Chemnitz
"Dieser Titel überstrahlt alles"

Ingolstädter Patrick Haller über den Sieg bei der deutschen U 23-Meisterschaft und die weitere Saison

26.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:52 Uhr

Chemnitz/Ingolstadt (DK) Der Ingolstädter Rad-Profi Patrick Haller (Team rad-net Rose) ist nachträglich zum Deutschen U 23-Meister im Zeitfahren gekürt worden. Der 19-jährige Ingolstädter feierte damit seinen bislang größten Karriereerfolg. Warum er zunächst nur Vizemeister war und wie es zum nachträglichen Meistertitel kam, verriet er in unserem Interview.

Herr Haller, schmälert das Ihre Freude über den Deutschen Meistertitel, weil Sie diesen nicht auf dem obersten Treppchen erleben durften?

Patrick Haller: Nein, ich freue mich trotzdem darüber (lacht).

 

War dies Ihr bislang größter Karriereerfolg?

Haller: Ja, mit Sicherheit. Im U 23-Bereich einen deutschen Meistertitel zu gewinnen ist toll. Im vergangenen Jahr wurde ich bereits mit der Mannschaft Deutscher Meister im Mannschaftszeitfahren, nun hat es auch im Einzel geklappt. Auch mein Sieg beim Trofeo Karlsberg (renommiertes internationales Mehrtagesrennen, d. Red.) bei den Junioren vor zwei Jahren war ein Meilenstein meiner Entwicklung. Aber die Meisterschaft bei der U 23 überstrahlt nun alles.

 

Warum wurde das Ergebnis im Nachhinein noch korrigiert?

Haller: Es gab ein technisches Problem bei der Zeitmessung. Bei der Zwischenzeit hatte ich noch rund 20 Sekunden Vorsprung auf den späteren Sieger Richard Banusch. Im Ziel lag ich dann plötzlich 23 Sekunden zurück, obwohl ich nicht eingebrochen und gleichmäßig mein Tempo weitergefahren bin. Da hatte ich mich schon darüber gewundert, wo Richard die Zeit herausgefahren ist. Ich hatte ihm zwar zugetraut, dass er schnell fahren kann, aber trotzdem dachte ich, dass da etwas nicht stimmt. Die Zeitmessung wurde im Nachhinein dann nochmals kontrolliert, und dabei wurde festgestellt, dass sein Transponder eine Minute zu wenig angezeigt hat. Das heißt, dass Richard eine Minute länger gebraucht hat, als es seine ursprüngliche Zeit ausgewiesen hat. Somit wurde ich nachträglich zum Sieger erklärt.

 

Wann haben Sie das erfahren?

Haller: Am Sonntagvormittag vor dem Start des Eliterennens um die deutsche Straßenmeisterschaft. Mein sportlicher Leiter Ralf Grabsch kam zu mir und erzählte es mir, dass der Wettkampfausschuss dies dann auch so beschlossen hätte.

Dabei waren Sie im Ziel über Platz zwei sehr enttäuscht.

Haller: Ursprünglich war mein Ziel, einen Platz unter den besten drei zu belegen. Aber klar, im Ziel ist man dann trotzdem zuerst einmal enttäuscht, wenn man so knapp verliert.

 

Haben Sie sich speziell auf das Zeitfahren vorbereitet?

Haller: Mit meinem sportlichen Leiter hatte ich mich in den vergangenen drei Wochen sehr intensiv auf das Zeitfahren vorbereitet. Neben dem Training auf dem Zeitfahrrad habe ich viel Motortraining gemacht (In Hallers Fall diesmal nicht hinter einem Auto, sondern hinter einem Motorroller, um noch effektiver trainieren zu können, d. Red.) und auch ein Spezialtraining auf der Rolle vorgenommen. Das ist natürlich schön, dass unser Plan so gut aufgegangen ist.

 

Hilft Ihnen ein solcher Titel für Ihre Zukunft?

Haller: Das ist natürlich ein Sieg, den man vorzeigen kann und der vielleicht die eine oder andere Tür zu einem großen Team öffnet. Aber das ist Zukunftsmusik. Sicher ist: Durch den Sieg bei der Deutschen Meisterschaft kann ich mir auch berechtigte Hoffnungen auf einen Start bei der diesjährigen Weltmeisterschaft in Norwegen machen. So kommt noch ein weiterer Saisonhöhepunkt dazu.

 

Sie haben ja in dieser Saison eine prominente Rolle in Ihrem Team eingenommen.

Haller: Mit Jan Tschernoster ist unser etatmäßiger Kapitän verletzungsbedingt ausgefallen und wird in dieser Saison auch kein Rennen mehr fahren. Deshalb habe ich häufig die Führungsrolle im Team übernommen. Und meine Form spiegelt sich auch immer mehr in den Ergebnissen wider. Vergangene Woche in Polen mit zwei Top-Ten-Platzierungen war schon gut, die Meisterschaft ist nun natürlich die vorläufige Krönung.

Wie sieht die weitere Saisonplanung aus?

Haller: Nun habe ich eine Woche Sommerpause. Da gilt es, den Akku wieder etwas aufzuladen. In dieser Zeit trainiere ich nur wenig. Danach fahre ich für drei Wochen ins Höhentrainingslager ins italienische Livigno. Anschließend folgen Rundfahrten in Frankreich, mit dem Höhepunkt beim Start der Tour de France der U 23, der Tour de L'Avenir. Im Herbst steht dann für mich hoffentlich der Start bei der Weltmeisterschaft an.

 

Das Gespräch führte Timo Schoch.