Nürnberg
Es rumort hinter den Kulissen

Der Club steckt in der Krise – Aufsichtsratschef Thomas Grethlein verteidigt Sportvorstand Martin Bader

03.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:27 Uhr

Nürnberg (DK) Den 1. FC Nürnberg belastet derzeit nicht nur die sportliche Krise, auch die Querelen in der Führungsetage werden immer gravierender. Im Fokus steht dabei Sportvorstand Martin Bader, der als Schuldiger dafür gilt, dass der Club sein Ziel sofortiger Wiederaufstieg in dieser Saison klar verfehlen wird. Seine Person spaltet den Traditionsverein. Im Aufsichtsrat sind die Befürworter Baders noch in der Mehrheit. Doch der Stuhl des 47-Jährigen, dessen Fachkompetenz schon häufig infrage gestellt worden war, wackelt heftig.

Im Gespräch nimmt Aufsichtsratsvorsitzender Thomas Grethlein seinen Vorstand aber in Schutz.

 

Herr Grethlein, im Moment läuft eine Petition im Internet, die den Rauswurf von Martin Bader fordert. Ist seine Zeit beim 1. FC Nürnberg nun abgelaufen?

Thomas Grethlein: Die Petition hat etwa 2500 Einträge, über die Hälfte davon sind anonym. Von denen, die namentlich unterzeichnet haben, sind gerade einmal rund 250 Mitglieder. Ich bin den Mitgliedern gegenüber verantwortlich, die sich auch in der letzten Jahreshauptversammlung gegen die Kandidaten entschieden haben, die Herrn Bader entlassen wollten. Insofern sehe ich diese Petition nicht als gewichtiges Argument.

 

Sehen Sie dafür die Tatsache als Argument, dass der Club seinen eigenen Ansprüchen in dieser Saison wieder einmal nicht gerecht wird, selbst in der 2. Bundesliga nicht?

Grethlein: Es macht uns natürlich Sorge, dass wir unser Ziel verfehlt haben. Wir konnten am Ende der vergangenen Saison kein Gerüst von der alten Mannschaft halten. Einige Spieler haben es dann doch vorgezogen, in der ersten Liga zu spielen. Als wir dann mit einem doch sehr jungen Kader in die Saison gingen, war abzusehen, dass das Ziel sehr anspruchsvoll ist. Aber ein Verein wie der Club muss immer den Anspruch haben, in der Bundesliga zu spielen. Man muss der Mannschaft ein bisschen Zeit zum Reifen geben und sie vielleicht an der einen oder anderen Stelle noch verstärken.

 

Heißt das, für Sie hat die Mannschaft im Moment gar nicht die Qualität für den Aufstieg?

Grethlein: Nein, das heißt es nicht. Aber das ist eine junge Mannschaft mit Stärken und Schwächen, die sich erst finden musste. Die letzten Spiele waren zwar vom Ergebnis her nicht so erfolgreich, aber zum Teil ist richtig guter Fußball gespielt worden. Man hat auch gesehen, dass die Mannschaft zusammenwächst. Und wir haben einen hervorragenden Trainer, der die Mannschaft Woche für Woche stärker gemacht hat, man kann klar eine Entwicklung erkennen.

 

Dennoch reicht es nicht mal, um an den Aufstiegsplätzen zu schnuppern. Zusammengestellt hat die Mannschaft Martin Bader. Noch einmal: Ist es nicht seine Schuld, dass der Club seine Saisonziele klar verfehlt?

Grethlein: Natürlich trägt Herr Bader als Sportvorstand die Verantwortung dafür, wie die Mannschaft aussieht. Trotzdem kann man nicht sagen, dass Herr Bader die Mannschaft so zusammengestellt hat. Es ist in Nürnberg so, dass der Trainer das entscheidende Wort spricht. Wir verpflichten keine Spieler, die der Trainer nicht haben will. Der Prozess ist komplex. Man muss den Entscheidungsprozess und die Verantwortlichkeit getrennt betrachten.

