Eichstätt
"Wir wären auch in der Süd-Gruppe vorne dabei"

Nach exakt einem Jahr beim Bayernligisten VfB Eichstätt zieht Trainer Markus Mattes Bilanz

27.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:29 Uhr

Akribischer Arbeiter: Eichstätts Trainer Markus Mattes zieht die persönliche Bilanz eines aufregenden Jahres beim VfB Eichstätt - Foto: Traub

Eichstätt (EK) Ein Jahr, zwei Ligen, zwei verschiedene Mannschaften. Markus Mattes hat sich seine Aufgabe beim VfB Eichstätt wohl leichter vorgestellt. Exakt vor einem Jahr verpflichtete der Bayernligist den langjährigen Fußballer als Trainer, nachdem der bisherige Coach Jürgen Steib seinen Wechsel zum TSV Rain bekannt gegeben hatte. Einfach war die Aufgabe nicht, denn Mattes übernahm eine verunsicherte Mannschaft, die fast bis zum letzten Spieltag gegen den Abstieg kämpfte. Mit dem direkt danach folgenden Generationswechsel hatte in diesem Ausmaß auch niemand im Verein gerechnet. Besonders bitter war für den Coach die Zwangsversetzung in die Nord-Gruppe der Bayernliga. Auch wenn die sich letztlich als Glücksfall herausstellte. Der EICHSTÄTTER KURIER hat sich mit Mattes unterhalten.

Blickt man auf Ihr vergangenes Jahr beim VfB Eichstätt zurück, war Ihre Aufgabe durchaus eine Herausforderung. Oder hatten Sie damit gerechnet, mit so vielen Unwägbarkeiten zurechtkommen zu müssen?

Markus Mattes: Der Aufwand, den die Bayernliga mit sich bringt, war mir bewusst. Mir war auch klar, dass es im Kader keine großen Alternativen gab. Dass der Umbruch im Sommer so heftig ausfiel, hatte ich dagegen nicht erwartet.

War es Ihnen klar, dass Ihre Mannschaft gegen den Abstieg kämpfen würde, oder dachten Sie, dass das Team doch mehr Potenzial hat, als es gezeigt hat?

Mattes: Nein, das hat die Tabelle unmissverständlich gezeigt. Gerade direkt vor der Winterpause, als die Mannschaft auch gegen direkte Konkurrenten Punkte gelassen hat. Es war klar, dass das kein leichter Weg wird.

Gezwungenermaßen mussten Sie die spielerische Komponente etwas zurückfahren und den kämpferischen Aspekt in den Vordergrund rücken. Als Fußballer hat Ihnen das sicher weh getan?

Mattes: Nein, Fußball ist eigentlich ganz einfach. Für Schönspielerei bekommt niemand einen Preis. Die Ergebnisse müssen passen. Das ist ein Teil des Jobs. Ich habe natürlich nicht absichtlich destruktiv spielen lassen, aber die Mannschaft hat ja auch nicht gerade vor Selbstvertrauen gestrotzt.

Was war der Moment der vergangenen Saison, der Ihnen wehgetan hat?

Mattes: Das war die Niederlage im ersten Heimspiel gegen Landsberg, als wir das 0:1 in der 93. Minute kassiert haben. Ich weiß, wie eine Mannschaft funktioniert. Mir war klar, dass jetzt der Druck wieder da ist, der nach dem ersten Spiel und dem Sieg in Dachau etwas abgefallen war.

Dass die Mannschaft nach einer schwachen Saison umgebaut wird, ist nicht unüblich. Doch mit diesem gewaltigen Umbruch hatte auch vereinsintern niemand gerechnet...

Mattes: Nein, mit der Menge der Spieler, die gewechselt sind, habe ich nicht kalkuliert. Dass Dominik Schmidramsl aufhören würde, war absehbar, aber dass beispielsweise Viktor Stoll den Verein verlassen würde, hat mich überrascht. Nein, mit diesem schnellen, direkten Schnitt war nicht zu rechnen.

Lag es an Ihnen? Wollten einige Spieler nicht mehr mit Ihnen zusammenarbeiten?

Mattes: Zumindest habe ich das nie so empfunden. Klar, du hast immer Spieler, die nicht zum Einsatz kommen, unzufrieden sind und ihren Ärger auf den Trainer fokussieren. Das ist aber auch ganz normal.

Dann kam der große Schock. Sie hatten Spieler verpflichtet, die Saison geplant und erfuhren plötzlich von der Zwangsversetzung des VfB in die Nord-Gruppe der Bayernliga. Will man in einer solchen Situation nicht alles hinwerfen?

Mattes: Nein, so leicht gibt man das alles doch nicht her. Es war halt vor allem für das Trainerteam extrem schwierig. Norbert Scheuerer und ich waren das ganze Frühjahr nur unterwegs, Spiele zu beobachten. Jeden Samstag oder Sonntag, falls wir nicht selbst gespielt haben. Meine Frau hat mich da nicht oft gesehen. Dann bist du auf einem gewissen Stand, dass du alle Mannschaften und Spieler kennst, und plötzlich war alles umsonst. Der Aufwand für das Trainerteam, sich jetzt in die neue Liga einzuarbeiten, war natürlich schon immens.

Was sind die gravierendsten Probleme, wenn die Mannschaft plötzlich in einer anderen Liga spielt als vorgesehen? Vor allem zu diesem späten Zeitpunkt?

