die Burgstädter zogen auch noch das ganz große Los und siehe da: Ausgerechnet der TV Hilpoltstein, der einzige Zweitligist in diesem erlesenen Feld, durfte im Halbfinale gegen Borussia Düsseldorf antreten. Eine Mannschaft, die seit gut drei Jahrzehnten das Maß aller Dinge im deutschen Tischtennissport verkörpert. Es ist der verdiente Lohn für starke Pokalleistungen der Hilpoltsteiner, die nacheinander Zweitliga-Tabellenführer TSV Bad Königshofen, BV Borussia Dortmund und schließlich sogar den Erstligisten SV Werder Bremen aus dem Wettbewerb gekegelt hatten.

Alles war angerichtet für "unser Spiel gegen Timo Boll", so Beringer. Und Düsseldorf tat dem TV Hilpoltstein den Gefallen und setzte den Ausnahmespieler tatsächlich ein. Ein Zeichen der Hochachtung und ein Signal, dass der Rekordsieger nicht gewillt war, die Burgstädter zu unterschätzen. "Wir gehen hier kein Risiko ein", gab Borussias Cheftrainer Danny Heister die Richtung vor. Neben Boll kamen der Österreicher Stefan Fegerl und der Schwede Kristian Karlsson zum Einsatz. Zwei Klassespieler, die in der aktuellen Weltrangliste auf den Positionen 19 und 24 geführt werden und damit allemal der erweiterten europäischen Spitze angehören. Das ist schon ungewohntes Terrain für die Hilpoltsteiner, die normalerweise bei eher zweitklassig besetzten Turnieren unterwegs sind, wie etwa den "Top 48", der bayerischen Meisterschaft oder der Challenger-Serie. So etwas kann einen schon einschüchtern.

Und genau danach sah es auch zunächst aus. Hilpoltsteins Kapitän Alexander Flemming, der als Erster in die Box musste, drohte gegen Karlsson ein Debakel. 3:11 und 3:11: Flemming wurde in den Sätzen eins und zwei förmlich überrollt. Doch urplötzlich riss im dritten Satz beim 25-jährigen Schweden der Faden. Und langsam fand Flemming ins Spiel: "Ich dachte: Schlimmer wird's nimmer. Dann hat sich die Handbremse irgendwie gelöst." Und mit jedem Punkt wurden die Hilpoltsteiner Fans euphorischer. Den dritten Durchgang holte sich Flemming mit 11:9 - womit das sportliche Ziel "einen Satz gegen die Düsseldorfer Übermannschaft zu holen", schon erreicht war. Dann spielte sich Flemming in einen Rausch. Beim 10:6 intonierten die 250 mitgereisten Hilpoltsteiner Fans das "Hu Hu", das bei der Fußball-EM schon Island ins Halbfinale gebracht hatte. Und kurz lag eine Sensation in der Luft, doch dazu kam es nicht. Karlsson legte seine Nervosität ab und ließ nun nichts mehr anbrennen.

Danach spielt Petr David mit dem Österreicher Stefan Fegerl lange auf Augenhöhe mit. Im zweiten Durchgang hatte der Tscheche großes Pech, als Fegerl mit einem doppelten Netzroller seinen Satzball abwehren konnte. Danach lief nicht mehr viel zusammen.

Deutlich weiter von einem Satzgewinn war abschießend Nico Christ gegen Superstar Timo Boll entfernt. In den Satzpausen wurde er von seinen Mannschaftskollegen umringt, die ihn mit einem kollektiven "genieße es" wieder in die Box entließen. Und das tat Christ auch. Das klare Ergebnis war am Ende Nebensache. Christ war tief bewegt: "Es war ein bombastisches Turnier." Dem konnte auch Dennis Dickhardt zustimmen, der sich für dieses Ereignis eigens drei Tage Urlaub genommen hatte. Danach gingen die Vier in die schwarz-gelbe Fankurve und ließen sich dort gebührend feiern.

Ach ja, das Turnier: Saarbrücken hatte sich im anderen Halbfinale gegen Mühlhausen mit 3:0 durchgesetzt. Düsseldorf gewann auch das Endspiel gegen Saarbücken mit 3:0 und 9:2-Sätzen, benötigte dafür aber nur 80 Minuten. Zum Vergleich: Hilpoltstein hatte 90 Minuten dagegen gehalten.

TV Hilpoltstein - Borussia Düsseldorf 0:3 - Alexander Flemming - Kristian Karlsson 2:3 (3:11, 3:11, 11:9, 11:7, 4:11), Petr David - Stefan Fegerl 0:3 (7:11, 11:13, 2:11), Nico Christ - Timo Boll 0:3 (4:11, 3:11, 4:11).