 

Beim Club kümmern sich vier Personen um die Akquise neuer Spieler: Neben Bader sind das Wolfgang Wolf als Leiter der Abteilung, Trainer René Weiler und Chefscout Christian Möckel. Nun soll es ein Lager Wolf/Weiler kontra Bader/Möckel geben.

Grethlein: Ich habe vor zwei Wochen das Gespräch mit den Beteiligten gesucht. Wir haben versucht, eventuellen Konflikten auf die Spur zu kommen. Es wäre schließlich sehr problematisch, wenn es hier signifikante Differenzen gäbe, die sich in einem Richtungsstreit äußern würden. Ich habe aber nichts dergleichen entdeckt. Dass man im Einzelfall mal unterschiedlicher Meinung ist, ist wichtig und auch ganz normal. Aber das ist nicht gleich ein Machtkampf.

 

Gerüchten zufolge ist auch der Aufsichtsrat zweigeteilt, was die Causa Bader anbelangt.

Grethlein: Das kann ich so nicht bestätigen. Wir haben natürlich Diskussionen. Der eine hat ein Kontra- und der andere ein Pro-Argument mehr. Aber es ist nicht so, dass der Aufsichtsrat in zwei Gruppen zerfällt.

 

Am vergangenen Montag wurde eine Aufsichtsratssitzung abgesagt, da das Gremium nach Absage von fünf der neun Mitgliedern nicht beschlussfähig war.

Grethlein: Es war eigentlich im Vorfeld schon klar, dass es schwierig werden wird, weil der Termin ungünstig lag. Aber das Thema war nicht eine mögliche Entlassung von Herrn Bader. Schon daran kann man sehen, dass die Gerüchte um die zwei Lager im Aufsichtsrat von außen gemacht werden. Es sah so in der Außenwahrnehmung aus, als sei ein Antrag auf Entlassung gestellt worden. Und dann hätte man versucht, diesen Antrag allein dadurch zu verhindern, dass man nicht hingeht. Aber den Antrag hat es gar nicht gegeben.

 

Werden Sie auch dann zu Martin Bader stehen, wenn der Club im Mittelmaß versinkt?

Grethlein: Die Saison ist noch nicht zu Ende, wir können uns noch kein klares Bild davon machen, wie wir die Saison wirklich zu beurteilen haben. Dass wir nicht aufsteigen, ist uns allen klar. Aber es sind noch etliche Spiele. So müssen wir schauen, was die Mannschaft noch herausholt.

 

Können Sie garantieren, dass Herr Bader auch in der nächsten Saison noch Club-Vorstand ist?

Grethlein: Wir warten jetzt das Ende der Saison ab und ich gehe davon aus, dass sich an der personellen Situation nichts ändern wird.

 

Was ist das Hauptproblem der Mannschaft? Ist es die schlechte Chancenverwertung oder machen Sie die Krise an einer Person fest?

Grethlein: Gegen Bochum hat der Club in den ersten 15 Minuten ein Feuerwerk vorgelegt, so etwas haben wir lange nicht mehr gesehen. Leider konnten wir das nicht in Zählbares ummünzen. Ich will aus diesem Spiel nicht alles ableiten, aber ich habe nicht den Eindruck, dass es innerhalb der Mannschaft nicht stimmt. Im Gegenteil. Die Chancenverwertung ist das große Problem, aber das kann man nicht einem Einzelnen zuschreiben. Das sind viele, die im entscheidenden Moment den Fuß ein paar Millimeter falsch halten.

 

Wie können Sie die Fans wieder positiver stimmen?

Grethlein: Die Fans sind zu Recht enttäuscht, dass der Aufstieg nicht geklappt hat. Wir brauchen eine Perspektive, dass es wieder aufwärtsgeht und wir um den Aufstieg mitspielen können. Im Rennen dabei zu sein, das muss immer unser Ziel sein und dafür müssen wir alles tun. Wenn die Fans merken, dass das in der neuen Saison erreichbar ist, dann wird sich auch die Stimmung wieder ändern.

 

Das Interview führte

Julia Pickl.