Semerskirchen
"Heute stehen 36 Kameras in jedem Fußballstadion"

Der aktuell ranghöchste niederbayerische Schiedsrichter Michael Emmer gibt Einblicke in das Profigeschäft

17.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:33 Uhr
Gestenreich argumentierte DFB-Schiedsricher-Assistent Michael Emmer bei der Kelheim-Mallersdorfer Gruppe. −Foto: Foto: Steiner

Semerskirchen (en) Man hätte zeitweise die berühmte Stecknadel fallen hören können: Gemeint war die Aufmerksamkeit und Stille bei Michael Emmers teilweise gestenreichen Ausführungen, mit denen der aktuell ranghöchste niederbayerische Schiedsrichter die Anwesenden auf der Schiedsrichterversammlung in seinen Bann zog.

In einem gut zweistündigen Referat brillierte der DFB-Assistent vor knapp 100 ehrenamtlichen Kollegen im neuen Vereinsheim in Semerskirchen, plauderte aus dem Nähkästchen seiner über 20-jährigen Tätigkeit, sprach über den ganz normalen Ablauf einer Bundesliga-Begegnung - bis hin zu kurzen Wortgefechten mit manchen Trainern an der Seitenlinie - und ließ bei den Anwesenden die keinesfalls leichte Aufgabe, die durch das digitalisierte Zeitalter noch an Brisanz und Schärfe hinzugewann, schnell erkennen.

Der 47-jährige Polizeibeamte aus Thurmannsbang (Fußballkreis Passau), der seit 2009 in Straubing bei seiner Dienststelle als Pressesprecher fungiert, begeisterte die Zuhörer von der ersten Minute an. Ehe er so richtig in die Thematik einstieg, stellte er eine enorm wichtige Aussage in den Mittelpunkt: Um diesen Job wirklich zur vollsten Zufriedenheit aller ausführen zu können, wies Emmer in erster Linie auf die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Verbandstätigkeit hin. Der Einsatz auf nationaler und internationaler Ebene erfolge kurzfristig. "Das setze viel Verständnis des Arbeitgebers im Beruf voraus", betonte der Verbandsfunktionär nicht nur einmal. Seine Aussagen wirkten im weiteren Verlauf nicht nur authentisch und vermittelten einen Einblick über Geschehnisse vor, während und nach einem Spiel. Bereits sein Eingangs-Statement, "es gehöre zu einem Spitzenschiedsrichter, die Kollegen in Schiedsrichter-Versammlungen zu besuchen", brachten ihm im fast vollen Saal erste Pluspunkte.

Emmer begann die Erzählungen auf seiner "Abschiedstour", wie er das Auftreten vor dem Ende der offiziellen Karriere nannte, mit Fakten, Zahlen und der einen oder anderen Anekdote. Und da hatte er, der seit 1987 an der Pfeife ist und ab 1996 auf die Ebene des Deutschen Fußballbundes vorrückte, einiges zu bieten. Aus einer Fülle verschiedenster Begegnungen im In- und Ausland ging er auf die eine oder andere etwas näher ein. So zum Beispiel ließ er sich in Aserbaidschan erklären, warum hinter den Toren jeweils ein Offizieller des Landes auf einem Stuhl Platz genommen habe. Die Antwort: "Weil die Netze an den Toren bewacht werden müssen. " Als Assistent stand er zudem bei Internationalen Turnieren, bei Spielen im UEFA-Cup, in Ägypten, Bulgarien, Frankreich sowie den Auftritten in sämtlichen Stadien der aktuellen ersten bis dritten Fußball-Bundesliga. Was ihm noch fehlt, sei ein Einsatz im Deutschen Pokalfinale.

In einem weiteren Punkt streifte Emmer kurz die vielen Veränderungen im Schiedsrichter-Wesen. "Durch die Digitalisierung sind wir mittlerweile soweit, dass du bei der Kommunikation mit dem Hauptschiedsrichter vorsichtig sein musst, zumal sich im Stadion zig Mikrofone befinden. Kurz darauf blendete er nochmals in die Vergangenheit zurück. "Früher war alles einfacher, es gab viel weniger Technik", lautete eine seiner Feststellungen. "Da hat es drei Kameras gegeben, heute stehen 36 in jedem Bundesliga-Stadion", die alles von allen Seiten beobachten. Jetzt wird ein Spiel von A bis Z von den Experten - auch wenn sich manche nicht immer auskennen - analysiert, beendete er mit einem kleinen Seitenhieb, der von den Versammelten mit Beifall registriert wurde.

Emmer ging auch auf den Fitness-Zustand seiner Mitstreiter ein. "Da steht nicht nur jede Woche für die Akteure ein klar vorgegebenes Programm an, sondern auch die Leistungsprüfungen vor dem Beginn der Saison und nach der Winterpause. Diese Vorgaben werden durch eine eigene Uhr vom DFB abgerufen und überprüft. Außerdem ist erforderlich, dass das Schiedsrichter-Team einen Tag vor den Spielen an Ort und Stelle ist. "Die Schiedsrichter-Gespanne sind bis auf wenige Ausnahmen eingeteilt", so der Polizeibeamte, der aktuell mit "Chef" Martin Peteresen (Stuttgart) an der Linie steht.

"Entscheidend ist, dass in jedem Fall das Regelwerk von der ersten bis zur letzten Minute umgesetzt werde", nannte Emmer eine weitere Maxime für eine längere Karriere. Alles andere werde durch den Beobachter im Stadion und die beiden Coaches über die vielen Fernsehbilder abgeklärt werden. Zum Schluss stand Emmer den Mitgliedern der Schiedsrichtergruppe Kelheim-Mallersdorf bei vielen Fragen Rede und Antwort, ehe ihm Obmann Matthias Prantl als Dank seiner Ausführungen einen Geschenkkorb überreichte.

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