Mattes: Unseren Franken in der Mannschaft kam der Wechsel natürlich entgegen, da die Busfahrten für sie kürzer sind. Für die meisten anderen war es unproblematisch. Nur Philipp Danner, der aus der Nähe von Hankofen kommt, wäre aufgrund der langen Fahrerei beinahe nicht bei uns gelandet.

Wie läuft ein Notfallplan ab, wenn man sich als Trainer und Mannschaft auf eine ganz neue Liga einlassen muss?

Mattes: Die Liga war ziemlich schnell kein großes Thema mehr. Wir waren eine Woche erschrocken, und das war es dann auch. Wir sind mit der Mannschaft sehr schnell auf den gemeinsamen Nenner gekommen, dass die Nord-Gruppe einfach mal etwas Neues ist. Nachdem sich der Wechsel nicht verhindern ließ, haben wir ihn einfach als positive Herausforderung angenommen.

Kaum war die neue Spielzeit angelaufen, eilte Ihre Mannschaft von Erfolg zu Erfolg. Wundern Sie sich im Nachhinein über diesen Traumstart?

Mattes: Wir hatten ihn natürlich so nicht erwartet. Aber wir haben schon in der Vorbereitung gespürt, dass da etwas Positives heranwächst. Aber ob dieses Gefühl dann auch stimmt, das siehst du erst in den Punktspielen. Du brauchst auch etwas Glück, dass du Erfolgserlebnisse hast. Dass du einen Lauf hast, dass es dir gelingt, Spiele zu drehen, die du normalerweise nicht mehr umbiegen kannst.

Mit was hing dieser Lauf zusammen?

Mattes: Es gab mehrere Faktoren. Zum einen ein paar Aha-Erlebnisse wie der Auftaktsieg in Forchheim. Danach haben wir zwar gegen Großbardorf verloren, aber dieser Tag war auch der, an dem die Jungs gemerkt haben, dass sie mit den Topteams der Liga mithalten können. Der zweite Faktor ist, dass die Mannschaft zwar einerseits sehr jung, aber andererseits dadurch sehr lernwillig und heiß auf die Bayernliga ist.

Ungeklärt bleibt bis heute, ob die Liga schwächer ist als die Südgruppe oder ob der Höhenflug ausschließlich mit Ihrer spielerisch nun deutlich stärkeren Mannschaft zusammenhängt. Was meinen Sie?

Mattes: Ich glaube ich, dass wir in der Südliga in demselben Tabellenbereich spielen würden wie heute in der Nord-Gruppe. Wenn ich sehe, dass Landsberg und Sonthofen im Süden so lange oben dabei waren, dann bin ich so selbstbewusst, dass ich sage, wir wären da auch.

Loben Sie sich doch bitte mal selbst. Ihre Neuzugänge haben allesamt prächtig eingeschlagen, weil . . .

Mattes (lacht): Nein, ich kann mich nicht selbst loben. Ich denke, die Trainer und die Abteilungsleitung haben ihre Hausaufgaben sehr ordentlich gemacht, gerade wenn man bedenkt, dass unsere finanziellen Möglichkeiten doch ziemlich beschränkt sind. Klar brauchst du bei Neuen auch Glück, aber wir laden jeden einzelnen Spieler zu uns ins Training ein. Der Grund ist, dass wir in Eichstätt selbst in dieser Liga eine besondere Situation haben. Du erreichst hier viel über den Faktor Mannschaft. Teamplayer sind hier mehr noch als anderswo gefragt. Fußballspielen müssen sie natürlich auch können, darüber brauchen wir nicht reden. Aber Selbstdarsteller kannst du hier nicht brauchen.

Einige Spieler kamen aus unterklassigen Vereinen. Ist es nicht erstaunlich, dass ihr Potenzial bis dahin noch nicht erkannt worden war...

Mattes: Wir haben halt genau hingesehen. Bei Carmine de Biasi beispielsweise wussten wir, das er schon höherklassig gespielt hat und das schaffen wird. Auch Atdhedon Lushi hat in der Jugend schon höher gespielt. Und bei Torhüter Jonas Herter waren wir sehr schnell überzeugt, dass er schon vom Auftreten und vom Typ her passen wird.

Gab es dennoch einen persönlichen Tiefpunkt in der laufenden Spielzeit?

Mattes: Klar, die aktuelle Situation ist nicht so schön. Vielleicht auch, weil wir verdient hätten, ein bisschen besser dazustehen. Und in Weiden haben wir nicht nur ein Spiel verloren, in dem wir meiner Ansicht nach ungerecht behandelt wurden, sondern mit Herter auch unseren Torhüter.

Eine Prognose kurz vor Schluss: Wird der VfB in der Bayernliga Nord weiter eine Spitzenmannschaft bleiben?

Mattes: Ich denke, dass wir zumindest die Großen bis zum Schluss ärgern werden. Man merkt, dass die Jungs nicht zufrieden sind mit dem, was in den letzten Spielen gelaufen ist. Und das wollen sie zurechtrücken.

Eine Frage, die sich nach den jüngsten Erfolgen stellt, ist fast kurios: Will der VfB in der nächsten Saison überhaupt noch zurück in die Süd-Gruppe der Bayernliga?

Mattes: Mit dieser Frage bin ich auch noch nicht weitergekommen in meinen Überlegungen. Ich habe momentan keine Ahnung, was wir machen würden, wenn wir uns das aussuchen dürften.

Die Fragen stellte

Gerhard von Kapff