Pfaffenhofen
Mit dem E-Bike in den Ruhestand

13.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr

Foto: DK

Pfaffenhofen (PK) Der langjährige Kreisvorsitzende und Spielleiter Horst Kaindl hat seine Ämter in diesem Jahr abgegeben. Auch wenn er gerne weitergemacht hätte, freut er sich auf die neu gewonnene Freizeit.

"Eine großzügige Summe" sei es gewesen, die Horst Kaindl bei seinem Abschied am BFV-Kreistag Mitte November als Geschenk von einigen Vereinen erhalten hat. "Ein gutes E-Bike" hätte er sich dafür leisten können, meint der 69-Jährige. "Das tut meinen Knochen gut", sagt Kaindl. Jede Woche unternimmt er gemeinsam mit Freunden eine Radtour von seinem Wohnort Uttenhofen aus über etwa 50 bis 70 Kilometer.

Dafür hat Kaindl nun noch mehr Zeit. Seit 2005 ist der ehemalige Leiter der Flugsicherung am Flugplatz Manching im Ruhestand, heuer hat er auch zwei weitere Posten abgegeben. 1998 hatte Kaindl das Amt des Spielleiters der Gruppe Pfaffenhofen übernommen, 2006 stieg er zum Kreisspielleiter Donau/Ilm auf, bis er schließlich 2010 zusätzlich Kreisvorsitzender des damals neu geschaffenen Kreises Donau/Isar wurde. Den Posten des Kreisspielleiters gab er schon im Juli an den Köschinger Ludwig Schmidt ab, den des Kreisvorsitzenden hat nun Florian Riepl aus Erding inne.

Als Kreisspielleiter und Vorsitzender in Doppelfunktion war Kaindl jahrelang Ansprechpartner Nummer eins für Spieler und Funktionäre, für Vereine und Presse - also eigentlich für jeden, der im Fußballkreis Donau/Isar eine Frage hatte. "Ich bin davon überzeugt, dass sich viele Vereine weiterhin den gewohnten Rat holen", sagt Kaindl und fügt an: "Sie wissen, dass ich in den Regularien sehr fit bin." Zwangsweise. Wer diesen Job 20 Jahre macht, kennt juristische Feinheiten, auftretende Probleme und mögliche Lösungen - und auch, wie man mit den Ansprechpartnern der Vereine umgehen muss. "Das bringt die Erfahrung mit sich." Und trotzdem seien die ersten Tage und Wochen ohne Amt etwas ruhiger gewesen.

Dabei hätte Kaindl gerne noch weiter im Sport gearbeitet. "Ich bin nicht aus dem Amt geschieden, weil ich mit irgendjemandem böse bin oder die Arbeit nicht mehr machen mag. Sondern weil ich es nicht mehr verantworten konnte, die Arbeit verantwortlich zu machen", sagt er und deutet auf ein kleines Hörgerät in seinem Ohr: "Ich höre nur noch sehr, sehr schlecht." Das wurde in den vergangenen Jahren immer mehr zum Problem: "Wenn ich auf einer Versammlung bin und jemand aus der zweiten Reihe stellt eine Frage, dann verstehe ich ihn nicht, sondern muss meinen Nachbarn fragen." Die Aufgaben eines Spielleiters und Vorsitzenden seien so nur schwer umsetzbar: "So ehrlich muss man sich gegenüber sein. Das geht halt nicht mehr", erklärt Kaindl und gibt zu: "Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen."

Dafür kann er nun aus den vergangenen 20 Jahren viel berichten. Mit seiner unverkennbaren, ruhigen und tiefen Stimme erzählt Kaindl viele Geschichten von sportlichen Höhepunkten und zwischenmenschlichen Anekdoten, die ihm das Ehrenamt beim BFV beschert hat. Auch traurige Anlässe, wie Sterbefälle oder die Geschichte des Pfaffenhofener Schiedsrichters Andreas Pirstadt, der infolge einer Tumoroperation querschnittsgelähmt ist, haben Eindruck hinterlassen. "Da habe ich mich immer an die Sozialstiftung gewandt und postwendend Unterstützung gekriegt. Immerhin konnte ich im Kreis über 14 000 Euro Unterstützung für soziale Bedürfnisfälle auszahlen", ist Kaindl stolz. Auch konnte er mithilfe der Vereine und des Verbands beispielsweise 140 Paar Fußballschuhe an die Flüchtlinge in Pfaffenhofen spenden. "Ich kenne als Soldat die Situation mit acht Männern auf einer Bude. Aber wir hatten immerhin etwas zu tun." Mit Fußball konnte er Abwechslung schaffen. Das Gesellschaftliche ist für ihn mindestens genauso viel wert, wie das Sportliche.

