Neuburg
"Die nächste Saison wird einfach super"

Edvin Hasanbegovic vom VfR Neuburg über seine Karriere und den langen Weg zum Comeback

23.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:04 Uhr

Torjubel beim VfR Neuburg: Edvin Hasanbegovic (Mitte) erzielte gegen Bubesheim das zwischenzeitliche 3:1. Alexander Müller (links) und Co-Trainer Alexander Egen (rechts) schnappten sich den Schützen und schrien ihre Freude heraus. - Foto: S. Hofmann

Neuburg (DK) Er war der Matchwinner des vergangenen Wochenendes. Edvin Hasanbegovic, ehemaliger Spielführer des VfR Neuburg. Geboren in der Stadt an neun Flüssen, Sanski Most im heutigen Bosnien, aufgewachsen an der Adria in Rijeka. Wir haben uns mit dem 28-Jährigen über seine Zeit in der kroatischen Juniorennationalmannschaft, seine schwere Verletzung, sein Comeback und die anstehende Relegation unterhalten.

Herr Hasanbegovic, bereits mit sechs Jahren haben Sie beim VfR Neuburg das Fußballspielen gelernt . . .

Edvin Hasanbegovic: Ja, das stimmt. Nachdem meine Familie im Jugoslawienkrieg 1993 nach Deutschland gekommen war, habe ich in der F-Jugend unter Roland Egen (heute Geschäftsführer des VfR, d. Red.) angefangen. Meine Mannschaftskollegen waren damals unter anderem unser heutiger spielender Co-Trainer Alexander Egen, Adijan Kadic und David Ibraimovic.

 

Gehört das Toreschießen heute zu Ihren Aufgaben, so standen Sie damals zwischen den Pfosten . . .

Hasanbegovic: Ja, ich war zu pummelig, um zu laufen, und so stellte mich der damalige Trainer Horst Burzler gegen meinen Willen ins Tor (lacht).

 

Keine schlechte Entscheidung, immerhin waren Sie später im Kader der kroatischen U17-Nationalmannschaft . . .

Hasanbegovic: Das stimmt. Weil meine Familie 1998 zurück nach Kroatien ging, spielte ich in der Jugend von HNK Rijeka. Da wir denselben Torwarttrainer hatten wie die Profis, habe ich oft mit denen mittrainieren dürfen. In der U 17 wurde ich dann zweimal ins Trainingslager der kroatischen U 17-Nationalmannschaft eingeladen. Auch bei einem internationalen Turnier in Italien war ich dabei. Das Finale haben wir leider gegen Serbien verloren. Das war schon ein geiles Erlebnis. Wenn du das Trikot trägst und die Hymne ertönt. Gänsehaut pur.

 

Warum haben Sie den Sprung in den Profifußball nicht geschafft?

Hasanbegovic: Zum einen ist es als Torwart eh schwer, gleich nach der Jugend den Sprung in den Profifußball zu schaffen. Zum anderen war ich nicht der Größte und vielen Skeptikern noch nicht reif genug. Also ging ich zu NK Orijent, dem zweitgrößten Verein in Rijeka. Der Verein war so eine Art U 23 von HNK Rijeka. Viele Spieler kamen nach der Jugend hierher.

 

Erinnern Sie sich an Mit- oder Gegenspieler, die es zum Profifußballer geschafft haben?

Hasanbegovic: Dejan Lovren, heute beim FC Liverpool aktiv, spielte damals bei Dinamo Zagreb und hat mir in der A-Jugend zwei Dinger per Kopf nach Eckbällen reingewuchtet. Das war der Wahnsinn. Bei den Spielen der Profis stand ich immer hinter dem Tor. Damir Milinovi, der auch für den VfL Bochum spielte, schoss mir hierbei mal beim Aufwärmen voll auf die Rübe (lacht). Der heutige Torwart von HNK Rijeka, Andrej Prskalo, spielte mit mir in der Jugend und später auch ein Jahr bei Orijent.

 

Und sie haben in der dritten kroatischen Liga Kroatiens die Bälle gefangen.

Hasanbegovic: Im ersten Jahr war Prskalo die Nummer eins. Als seine Ausleihe endete und er zu HNK zurückging, war ich fünf Jahre gesetzt.

 

Wie kam es dazu, dass Sie später Feldspieler wurden?

Hasanbegovic: Ich habe gesehen, dass ich den Sprung in den Profibereich vermutlich nicht schaffen werde, also ging ich über die Uni für ein paar Monate nach Prag. Als ich zurückkam, wollte ich im Feld spielen. Die Sehnsucht, Traumpässe zu schlagen, war sehr groß. Ein Kreisligist gab mir die Chance.

 

2013 kamen Sie zurück nach Deutschland und schlossen sich wieder dem VfR Neuburg an.

