Hohenwart
Eine Postkarte aus den USA für 25 Euro

Das Team Quattra Bavariae geht für das große Projekt "Streckenrekord beim RAAM" auch außergewöhnliche Wege

10.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:09 Uhr

Vier ehrgeizige Frauen, die als Quattra Bavariae heuer Großes beim Race Across America vorhaben: (v. l.) Nicole Bretting, Christine Waitz, Monika Dietl sowie Heike Priess. - Foto: R. Kaufmann

Hohenwart (DK) Es bleibt dabei, der Streckenrekord muss her. Unter allen Umständen. Bei sechs Tagen und elf Stunden liegt er aktuell - für rund 4800 Kilometer per Rennrad von der Westküste der USA an die Ostküste. Aber die vier Damen der Quattra Bavariae wollen ihn knacken. Heuer, im Juni. Koste es, was es wolle.

Und es kostet viel. Sehr viel. "Unser Etat für das gesamte Team liegt bei rund 50 000 Euro", verrät Reinhard Bretting aus Hohenwart. Seine Ehefrau Nicole, stolze Hawaii-Triathlon- Siegerin des Jahres 2014, ist eine der Fahrerinnen - neben Christine Waitz aus dem mittelfränkischen Roth, Monika Dietl aus Freising und der gebürtigen Neuburgerin Heike Priess, die mittlerweile in Dietramszell wohnt. Vier gestandene Bayerinnen also. Beziehungsweise eine verschworene Gemeinschaft, die jenseits des Großen Teichs deutsche Radsportgeschichte schreiben möchte - beim legendären Race Across America (RAAM), bei einer unglaublichen Tortur.

Die mörderische Strecke vom Oceanside Pier in Kalifornien nach Annapolis im Bundesstaat Maryland zu bewältigen, das Ganze am besten in einer neuen Rekordzeit - dafür muss das Quartett wahrlich fit sein. Hundertprozentig austrainiert, auf das große Ziel fokussiert. Bloß, wie soll das gehen, wenn zur Realisierung des Riesentraums noch eine gehörige Portion an Euros fehlt? Wenn Sponsoren aus Sicht der vier Damen leider nicht in dem Maße vorhanden sind, wie sie sich das gewünscht haben?

"Fakt ist, dass wir heuer auf jeden Fall am RAAM teilnehmen", verspricht Reinhard Bretting. "Das Startgeld ist überwiesen, die Flüge und Unterkünfte sind definitiv gebucht", so der Hohenwarter. 2016 hatte Quattra Bavariae ja noch passen müssen - die Zeit nur rund zehn Monate nach ihrer Gründung im August 2015 war damals einfach zu knapp geworden, um die umfangreiche Planung für das Monsterprojekt in den USA in die Tat umzusetzen. Aber jetzt, in diesem Jahr, geht es definitiv über den Großen Teich. Geht es ran an das Projekt "Streckenrekordverbesserung für Damen-Viererteams". Und jede Einzelne der vier Rennfahrerinnen greift hierfür auch ganz tief in den eigenen Geldbeutel.

"Stand jetzt muss Nicole rund 8000 Euro aus ihrer Privatkasse bezahlen - ebenso die Heike, die Christine und die Mona", berichtet Reinhard Bretting. Keine Frage: eine immense Summe. Und das alles, um möglichst innerhalb von 154 Stunden 31 000 Höhenmeter zu überwinden. Um rund 4800 Kilometer zwischen den beiden US-Küsten in neuer Bestzeit zurückzulegen. So sieht wohl wahre Liebe zum eigenen Sport aus. Beziehungsweise die wahre Sehnsucht, an die eigenen Grenzen zu gehen - zumindest in körperlicher Hinsicht.

In finanzieller Hinsicht müsste es dagegen nicht sein, und so sucht Quattra Bavariae weiterhin nach Wegen, doch noch den einen oder anderen Euro einzusammeln. Der neueste Versuch: ein sogenanntes Crowd-funding-Projekt im Internet. Interessenten, Fans, Gönner können hier gegen vergleichsweise kleine Beträge absolute Besonderheiten erwerben. So gibt's beispielsweise für 25 Euro im Juni eine handgeschriebene Postkarte aus den USA mit allen vier Unterschriften der RAAM-Fahrerinnen. Oder wie wäre es mit einer persönlichen Radausfahrt mit Hawaii-Triathlon-Gewinnerin Nicole Bretting? Oder mit Heike Priess? Oder Christine Waitz? Eine solche ist für 60 Euro erhältlich. Den eher gemütlicheren Unterstützern bietet Quattra Bavariae die Teilnahme an einer Grillparty zum Beispiel in Hohenwart an - für bereits 50 Euro. "Und hierbei wird es nicht nur gesunde Sachen geben, sondern ein echtes amerikanisches Barbecue", verspricht Reinhard Bretting mit einem breiten Grinsen.

Es sind zahlreiche Schmankerl beziehungsweise Raritäten, die von Quattra Bavariae unter https:'www.fairplaid.org/#!race-across-amerika angeboten werden. Bis zum kommenden Mittwoch, 17. Mai, läuft diese Aktion im Internet noch - "und unser großer Wunsch ist es, dass hierbei an die 8000 Euro zusammenkommen, damit wir unsere Privatbudgets zumindest einigermaßen entlasten können", erzählt Reinhard Bretting.

Weshalb das gesamte Projekt gleich an die 50 000 Euro verschlingt, ist schnell erklärt: Unterkünfte, Fahrzeuge, Verpflegung und Ernährung sind eben nicht gerade billig während des RAAM. "Insgesamt besteht unser gesamtes Team aus 15 Personen - also den vier Fahrerinnen und elf als ihr Support, die sich in Begleitfahrzeugen um alles andere kümmern", berichtet Reinhard Bretting. Um den bereits jetzt gnadenlosen Streckenrekord zu brechen, dafür muss eben bis ins letzte Detail alles passen.

In sportlicher Hinsicht befinden sich die Frauen Priess, Dietl, Waitz und Bretting absolut im Fahrplan. "Sie sind fit und gesund", verrät Reinhard Bretting: "Dementsprechend zuversichtlich sind wir, dass es ab dem 17. Juni auch mit dem Erreichen unseres großen Ziels in den USA klappt."

Der Hohenwarter selbst war vor Kurzem erst bei einem Crew-Seminar für das RAAM in London. "Aber wir können uns noch so toll auf das Rennen vorbereiten - es bleibt trotzdem eine Freiluftveranstaltung, und da kann so viel Unvorhergesehenes passieren", so der 48-Jährige. "Nehmen wir zum Beispiel die Great Plains, die riesigen Ebenen östlich der Rocky Mountains. Dort treffen Wetterscheiden aufeinander, dort sind plötzlich Schneestürme selbst im Juni möglich - oder einfach nur heftige Gegenwinde. Sollte das heuer vorkommen, wäre unser schöner Rekordversuch eventuell schnell zum Scheitern verurteilt."

Aber das wäre wirklich nur der schlechteste anzunehmende Fall. Grundsätzlich sind sich alle rund um Quattra Bavariae hundertprozentig einig: "Wir packen das." Ja: Die vier Damen aus Bayern wollen heuer beim RAAM in den USA unbedingt deutsche Radsportgeschichte schreiben - und so ganz nebenbei eben auch hoffentlich viele Postkarten für diejenigen Unterstützer, die diese jetzt für 25 Euro das Stück im Internet bestellen.