Herrenwörth
Neue Schiedsrichter aus der JVA

Junge Häftlinge absolvieren in der Einrichtung in Neuburg-Herrenwörth einen Lehrgang

14.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr

Unparteiisch: Die Schiedsrichter Patrick Krettek (unteres Bild, links) und Patrick Höpfler (rechts) freuten sich zusammen mit dem Anstaltslehrer Peter Liebelt (Mitte) und den Teilnehmern des Schiedsrichterlehrganges in der JVA. - Fotos: JVA Neuburg-Herrenwörth/Ammar, dpa

Herrenwörth (DK) Neue Unparteiische braucht das Land: In der Justizvollzugsanstalt in Neuburg-Herrenwörth hat wieder eine Schiedsrichterausbildung stattgefunden. Das Angebot im Rahmen des Projekts "Anstoß für ein neues Leben" der Sepp-Herberger-Stiftung stieß auf große Resonanz.

Anstaltslehrer Peter Liebelt, der mit der Unterstützung des Bayerischen Fußball-Verbands und in Zusammenarbeit mit dem Neuburger Schiedsrichterobmann Jürgen Roth den Lehrgang organisierte, musste aus zahlreichen Anträgen geeignete junge Männer aussuchen. Letztlich fand der Kurs mit 14 Gefangenen in der Schulabteilung der JVA planmäßig statt.

Von Beginn an waren die Straftäter mit Interesse und Aufmerksamkeit bei der Sache und stellten immer wieder konstruktive Fragen. Sie merkten schnell, dass das Regelwerk sehr umfassend ist. Selbst wenn so mancher vor seiner Haftzeit schon jahrelang als Fußballer aktiv war, gab es viele Bestimmungen, von denen einige zuvor noch nie etwas gehört hatten. Die drei Referenten der Schiedsrichtergruppe Neuburg, Patrick Höpfler, Patrick Krettek und Philipp Sofsky, erzählten immer wieder abwechslungsreiche Anekdoten aus ihrer teilweise jahrelangen Erfahrung als Schiedsrichter. So seien heftige Kritik und sogar Beleidigungen von Zuschauern, aber auch von Spielern und Trainern nicht unüblich und gehörten - leider - fast schon zum Tagesgeschäft. Damit umgehen zu können, sei eine der wichtigsten Eigenschaften eines guten Schiedsrichters. Die Fähigkeit, auch in brenzligen Situationen die Ruhe zu bewahren und angemessen zu reagieren, um anschließend die richtige Entscheidung zu treffen, nehme im Laufe der Zeit zu, bedürfe aber viel Erfahrung, hieß es. Die drei Ausbilder bestätigten, dass sich diese Entwicklung auch bei ihnen vollzogen hat und sich darüber hinaus auf das Leben abseits des Sportplatzes positiv bemerkbar mache. Deshalb, so bestärkten sie, bereite die Schiedsrichtertätigkeit nicht nur Spaß, sondern fördere jeden Einzelnen auch charakterlich. Ein Aspekt, der im Zuge der verschiedenen Resozialisierungsmaßnahmen von jungen Straftätern in der JVA Neuburg-Herrenwörth eine erhebliche Rolle spielen kann.

Am Ende des ersten Tages, der nicht nur Frontalunterricht, sondern auch Gruppenarbeit beinhaltete und von einem angenehmen Arbeitsklima geprägt war, bekamen die Teilnehmer Lernmaterial, mit dem sich jeder individuell abends in seiner Zelle zusätzlich vorbereiten konnte. So absolvierten am Ende zwölf der jungen Häftlinge den Schiedsrichterlehrgang erfolgreich.

Vielleicht tragen die potenziellen Schiedsrichterneulinge in naher Zukunft dazu bei, dass die Nachwuchssorgen in diesem Bereich gemindert werden, so die Hoffnung der Organisatoren. Zudem bleibt zu hoffen, dass sich der eine oder andere nach seiner Haftzeit wieder einem normalen Freizeitverhalten widmet und als Schiedsrichter für seinen Heimatverein aufläuft, ganz nach dem Motto "Regeln durchsetzen statt Regeln brechen!". Das notwendige theoretische Rüstzeug für die schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe haben sie im Rahmen des Schiedsrichterlehrgangs mit auf den Weg bekommen.