"Ohne Kicken fehlt mir einfach etwas"

Die Schrobenhausenerin Melike Pekel ist türkische Nationalspielerin und will sich auch bei Bayern München durchsetzen

22.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:31 Uhr

Für ihr Land gegen die Besten der Welt: Melike Pekel (links) im Duell mit DFB-Star Lena Goeßling. - Foto: Imago

Schrobenhausen (DK) Der nächste Schritt auf der Karriereleiter nach oben ist geschafft: Melike Pekel aus Schrobenhausen darf sich Fußball-Nationalspielerin der Türkei nennen, die 20-Jährige hat mittlerweile schon vier Einsätze für ihr Land absolviert.

Eine 0:7-Packung hätte es am Ende ja nicht gleich sein müssen. „Natürlich hätten wir die Deutschen liebend gerne mehr geärgert“, gibt Melike Pekel zu. „Wenn man sich mit den Besten misst, dann kann so etwas halt schnell mal passieren“, so die 20-Jährige. Und sie misst sich eben mit den Besten.

Seit Kurzem darf sich die Schrobenhausenerin als A-Nationalspielerin der Türkei bezeichnen. Vier Einsätze für ihr Land hat sie mittlerweile auf dem Konto – mit der Partie gegen die DFB-Auswahl als vorläufigem Höhepunkt: Knapp 6800 Zuschauer im Stadion in Sandhausen sahen Pekel 90 Minuten spielen.

„Ich war als einzige Stürmerin aufgeboten, musste daher unglaublich viel laufen.“ Und das gegen Gegenspielerinnen wie etwa Saskia Bartusiak und Lena Goeßling. Pekel kennt Letztgenannte natürlich wie fast alle in der deutschen Auswahl. Melanie Behringer, Leonie Maier, Sara Däbritz oder Melanie Leupolz trifft sie sogar fast täglich – im Training beim FC Bayern München. Dort steht die 20-Jährige seit Sommer 2014 unter Vertrag, für das Team erzielt sie regelmäßig ihre Tore – zwar noch für die Reserve in der 2. Bundesliga Süd, aber immerhin. „Natürlich ist es mein großes Ziel, bald regelmäßig in der Bundesliga zu spielen“, sagt Pekel. „Und falls das beim FCB damit nicht klappen sollte, müsste ich eben irgendwann den Verein wechseln und notfalls umziehen.“ Sogar das würde sie in Kauf nehmen – obwohl sich die 20-Jährige selbst als „absoluten Familienmenschen“ bezeichnet.

Übrigens: Zweimal kickte Pekel bereits auch im deutschen Frauenfußball-Oberhaus. Insgesamt immerhin 31 Minuten in der Saison 2014/15, in der der FC Bayern überraschend die Meisterschaft holte. Fühlt sie sich daher ebenfalls ein bisschen als Deutsche Meisterin? Die Schrobenhausenerin überlegt: „Ich war häufiger im Kader der ersten Mannschaft, also gehörte ich schon ein bisschen dazu, obwohl ich letztlich nur zu zwei Einsätzen kam. Andererseits, als das Meisterteam dann auf dem Rathausbalkon feierte, musste ich mit der Zweiten beim 1. FC Köln antreten.“

Pekel ist Fußballerin durch und durch. „Wenn ich daran denke, dass bald Winterpause ist, graut mir fast schon davor. Ohne Kicken fehlt mir einfach etwas“, sagt die Stürmerin. Aktuell darf sie allerdings noch viermal pro Woche zum Training nach München („Nicht schlimm, ich mag Autofahren“) – und außerdem zu ihrem regulären Job, denn die 20-Jährige arbeitet als Optikerin in Schrobenhausen. „Gerade erst im Juli bin ich mit der Ausbildung fertig geworden“, berichtet sie stolz: „Und es macht mir unglaublich viel Spaß.“ Dass sie irgendwann allein vom Fußballspielen leben könnte, falls ihre Karriere weiterhin steil nach oben geht, weiß Pekel. „Aber Geld ist mir in diesem Zusammenhang nicht so wichtig. Ich will baldmöglichst in der Bundesliga kicken, dafür strenge ich mich an, dafür lebe ich momentan.“ Ihr jüngster Auftritt gegen die DFB-Auswahl dürfte sie ihrem großen Ziel durchaus ein Stückchen nähergebracht haben, denn die Kritiken, die sie erhielt, waren ausnahmslos positiv.

„Durch das Spiel bin ich wieder etwas mehr ins Schaufenster der Erstligaklubs gerückt. Aber den Beweis, dass ich in der Tat gut genug für sie bin, den muss ich regelmäßig mit Toren in der Zweiten Bundesliga bringen.“ Wahrscheinlich ist, dass Pekel noch oft im türkischen Trikot auflaufen wird. „Ich glaube schon, dass ich mich mittlerweile als Stammspielerin im Nationalteam bezeichnen darf“, sagt die Stürmerin forsch. „Dass ich fußballerisch in Deutschland ausgebildet worden bin, kommt mir zugute.“

Apropos Deutschland: Eine Karriere im DFB-Dress im Stile eines Mesut Özil – Pekel hatte durchaus auch davon schon geträumt. „Aber andererseits wurde mir dann doch sehr schnell bewusst, dass mein Herz doch ein bisschen mehr für die Türkei schlägt“, sagt die Schrobenhausenerin.

Am 19. August dieses Jahres feierte sie in der 140 000-Einwohner-Stadt Elbasan im Herzen Albaniens ihr Debüt im türkischen Dress. „Allein mal in so ein Land zu kommen, in das ich ansonsten wohl nie gereist wäre, war bereits extrem interessant“, berichtet die 20-Jährige: „Vor dem Anpfiff bekam ich wirklich eine Gänsehaut. Im Spiel selbst war ich aber überhaupt nicht mehr nervös.“

Mit 0:1 ging ihr Premierenmatch letztlich verloren. Weitere Einsätze nochmals gegen Albanien (1:0-Sieg) und Ungarn (0:1-Niederlage) folgten, ehe es zum EM-Qualifikationsspiel gegen die deutsche Auswahl kam. Übrigens: Ein Souvenir von ihren Gegenspielerinnen gab es nirgends. „Wir durften unsere Trikots leider nicht tauschen, sondern mussten sie nach den Partien wieder hergeben“, berichtet die Stürmerin.