Hasanbegovic: Für mich war das sehr schön, weil der VfR mir die Chance gab, mich zu integrieren und mich auch bei meiner Jobsuche unterstützt hat. Wir hatten in der Saison 2013/14 unter Naz Seitle große personelle Probleme. Am Ende belegten wir Platz fünf. Ein Sieg fehlte zur Aufstiegsrelegation. Mit ein wenig Glück und einem breiteren Kader wäre sicherlich der Aufstieg eine reelle Option gewesen.

 

Es folgten Ihre erste Operation und der leichtfertig vergebene Aufstieg in der Saison 2014/15.

Hasanbegovic: Wir spielten eine geniale Hinrunde, gingen als Spitzenreiter in die Winterpause und hatten reichlich Vorsprung vor dem Zweiten. Letztlich haben wir den Vorsprung verspielt und den Aufstieg wieder nicht geschafft. Ich persönlich konnte in der Rückrunde meinen Mannschaftskollegen nicht helfen. Nachdem ich schon in der Vorrunde mit Schmerzen gespielt hatte, war eine Operation notwendig. Dabei wurde mir mein halber Meniskus aus dem linken Knie entnommen.

 

Sie haben ihr erstes Comeback gefeiert, mussten jedoch erneut operiert werden und konnten der Mannschaft so nicht im Aufstiegsrennen helfen. Wie hart war die Zeit für Sie ohne Fußball?

Hasanbegovic: Ich habe die Vorbereitung zur Saison zwar mitgemacht, aber die Schmerzen im Knie waren noch immer da. So konnte ich nur neun Punktspiele für die "Erste" absolvieren. Hinzu kam, dass ich mich immer energielos und müde gefühlt habe. Schließlich wurden zwei genetische Blutkrankheiten und Thrombose im linken Arm diagnostiziert. Nachdem auch die Info vom Orthopäden kam, dass ich ein großes Loch im Knorpel habe, war klar, dass eine Knorpeltransplantation nötig ist. Die Ärzte sagten: Kein Fußball auf unbestimmte Zeit. Das war eine harte Zeit für mich. Ich habe mich viel mit mir selbst beschäftigt. Der Aufstieg hat mich nicht nur für die Jungs gefreut, sondern für den ganzen Verein. Dass unsere junge Mannschaft gleich im ersten Jahr zugeschlagen hat, ist der Wahnsinn.

 

Obwohl Sie viele nach der langen Verletzungspause abgeschrieben hatten, kamen Sie zurück. Sie standen zuletzt sogar wieder in der Startelf und erzielten im Heimspiel gegen den SC Bubesheim das vorentscheidende 3:1.

Hasanbegovic: Ich hatte während meiner ersten Wochen auf dem Trainingsplatz noch oft Probleme mit dem Knie. Es ist ständig angeschwollen. Vor vier, fünf Wochen wurde es schließlich besser und ich konnte wieder volle Pulle mitmachen. Ich hatte im Spiel gegen Bubesheim in den letzten 20 Minuten Krämpfe und habe deswegen auch die ähnliche Torchance vor dem Treffer versemmelt. Da dachte ich mir: Die nächste Chance einfach mit der Innenseite gegen die Laufrichtung des Torwartes! Das hat dann auch geklappt. Die Emotionen kamen ehrlich gesagt erst nach dem Spiel. Ich war einfach froh. Am meisten freut mich der Sieg aber für Roland Egen. Er leistet so viel für den Verein.

 

Nun geht es in der Relegation gegen den SC Oberweikertshofen. Wie sehen Sie die Chancen Ihres VfR?

Hasanbegovic: In Spielen vor vielen Zuschauern ist immer alles drin und so haben wir natürlich eine Chance, den Aufstieg zu packen. Uns macht unsere Unberechenbarkeit aus. Aus fast jeder Spielsituation kann es Klingeln. Das sieht man auch daran, dass sich viele verschiedene Spieler bereits in die Torschützenliste eintragen konnten und vier von uns sogar mehr als zehn Treffer erzielt haben. Die jungen, unerfahrenen Spieler sind ernster und spielstärker geworden. Das sie gleich im ersten Jahr in der Bezirksliga so rocken, ist einfach geil. Das ist sicherlich auch ein Verdienst unserer Trainer. Sie harmonieren sehr gut. Die Trainingseinheiten sind phänomenal und auf einem sehr hohen Niveau.

 

Wie geht es in der neuen Saison für Sie weiter? Gerüchte über einen Vereinswechsel - unter anderem als Spielertrainer - machen die Runde.

Hasanbegovic: Ich bleibe natürlich beim VfR. So, wie die Leute aus dem Verein mich unterstützt haben, denke ich im Moment gar nicht daran, den VfR zu verlassen. Unser Trainerduo Christian und Alex hat immer zu mir gehalten, großen Respekt dafür. Unabhängig, wie die Relegation ausgeht: Die nächste Saison wird einfach super. Mit so einer Qualität, welche die neuen Spieler mitbringen, wird es unumgänglich sein, sehenswerte Spiele beim VfR zu erleben.

 

‹ŒDas Gespräch führte

‹ŒMarek Hajduczek