Riedenburg
"Der Weltmeister muss die Slowakei klar besiegen"

Unser EM-Experte Karsten Wettberg freut sich bereits auf ein Schlagerspiel im Viertelfinale

24.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Riedenburg (DK) An diesem Sonntag um 18 Uhr in Lille beginnt die EM für den Weltmeister erst richtig. Beim Sieg im Testspiel gegen Deutschland in Augsburg, kurz vor Beginn der Europameisterschaft, haben die Slowaken ihre fußballerischen Qualitäten noch einmal untermauert. Doch waren aufgrund eines gewaltigen Platzregens keine regulären Bedingungen gegeben. Das war zeitweise mehr Wasserball. Den Slowaken muss man aber trotzdem eine gute Leistung und einen verdienten Sieg bestätigen, weil sie mit den schwierigen Platzverhältnissen besser fertig geworden sind.

Aber es war eben nur ein Testspiel, heute geht es um den Einzug ins Viertelfinale. Die Slowaken belegten in der Vorrundengruppe B den dritten Platz und schickten die favorisierten Russen im entscheidenden Spiel mit 2:1 nach Hause.

Marek Hamsik vom SSC Neapel ist der große Star des 24. der Weltrangliste. Der offensive Mittelfeldspieler hat nicht nur ein gutes Auge, sondern ist extrem torgefährlich. Mit seinen fünf Treffern hatte er großen Anteil an der erstmaligen Qualifikation der Slowakei. Damit überdeckte er die offensichtliche Angriffsschwäche seines Teams. Hamsik besitzt für die Slowakei dieselbe Bedeutung wie Cristiano Ronaldo für Portugal.

Nationaltrainer Jan Kozak ist ein auch bei uns bekannter Mann, denn er spielte immerhin 55-mal für die tschechoslowakische Nationalmannschaft und wurde 1981 zum "Fußballer des Jahres" seines Landes gewählt. Erwähnenswert ist auch Rechtsverteidiger Peter Pekarik, der für Wolfsburg und Hertha BSC immerhin 128 Bundesligaspiele aufweisen kann. Er spielte im Match gegen England 70 Minuten mit einer gebrochenen Nase und stellte nachher fest, dass sein Einsatz im heutigen Spiel gegen Deutschland keineswegs gefährdet sei. Diese Härte gegen sich selbst und den Gegner zeichnet die Truppe von Jan Kozak aus.

Die deutsche Nationalmannschaft ist gut beraten, ihr Spiel so kombinationssicher und vor allem schnell zu gestalten, wie es gegen die überforderten Nordiren besonders in der ersten Hälfte der Fall war. Man mag kritisieren, dass bei so zahlreichen Chancen mindestens drei bis vier Tore mehr hätten fallen müssen. Aber wer dreimal zu Null spielt und mit endlich veränderter Aufstellung - Mario Gomez und Joshua Kimmich für Julian Draxler und Benedikt Höwedes - im Angriff 14 klare Torchancen herausspielt, verdient Vertrauen.

Die Wadenverhärtung des Weltklasseverteidigers Jerome Boateng dürfte für unsere medizinische Abteilung kein größeres Problem sein. Die Frage ist wohl eher, ob man das Risiko einer Verschlimmerung eingehen will.

Das Spiel gegen die Slowakei wird man auch ohne ihn gewinnen. Doch dann kommt es im Viertelfinale am Samstag, 2. Juli, um 21 Uhr in Bordeaux zum Schlagerspiel Deutschland gegen den Sieger aus dem Achtelfinale der Mitfavoriten, also Italien gegen Spanien. Und da wäre Boateng sehr wichtig.

Von seinem Anspruch her muss der Weltmeister den Außenseiter Slowakei klar besiegen. Noch dazu, da der Gegner fünf angeschlagene Stammspieler meldet und die Qualität unseres Kaders bei dieser EM ihresgleichen sucht.

Bisher war diese EM nicht gerade von großer Spannung und Klassefußball geprägt. Die Favoriten haben sich gegen die Außenseiter, wenn auch mit Mühe, durchgesetzt. Die Übersättigung ist jetzt vorbei, die Zahl der Begegnungen bleibt von nun an überschaubar. Ab dem Achtelfinale laufen die Spiele im K. o.-System, also nur einer kommt weiter. Hier Helden, dort Versager, Geschichten die nur der Fußball schreiben kann. Also Hochspannung pur, da kann oft der beste Krimi nicht mithalten.