Diefurt
Nur die Goldmedaille fehlt noch

Christoph Öttl führt das deutsche Nationalteam bei der WM in Österreich als Kapitän an

23.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:46 Uhr

Foto: DK

Diefurt (DK) Am Montag beginnt die Eisstock-Weltmeisterschaft im österreichischen Amstetten. Die deutsche Nationalmannschaft wird im Mannschaftsspiel vom Dietfurter Christoph Öttl als Kapitän angeführt.

Natürlich seien die Österreicher stark, sie sind ja auch Titelverteidiger und Lokalmatadoren bei der Eisstock-Weltmeisterschaft. Auch Italien schicke eine starke Mannschaft, genau wie die Schweiz. Die jungen Tschechen und - etwas überraschend - auch die Brasilianer hätten ambitionierte Teams. Christoph Öttl aus Diefurt formuliert mit Blick auf das Turnier Sätze, die man so sagt, wenn man nicht so genau weiß, wohin die Reise geht. Aber er hofft, sie möge erfolgreich enden: "Wir sind Mitfavoriten auf den Titel. Es wird aber extrem schwierig und es muss alles passen." Wenn es am Ende für eine Medaille reicht, dann wäre das schön. Aber das eigentliche Ziel ist schon der Weltmeistertitel - schließlich ist WM-Gold die einzige Medaille, die dem 34-Jährigen noch fehlt.

27 Podestplätze bei internationalen Turnieren hat Öttl bislang vorzuweisen. Seit 1999 steht er im Kader nationaler Eisstock-Auswahlmannschaften. Auf Jugend- und Erwachsenenebene reiht sich ein Erfolg an den anderen. Vizeweltmeister und zweimaliger Europameister im Mannschaftswettbewerb, Bronzemedaillen in der Einzelwertung bei Welt- und Europameisterschaften, mit Jugendteams seines Vereins SC Zell wurde Öttl Deutscher Meister.

Der Titel bei der WM in Amstetten würde die Medaillensammlung komplettieren, für dieses Ziel hat Öttl das Trainingspensum nach oben geschraubt. "Drei- bis viermal die Woche trainiere ich mit Mannschaftskollegen aus Zell", sagt Öttl. "Ich will in persönlicher Top-Form dort antreten." Überhaupt in den Kader der Nationalmannschaft zu gelangen, sei schon ein großer Kampf. Die Leistungsdichte ist hoch, einmal im Monat trifft sich die Nationalmannschaft zu Lehrgängen, in einem abschließenden Qualifikationslehrgang wählte Bundestrainer Bernhard Stelzig die fünf Stocksportler aus, die Deutschland vertreten werden.

Öttl ist seit 2010 Nationalspieler bei den Erwachsenen. Er hat sich nicht nur im Kern der Mannschaft festgespielt, er ist auch seit zwei Jahren ihr Kapitän. "Das macht mich absolut stolz. Man ist Ansprechperson für die Jüngeren und geht voran", sagt Öttl. Auch in organisatorischen und taktischen Fragen steht eine kurze Leitung zum Bundestrainer. "Am Ende entscheidet natürlich der Trainer. Aber er holt auch meine Meinung ein."

Bei der aktuellen Mannschaft hat Öttl ein gutes Gefühl. "Wenn jeder das einbringt, was er kann, werden wir eine gute Rolle spielen." Wie auch seine Teamkollegen bringt Öttl eine hohe Variabilität mit. Je nach Spielsituation kann er mal defensiv agieren und den Stock mit viel Gefühl an der Taube platzieren oder auch den Stock des Gegners aus dem Haus schießen, wie man den Bereich nennt, in dem es Punkte gibt.

Die Nationalmannschaft macht dem 34-jährigen Bankfachwirt großen Spaß. Und doch könnte es seine letzte Weltmeisterschaft als Spieler sein. "Zehn Jahre werde ich nicht mehr im Nationalteam spielen", sagt der Dietfurter. "Nach der WM mache ich mir Gedanken und wir werden ergebnisoffen reden, wie es weitergeht." Kopf und Bauch würden im Kollektiv eine Entscheidung treffen. Auch die Familie wird hier eine Rolle spielen. Denn bei all der Leidenschaft ist der Eisstocksport auf diesem Niveau mit großem Aufwand verbunden.

Mit dem SC Zell spielt Öttl sowohl in der Sommer- als auch in der Wintersaison in der zweiten Bundesliga. Früher trat er sogar gleichzeitig in der Einzel- und Mannschaftswertung an, was eher unüblich ist. "Man ist einfach viel unterwegs und das ist dann mit einer Familie schwierig zu vereinbaren." Jetzt tritt er nur noch im Mannschaftsspiel an, vor allem in der Sommersaison ist der Aufstieg in die erste Liga das Ziel.

Unabhängig davon, wie es im Nationalteam weitergeht, in Zell wird Öttl auch künftig den Stock über Asphalt und Eisschicht schießen. "Ans Aufhören im Verein verschwende ich keinen Gedanken", sagt er. Die Mannschaft besteht dank hervorragender Jugendarbeit nur aus Eisstocksportlern, die in Zell wohnen, und ist ein eingeschworener Freundeskreis. "2015 sind wir bei der Deutschen Meisterschaft im Mannschaftsspiel Dritter geworden. Das war eine grandiose Erfahrung."

Anfragen anderer Vereine, auch von Topmannschaften der ersten Liga, hat es immer wieder gegeben. Öttl macht kein Hehl daraus, dass er sich davon geehrt fühlt. Abgesehen von einem einjährigen Intermezzo beim EV Irnsing blieb Öttl aber immer in Zell. "Wenn man mit Freunden hier einiges aufgebaut hat, dann läuft man nicht einfach weg."

Bei der WM in Österreich ruhen die Hoffnungen also wieder auf dem Zeller, der die Mannschaft durch Gruppenphase, Zwischenrunde und Finalspiele führen soll. Dabei ist die Leistungsstärke an der Spitze in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Zwar kämpft der Eisstocksport mit sinkenden Mitgliederzahlen, hinsichtlich Vermarktung und Organisation leisten die Verbände aber gute Arbeit. So könnte sich noch ein weiterer Höhepunkt in Öttls Karriere auftun. Womöglich ist ein Vertreter des Olympischen Komitees in Amstetten vor Ort, um auszuloten, ob Eisstockschießen für die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking ins Programm aufgenommen werden könnte.

Wäre das nicht der krönende Höhepunkt der internationalen Karriere? Öttl muss schmunzeln. "Da würde ich den Teufel tun, vorher aufzuhören"."