London
Der beste Stundenlohn seines Lebens

Alexander Flemming vom TV Hilpoltstein wird in London Vizeweltmeister im Ping Pong

27.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

London (EK) Drei Punkte haben Alexander Flemming bei der Weltmeisterschaft im Ping Pong in London zum Titel gefehlt. In einem dramatischen Finale unterlag der Spitzenspieler des TV Hilpoltstein in der Nacht zum Montag dem Engländer Andrew Baggaley denkbar knapp in fünf Sätzen.

Nichtsdestotrotz hält sich die Enttäuschung in Grenzen.

Die Stimme ist noch ziemlich lädiert. „Nicht vom Feiern, sondern vom lauten Schreien in den Spielen“, versichert Alexander Flemming am Tag danach. Eigentlich sollte es nach dem Turnier noch in einen Londoner Club gehen, in dem – man mag es nicht glauben – etliche Tischtennisplatten zum Spielen stehen. Doch der Club hatte am späten Sonntagabend schon zu. „So waren es nur zwei Bier“, sagt Flemming, während er auf seinen Rückflug nach Berlin wartet. „Aber ich war ohnehin zu platt zum Feiern.“

Wie vor einer Woche bei den Titelkämpfen um die Bayerische Meisterschaft, als er zwei Mal im Endspiel stand, zog Flemming auch am Sonntag im Finale der „World Championship of Ping Pong“ den Kürzeren. In einem an Spannung kaum zu übertreffenden Finale gegen den völlig entfesselt aufspielenden Engländer Andrew Baggaley unterlag „The Flash“ – so wird Flemming in England genannt – mit 13:15, 10:15, 15:12, 15:10, 12:15. Doch selbst ohne den Titelgewinn war das Turnier für Alexander Flemming einer der größten Erfolge in seiner Karriere.

Enttäuschung? Fehlanzeige! „Natürlich denkt man kurz darüber nach, was gewesen wäre, wenn ich denn Weltmeister geworden wäre“, gibt der 27-Jährige zu. „Aber ich habe nicht ansatzweise damit gerechnet, dass ich es überhaupt so weit schaffe. Ich habe zwei Spiele ordentlich gedreht“, sagt der Spitzenspieler des TV. „Aber Baggaley hat es einfach verdient. Er hat im Halbfinale den dreifachen Weltmeister geschlagen.“

Mit seiner eigenen Leistung braucht sich der Studenten der Wirtschaftswissenschaften – in zwei Wochen stehen für Flemming wieder Prüfungen an – aber keinesfalls zu verstecken. Im Achtel-, Viertel- und Halbfinale räumte er mit dem US-Amerikaner Ilija Lupulesku (Nummer 2 der Setzliste), Gavin Rumgay aus Schottland (7) sowie dem Slowaken Lubomir Pistej (6) drei gesetzte Spieler in Folge jeweils mit 2:1 Sätzen aus dem Weg. Gegen Rumgay und Pistej drehte er sogar einen Rückstand.

Nur im Finale, das über fünf Sätze geht, hat es für Alexander Flemming nicht ganz gereicht. Zwar gelang ihm auch hier nach einem 0:2-Satzrückstand eine beeindruckende Aufholjagd, doch im entscheidenden fünften Satz war der Engländer – unterstützt von fast 1000 Anhängern im Londoner „Ally Pally“ – einen Tick mutiger. Beim Stand von 12:12 riskierte Baggaley, die Nummer 149 der Tischtennis-Weltrangliste, noch einmal alles und machte den vorentscheidenden Punkt. „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagt Flemming, dessen bislang beste Platzierung in der Weltrangliste nur Rang 473 ist.

Doch auch als Vizeweltmeister lässt es sich für die Verhältnisse eines Tischtennisspielers ganz gut aushalten. Immerhin gab es für Flemming als Trostpflaster für die Niederlage ein stolzes Preisgeld von 10 000 Dollar (knapp 9000 Euro). Was er mit dem Geld anfangen will, weiß Alexander Flemming noch nicht. „Aber mein Auto hat jetzt schon 215 000 Kilometer runter und mein Handy ist auch noch kaputt gegangen“, sagt der gebürtige Leipziger und lacht. „So einen Stundenlohn bekomme ich wohl in meinem ganzen Leben nicht mehr.“ Zudem muss sich Flemming im kommenden Jahr nicht mehr für die WM qualifizieren, sondern ist automatisch an Position zwei gesetzt.