Bergen
"Nicht enttäuscht, sondern zufrieden"

Radprofi Patrick Haller über seinen 20. Platz im Einzelzeitfahren bei der U 23-Weltmeisterschaft

19.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:28 Uhr

Platz 20 mit 2:39 Minuten Rückstand auf den Sieger: Der Ingolstädter Patrick Haller war mit seiner Leistung bei der WM zufrieden. - Foto: Roth-Foto

Bergen (DK) Der Ingolstädter Radprofi Patrick Haller hat im norwegischen Bergen Platz 20 im Zeitfahren bei der WM der U 23 belegt. Warum den aktuellen deutschen U 23-Meister im Zeitfahren vor allem Sieger Mikkel Bjerg beeindruckt hat und welche Ziele er sich für das Straßenrennen am Freitag gesetzt hat, verriet er im Interview.

Herr Haller, Sie spekulierten auf einen Top-15-Platz. Am Ende wurde es Rang 20. Wie enttäuscht sind Sie?

Patrick Haller: Ich bin nicht enttäuscht, sondern mit meiner Leistung zufrieden. Ein 20. Platz ist zwar nicht das erhoffte Top-Resultat, aber auch nicht schlecht. Es ist ja schließlich eine Weltmeisterschaft. Ins Rennen habe ich gut hineingefunden, fuhr schnell meine Pace. Meine Leistung konnte ich also abrufen und das fahren, was ich mir vorgenommen hatte. Deshalb kann ich mir keinen Vorwurf machen. Vor allem auch deshalb nicht, weil ich erst 20 Jahre alt bin und noch zwei Jahre bei den U 23 fahren darf. Ich habe noch genug Zeit, um mich zu entwickeln.

 

Hat es Sie überrascht, wie stark die anderen waren?

Haller: Ab Platz zwei waren die Abstände recht gering. Der Sieger, Mikkel Bjerg aus Dänemark, gewann mit rund einer Minute Vorsprung. Seine Leistung war sehr beeindruckend. Er fuhr in einer anderen Liga und hat mit seinem WM-Titel ganz sicher ein Ausrufezeichen gesetzt.

Zwei Deutsche waren am Start. Neben Ihnen auch Julian Braun. Sie lagen am Ende einen Platz hinter ihm. Ärgert Sie das?

Haller: Nein, da schaut man weniger darauf. Spannender ist, wo man im internationalen Vergleich steht. Die WM war dabei leider das einzige internationale Zeitfahren für uns. Sonst fuhren wir nur national gegeneinander. Das ist schade, weil dadurch etwas die Einordnung fehlt, wo man im internationalen Vergleich steht. Mit den Platzierungen können wir aber beide zufrieden sein. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn es für einen von uns zu einer Platzierung weiter vorne gereicht hätte.

 

Es war Ihr erster Start in einem WM-Zeitfahren. Was war das Besondere daran?

Haller: Vieles war völlig neu für mich. Das begann schon beim ganzen Drumherum. Alles hat viel größere Dimensionen. Viel mehr Menschen schauen auf einen. Das habe ich bereits daran gemerkt, dass viele Nachrichten und Glückwünsche am Tag davor und nach dem Rennen auf meinem Handy ankamen.

 

Waren Sie dann nicht auch sehr angespannt?

Haller: Klar, vor allem kurz vor dem Start. Aber ich war gut vorbereitet und top motiviert. Das Wetter spielte mit, die Strecke war toll und das Publikum fantastisch.

 

Wie sahen die Tage vor dem Start bei der WM aus?

Haller: Insgesamt ist dies meine dritte Weltmeisterschaft, an der ich teilnehme. Allerdings bin ich zuvor zweimal nur beim Straßenrennen gestartet. Weil ich nun auch im Zeitfahren im Einsatz war, war ich früher vor Ort als sonst. Wir hatten in den vergangenen Tagen genug Zeit, uns auf den Wettkampf vorzubereiten, den Kurs anzuschauen, der Tage zuvor bereits abgesperrt war. Selbst beim Training waren viele Zuschauer dabei. Unser Hotel liegt zwar etwas außerhalb vom WM-Kurs, aber uns fehlt es trotzdem an nichts. Der BDR (Bund Deutscher Radfahrer, d. Red.) hat viele Betreuer dabei. Wir fuhren uns im Bora-Teambus warm und durften uns dort auf das Rennen vorbereiten. Schon allein das zeigt, dass die WM nicht zu vergleichen ist mit einem normalen Rennen.

 

Die Zeitfahrstrecke war 37,2 Kilometer lang. Sind Sie schon einmal ein so langes Zeitfahren gefahren?

Haller: Vergangenes Jahr war das Zeitfahren um die deutsche Meisterschaft vergleichbar. Dieses Jahr war mein längstes Zeitfahren rund 30 Kilometer lang. Die Länge war zwar neu, aber ich konnte mich trotzdem gut darauf vorbereiten. Die Strecke war relativ wellig und anspruchsvoll, auch technisch. 16 Kilometer lang war die erste Runde, die zweite 21 Kilometer. Einige Kilometer waren gleich. Ein längerer Anstieg war dabei. Dort standen viele Zuschauer, die uns nach vorne peitschten. Teilweise habe ich sogar meinen Namen gehört, obwohl ich die Leute gar nicht kannte, die am Streckenrand standen. Das war toll.

 

Am Freitag starten Sie noch beim Straßenrennen. Welche Erwartungen haben Sie dort?

Haller: Bis jetzt habe ich mich nur auf das Zeitfahren konzentriert. Die Strecke ist ähnlich wie der Zeitfahrkurs, aber sie führt einen anderen Berg hoch. Die Länge und das Wetter sollten das Rennen aber erschweren. Wir fahren 192 Kilometer, und der Wetterbericht sagt Regen voraus. Deshalb kann man das Rennen schwer vorhersagen. Wir werden uns einen Plan zurechtlegen. Meine Form sollte passen.

 

Welche Rolle werden Sie im Team einnehmen?

Haller: Wir haben Lennard Kämna dabei. Er fuhr in diesem Jahr die Vuelta und wurde am Sonntag Weltmeister im Team-Zeitfahren. In dieser Form müsste er als Kapitän für das Straßenrennen gesetzt sein. Wie die Rollen genau verteilt sind, wird sich dann noch zeigen. Wenn allerdings am Anfang Gruppen entstehen, müssen wir diese besetzen und dann schauen, wie der Rennverlauf aussieht und wie sich was entwickelt. Deshalb kann das Rennen einen ganz anderen Verlauf nehmen als ursprünglich einmal geplant.

 

Das Gespräch führte Timo Schoch.