Ingolstadt
Blitzschnelle Ballkünstler

24.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

Wie auf dem Fußballplatz: Mit elf Kunststofffiguren wird versucht, das eigene Tor zu verteidigen und vorn zum Torerfolg zu kommen.

Tischfußball, auch bekannt als "Kickern", ist seit 2010 anerkannte Sportart. Für die Herren des TSC Kick'IN Ingolstadt geht es an diesem Wochenende in der Bundesliga um Punkte. Das wird ziemlich schwierig - und ziemlich laut.

Das metallische Scheppern ist bereits im Treppenhaus zu hören. Unregelmäßig, laut und blechern, so als würde jemand irgendwo immer und immer wieder mit großem Schwung eine Stahltür in die Angeln werfen. Die Quelle des merkwürdigen Geräuschs entpuppt sich dann allerdings als eine andere: Kleine, schwere Kunststoffbälle sind es, die mit hoher Geschwindigkeit ins Tor geschossen werden. Von kleinen Miniaturfußballern, aufgereiht an Metallstangen, die in hölzerne Spieltische eingefasst sind. Über diese gebeugt stehen zwei oder vier Spieler, die Hände an den Stangenenden, mal wild kurbelnd, dann wieder abwartend zuckend. Der rasante und lärmintensive Sport ist Tischfußball, im Volksmund auch "Kickern" genannt.

Vor neun Jahren gründete sich in Ingolstadt der Verein TSC Kick'IN. Der Vorsitzende Andreas Hauptmann ist seit Anfang an dabei. "Zu Beginn gab es einige Gruppen, die in verschiedenen Ingolstädter Lokalen und Kneipen regelmäßig gespielt haben. Man kannte sich irgendwann sehr gut. Schließlich entstand die Idee, ambitionierte Spieler in einem Verein zusammenzubringen", erinnert sich der 41-Jährige.

Gesagt, getan. Im Jugendtrendsportzentrum in der Halle neun nahe des Hauptbahnhofs mietete der Verein einen Trainingsraum an. "Das hat auch den großen Vorteil, dass wir nah dran an den Jugendlichen sind. Nachwuchsprobleme haben wir jedenfalls keine", sagt Hauptmann. Mittlerweile 30 aktive Mitglieder hat der TSC.

Der Raum füllt sich allmählich. Etwa gegen 20 Uhr kommen die Letzten, die Begrüßung ist immer herzlich. "Wir sind nicht nur ein Verein, wir sind auch gute Freunde", sagt Hauptmann. Mit einer lockeren Kneipenrunde haben die Treffen des TSC dennoch so gut wie gar nichts gemein. Im Gegenteil: Dreimal in der Woche steht hartes Training auf dem Programm. "Wir haben keinen Cheftrainer. Wir helfen uns gegenseitig, meistens geben die älteren und erfahrenen Spieler den Jüngeren Tipps, wie sie an ihren Schwächen arbeiten können", erklärt Hauptmann. Die Einheiten dauern oft mehrere Stunden. "Die Letzten gehen hier erst gegen Mitternacht raus", sagt der Vereinschef. Da zumeist im Doppel gespielt wird, trainieren die meisten mit ihrem Partner, um die Abstimmung zu perfektionieren. "Wer nur schnell ist und einfach draufhaut, wird nicht weit kommen", sagt Hauptmann.

Konzentriert blickt Peter Albert auf den Tisch vor sich. Den Ball führt er mit einer Spielfigur seiner Abwehrreihe über die einem Fußballfeld nachempfundene Spielfläche. Dann, eine blitzschnelle Bewegung seines Handgelenkes, ein kurzer Pass nach vorn zum Stürmer, eine schnelle Täuschung mit der Angriffsreihe, ein Schuss - und dann ist es wieder zu hören, das blecherne Scheppern, wenn der Ball mit hoher Geschwindigkeit im gegnerischen Tor einschlägt. Albert nickt zufrieden, greift sich den nächsten Ball und übt denselben Spielzug noch einmal. Und noch einmal. Der 51-Jährige ist der älteste Aktive im Verein. Tischfußball spielt er bereits seit über 35 Jahren, fast keinen Trainingstermin verpasst er.

Die intensiven Einheiten sind auch nötig: Denn die Herrenmannschaft des TSC tritt in der höchsten deutschen Spielklasse an, der Tischfußball-Bundesliga. 2010 wurde der Aufstieg geschafft, seitdem messen sich die Ingolstädter mit den besten Mannschaften Deutschlands. An diesem Wochenende steht für die TSC-Herren in Medebach im Hochsauerland der erste Bundesliga-Spieltag auf dem Programm. Dann will der TSC den Grundstein für eine erfolgreiche Saison legen. Im vergangenen Jahr wurde der Klassenerhalt nur knapp geschafft. "Diese Saison wollen wir möglichst weiter vorn landen. Aber es wird schwer, weil immer mehr starke Spieler nachkommen. Das Niveau in der Liga wird von Jahr zu Jahr besser", sagt der Vereinsvorsitzende, der bei den Spielen auch selbst am Tisch stehen wird.

Mit dem Kneipen-Image ihres Sports wollen die Vereinsmitglieder derweil aufräumen. "Tischfußball ist seit 2010 eine anerkannte Sportart", erklärt Hauptmann, der auch regelmäßig Workshops in Schulen anbietet, um über den Sport zu informieren. "Es ist anspruchsvoll, aber natürlich macht es auch einfach riesig Spaß", sagt der 41-Jährige - und begibt sich wieder an die Stangen. Und bald darauf ist es wieder zu hören: das laute und blecherne Scheppern.