Natürlich war da aber auch noch das reine Fußballtagesgeschäft: "Im Juni, wenn es um die Planung der Spielpläne ging, war es schon immer sehr großer Stress." Auch verbunden mit Ärger, meint Kaindl. Mit "99 Prozent der Vereine" sei die Zusammenarbeit zwar hervorragend gewesen. Es habe aber ein paar gegeben, die zu egoistisch waren. "Außerdem haben manche Vereine bewusst gelogen und Beschwerden an den Präsidenten geschickt. Beschwerden, die gespickt waren mit Unwahrheiten." Und wenn Kaindl etwas nicht passt, dann scheut er sich auch nicht, das zu sagen: "Ich konnte nie meinen Mund halten, damit habe ich mir nicht immer Freunde gemacht. Aber ich bin meiner Seele treu geblieben."

Geändert habe sich in seiner Amtszeit viel, vor allem in Sachen Bürokratie: "Vor 20 Jahren war mein Keller voll mit Aktenordnern voller Spielberichte. Jeden Montag und Dienstag kam der Postbote mit einem neuen Stapel", erinnert er sich. Und dennoch seien die Vereine bei der Einführung des elektronischen Spielberichts skeptisch gewesen. "Heute möchte das niemand mehr missen", weiß Kaindl. Wie viel ihm der Sport bedeutet, zeigt sich nach seiner vorzeitigen Pensionierung im Jahr 2005: "Wenn ich da den Sport nicht gehabt hätte, wäre ich in ein tiefes Loch gefallen."

Neben dem Sport dominierte die Bundeswehr das Leben Kaindls: 1948 wurde er in Pfaffenhofen geboren, wo er auch kurzzeitig zur Schule ging. Nachdem sein Vater zur Bundeswehr ging, zog die Familie 1957 nach Koblenz um. Dort absolvierte Kaindl das Abitur und begann bei der TuS Neuendorf (heute bekannt als TuS Koblenz) als Torwart mit dem Fußball. "Ich habe mich immer als Flüchtling, als Heimatvertriebener bezeichnet", meint Kaindl schmunzelnd. So habe er selbst unmittelbar nach dem Abitur als Offiziersanwärter bei der Bundeswehr angefangen. Die Ausbildung begann er 1970 in Fürstenfeldbruck. "Ich habe Oberbayern danach nie verlassen", berichtet er. In seinen 35 Jahren war er Stabsoffizier, Staffelchef, Kommandeur und Oberstleutnant, arbeitete in Neuburg an der Donau und Memmingen, bis er 1993 zum Flugplatz nach Manching kam. Dort stieg er zum Leiter der Flugsicherung auf, bis er schließlich in den Ruhestand ging.

Währenddessen ließ er sich 1973 in Uttenhofen nieder, sowohl sportlich beim BC Uttenhofen, wo er als Torhüter spielte, als auch familiär. "Meine Frau war die damalige Wirtin", sagt er schmunzelnd. 1975 folgte die Hochzeit. Gemeinsam haben die beiden drei Kinder und fünf Enkelkinder, das Haus der beiden steht - natürlich - direkt am Sportplatz. Nachdem er sich mehrmals schwer verletzte, beendete Kaindl seine aktive Karriere - aber erst auf Anraten seiner Frau. "Wenn du noch einmal an einen Fußball hinhaust, besuche ich dich nicht mehr im Krankenhaus. Du kannst Fußball anschauen, so viel du willst", habe sie gesagt. "Dann habe ich gefragt, ob ich Schiedsrichter machen darf. Das durfte ich dann", sagt Kaindl. Schiedsrichter also, bis zur Landesliga reichte sein Weg, obwohl das eigentlich nie der Plan war: "Ich bin Gerechtigkeitsfanatiker und wollte bei der Jugend pfeifen", erinnert sich der 69-Jährige. Als er 2006 Kreisspielleiter wurde, stellte er das Pfeifen ein. "Jetzt habe ich wieder angefangen, ausgerechnet in der Jugend", sagt Kaindl, der zudem auch noch weiterhin in der Platzkommission beim FC Ingolstadt 04 tätig ist.

Langweilig wird ihm also auch ohne großes Amt nicht. "Ich werde die Zeit schon rumkriegen", sagt er. Vor allem auch als Opa: "Jetzt sehe ich, wie die Kinder heranwachsen, wie viel Spaß und Freude man dabei hat. Als ich im Dienst war, da waren meine Kinder auf einmal groß. Erst gingen sie zur Schule, plötzlich brauchten sie schon eine Lehr- oder Arbeitsstelle." Die Erziehung habe daher seine Frau übernehmen müssen. "Aber jetzt, jetzt kriege ich das alles mit. Und das ist wunderschön."