Bei
"Harte Nummer"

25.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:54 Uhr

Nürnberg (DK) Gegen Union Berlin muss der 1. FC Nürnberg heute Abend über sich hinauswachsen, glaubt Club-Trainer Michael Köllner. Verteidiger Ewerton droht gegen den Tabellensiebten auszufallen.

Für Michael Köllner ist Union Berlin nicht nur die "individuell mit am besten besetzte Mannschaft der Liga" und eine "harte Nummer", sondern gleichzeitig ein gutes Beispiel dafür, wohin es führen kann, wenn die Ansprüche aufgrund dieser individuellen Qualität steigen, sich aber nicht in die entsprechenden Tabellenplätze umsetzen lassen. Sieben Punkte trennen den selbst ernannten Aufstiegsaspiranten aus Berlin vor dem Spiel heute Abend (18.30 Uhr) vom (nicht selbst ernannten) Aufstiegsaspiranten 1. FC Nürnberg.

Vor allem für die ambitionierten Berliner wird die Heimpartie gegen den Tabellendritten richtungsweisend und die vielleicht letzte Chance auf den Aufstiegskampf. "An diesem Beispiel sieht man, wie sich die Dinge verdrehen können, wenn die Erwartungshaltung zu groß wird", sagt Köllner. "Am Ende kann das in einem Rucksack münden, den die Spieler mit sich herumtragen müssen. Jedes Spiel ist dann plötzlich ein Endspiel. Für uns sollte das auch ein Beispiel sein, dass wir es am Ende nicht so machen dürfen", sagt der 48-Jährige.

Köllner wählt dieses Thema vor dem Zweitliga-Topspiel nicht zufällig, denn auch beim Club sind die Ansprüche nach der guten Saison inzwischen gestiegen. Als sich die Mannschaft am Dienstag gegen den SSV Jahn Regensburg mit einem 1:2-Rückstand in die Pause verabschiedete, gab es vereinzelte Pfiffe von den Zuschauern. Den Trainer ärgert das, wenn die Dinge, die in dieser Saison bislang so überraschend gut klappten, inzwischen als Selbstverständlichkeit hingenommen werden. "Wenn dann ein Fehlpass passiert, denkt man schon: Was ist mit denen los", beschreibt er.

Weder zu Saisonbeginn, noch nach der erfolgreichen Winterpause habe der Verein aber den Aufstieg als Ziel formuliert. "Natürlich ist unsere Zielsetzung, dass wir jedes Spiel gewinnen wollen. Aber wir haben nicht den Anspruch des Gewinnen-Müssens. Wenn sich die Dinge in diese Richtung verändern, bekommen wir große Probleme", warnt der Trainer.

Bei Union erwartet Köllner nun zumindest in dieser Hinsicht ein wenig Besserung. "Ein Ball, den du mal in Bedrängnis wegschlägst, wird dir in diesem Spiel nicht als große Schwäche ausgelegt", sagt er. Womöglich ist sein Team auch aufgrund dieser, etwas entspannteren Atmosphäre auswärts so gut (Platz eins). Bei starken Berlinern müsse man dennoch "über sich hinauswachsen" und eine "bärenstarke Leistung" bringen, um mindestens einen Punkt mitzunehmen.

Deshalb hofft Köllner auch besonders auf die Einsätze von Innenverteidiger Ewerton und Sechser Ondrej Petrak. Beide mussten gegen Regensburg vorzeitig aus dem Spiel genommen werden. Bei beiden gibt es nun ein Stück weit Entwarnung, auch wenn eine endgültige Entscheidung erst "nah am Spiel" fallen wird, wie Köllner bestätigt. Sollte es bei Ewerton nicht klappen, stünde Lukas Mühl bereit. Auch Patrick Erras und Neuzugang Ulisses Garcia drängen in die Startformation. Aufgrund des zweiten Spiels innerhalb von nur vier Tagen schließt Köllner weitere personelle Wechsel nicht aus.

Vor allem imponierte dem 48-Jährigen, wie seine Mannschaft gegen Regensburg zurückgekommen ist. "Das Größte im Sport ist es immer, Negativerlebnisse wegzustecken. Manche brauchen Tage oder Wochen dafür und manche - das sind die Spitzensportler - brauchen ein paar Sekunden", sagt Köllner. Die Einstellung seiner Mannschaft habe somit absolut gestimmt. Auch das sollten die Beobachter in Zukunft erkennen, wenn sie den Club beurteilen. Immerhin steht der vor dem heutigen Aufeinandertreffen noch sieben Punkte vor dem eigentlichen Aufstiegskandidaten Union Berlin.