Riedenburg
"Eine riesengroße Karate-Familie"

21.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:16 Uhr

Das Aushängeschild der Abteilung ist Andreas Fischbein (l.), hier mit Coach Markus Linz. ‹ŒArch - foto: Zimmermann

Was 1987 als unbekannter asiatischer Kampfsport in Riedenburg begann, hat sich längst zu einer der wichtigsten Sparten des TV entwickelt: Die Karateabteilung feiert 30-jähriges Bestehen.

Als der DONAUKURIER in der Wochenendausgabe 14./15. Februar 1987 in der Riedenburger Lokalausgabe von einer "Geburtshilfe aus Kelheim" sprach, dürfte den wenigsten Lesern klar gewesen sein, was sich dahinter verbirgt. Zu dieser Zeit aber, also vor 30 Jahren, waren es die beiden Kelheimer Hans Toth und Dieter Meinig, die beim örtlichen Sportverein TV Riedenburg eine neue Abteilung ins Leben riefen. Zweimal wöchentlich weihten die beiden Trainer die interessierten Sportler ab April 1987 in die "Geheimnisse der asiatischen Sportart" ein, wie der DK damals weiter schrieb: Der Grundstein für die imposante Geschichte des Shorin-Ryu-Seibukan-Karate in der Dreiburgenstadt war gelegt.

"Die meisten Menschen kannten Karate damals nur aus dem Fernsehen. Bruce Lee und der Film 'Karate Tiger' waren zu dieser Zeit natürlich voll angesagt", erinnert sich Oliver Riess an die Anfangszeit des Karatesports in Riedenburg. Der 43-Jährige ist in den vergangenen drei Jahrzehnten zu dem Gesicht der Karateabteilung des TV geworden. Als Bub war er ab 1987 von Anfang an dabei, als der Kampfsport in Riedenburg Fuß fasste. "Es ist brutal, wie schnell diese Zeit vergangen ist. Karate ist noch immer mein Lebens- und Energiemittelpunkt. Ich kann heute auf jeden Fall sagen, dass ich mit Karate vor 30 Jahren die richtige Entscheidung getroffen habe", sagt Riess, der später selbst als Profi-Karatesportler Erfolge feierte. 2004 etwa holte er bei der Kobudo-Weltmeisterschaft in Dubai den vierten Platz. Im Sommer 2007 machte Riess deutschlandweit auf sich aufmerksam, als er mit 56 Stunden und 15 Minuten Dauer-Nordic-Walking einen Weltrekord aufstellte.

Bis es so weit kommen konnte, mussten aber erst einige Jahrzehnte hartes und ehrgeiziges Training ins Land ziehen. Denn Riess war, wie er erzählt, im Jahr 1987 nicht unbedingt ein Ausnahmetalent. Wieder kommt hier der Kelheimer Hans Toth ins Spiel, der in den ersten Trainingseinheiten so seine Zweifel äußerte, ob sich Riess für die richtige Sportart entschieden habe. "Das ist mir all die Jahre in Erinnerung geblieben. Ich habe mir damals gesagt, dass ich es dem Trainer beweisen möchte", erzählt der 43-Jährige.

Doch es ist genau dieser Ehrgeiz, dieser Fokus und diese Konzentration auf das Wesentliche, die nicht nur Riess, sondern etliche Karatesportler auszeichnet. So erlagen auch in der Dreiburgenstadt über die Jahrzehnte immer mehr Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene der Faszination dieser Kampfkunst, die außerdem zeitlose Werte wie Respekt und korrekte Umgangsformen miteinander vermittelt. Freilich war die Karateabteilung des TV Riedenburg auch immer gewissen Schwankungen unterworfen. Die Begeisterung am Anfang war groß, schnell wuchs die junge Sparte auf ungefähr 70 Personen an. Rabenschwarz sah es dagegen zwischenzeitlich im Jahr 2002 aus, als die damaligen Trainer Dieter Meinig und Hans Grünauer ihr Engagement beim TV beendeten und zunächst kein Nachfolger gefunden werden konnte. "Karateabteilung steht vor der Auflösung", titelte der DONAUKURIER am 5. November 2002. Doch Riess sprang in die Bresche und übernahm die Leitung der Abteilung, in der zu diesem Zeitpunkt noch rund 20 Sportler regelmäßig trainierten.

Und der Karatesport in der Dreiburgenstadt erlebte ein Comeback. Heute ist die Abteilung mit rund 130 Mitgliedern größer denn je. "Ich habe das Gefühl, dass wir hier in Riedenburg eine riesengroße Karatefamilie sind", freut sich Riess, der auch das Engagement der übrigen Trainer hervorhebt. Neben Riess sind in Riedenburg Markus Linz, Matthias Kornprobst, Teresa Lechner, Robert Lauberger und Christoph Stephan tätig. "Das ist ein überragendes Team, ohne sie wäre das alles nicht möglich", so Riess.

Manche Sportler begleiten Riess und sein Trainerteam nun schon seit mehr als zehn Jahren. Die Entwicklung der jungen Leute über einen so langen Zeitraum hinweg zu beobachten, sei nach wie vor etwas ganz Besonderes, so der Abteilungsleiter. Natürlich gebe es auch immer wieder einmal bedauernswerten "Schwund", nämlich dann, wenn hochtalentierte Karatekämpfer nach drei oder vier Jahren beschließen, den Sport nicht länger auszuüben. Auch in Zukunft wird das Hauptaugenmerk der Riedenburger Karateabteilung klar auf dem Breitensport liegen. Dennoch schafften in den vergangenen drei Jahrzehnten immer wieder einzelne Riedenburger den Sprung an die bayerische oder gar nationale Spitze. Aktuell ist mit dem 17-jährigen Andreas Fischbein, der zum siebten Mal in Folge an einer deutschen Meisterschaft teilnehmen wird, der erfolgreichste TV-Karatesportler seit der Gründung der Abteilung vor 30 Jahren aktiv.

Gründe genug, ausgelassen zu feiern, gibt es für die Riedenburger Kampfsportler also allemal. Und das werden sie bald auch tun. Am Samstag, 29. April, haben sie zu einem Jubiläumslehrgang geladen. Dieser verspricht ein großartiger Nachmittag zu werden, denn zwei Weltstars des Shorin-Ryu-Seibukan-Karate werden als Trainer dabei sein. Mehr als 200 Erwachsene und mehr als 70 Kinder werden an diesem Tag die Chance nutzen, mit dem Weltcheftrainer Hanshi Simabukuro (10. DAN) und dem Kelheimer Jamal Measara (9. DAN) zu trainieren. "Es macht uns sehr stolz, dass diese beiden und insgesamt so viele Teilnehmer aus ganz Deutschland und auch aus dem Ausland an diesem Tag in Riedenburg sein werden", freut sich Riess. Nach dem Trainingstag wird die große Karate-Familie das Jubiläum am Abend bei Essen, Getränken und einem Rahmenprogramm ausklingen lassen.