Ingolstadt
"Wir sollten demütig bleiben"

FC-04-Geschäftsführer Harald Gärtner betrachtet den Aufstieg als Geschenk und hofft nun auf den Klassenerhalt

20.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:16 Uhr

Ein starkes Team: Trainer Ralph Hasenhüttl (links) und FC-04-Geschäftsführer Harald Gärtner - Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Harald Gärtner ist im operativen Geschäft einer der dienstältesten Funktionäre des FC Ingolstadt. Im April 2007 fing der heute 46-Jährige als Sportdirektor bei den Schanzern in der Regionalliga an. Jetzt zieht der gebürtige Gießener, der mittlerweile mit seiner Frau Melanie und den Söhnen Maximilian und Benjamin in Ingolstadt sesshaft geworden ist, in die Bundesliga ein.

 

Herr Gärtner, haben Sie sich schon vom Feiern erholt?

Harald Gärtner: Ich habe am Sonntag mit der Mannschaft gefeiert, wie alle im Verein, nur nicht ganz so lange. Aber seit Dienstag laufen von früh bis spät die Vorbereitungen auf das Spiel in Kaiserslautern, parallel dazu Besprechungen zur Meisterfeier und zur neuen Saison.

 

Haben Sie den Aufstieg schon richtig realisieren können?

Gärtner: Nein. Ich hoffe, dass wir in der nächsten Woche mal durchatmen und uns diesen Erfolg bewusst machen können. Es war ein Wahnsinnsteamgeist und Zusammenhalt, der das ermöglicht hat.

 

Sie sind seit 2007 im Verein. Was haben Sie damals vorgefunden?

Gärtner: Einen Verein, der mit Peter Jackwerth einen Visionär hatte und voller Tatendrang steckte. Ich dachte mir, das könnte eine super Geschichte werden.

 

Wie waren die ersten Eindrücke damals im MTV-Stadion?

Gärtner: Ich habe die Mannschaft zweimal gesehen. Einmal im DFB-Pokalspiel gegen Saarbrücken und dann im Testspiel gegen Borussia Mönchengladbach. Da dachte ich mir nur: Für eine Fußballaufbruchstimmung könnten ruhig ein paar Leute mehr da sein. Aber dabei mitzuhelfen, etwas daraus zu machen, war eine reizvolle Aufgabe. Manchmal wache ich auf, und denke mir, dass es nicht wahr sein kann, was in diesen acht Jahren alles passiert ist.

 

Audi war damals bereits Trikotsponsor, war das für Sie das entscheidende Signal, als Sportdirektor einzusteigen?

Gärtner: Nein, die Herausforderung bestand darin, dass der ganze Verein nach oben wollte. Damals war das mit Audi auch noch auf kleinere Füße gestellt und wir hatten unsere Geschäftsstelle in einem Wohnhaus an der Gaimersheimer Straße. Und ich erinnere mich daran, dass beim ersten Fantreffen mehr Offizielle da waren als Fans. Aber die Leute waren neugierig.

 

Dann ging alles ganz schnell. Der erste Aufstieg in die 2. Bundesliga, der Umzug ins ESV-Stadion und parallel dazu die Planungen für den Audi-Sportpark. War der Verein damals ein Getriebener, weil er durch den sportlichen Erfolg ständig vor neuen Aufgaben stand?

Gärtner: Getrieben trifft es auf den Kopf. Wir wussten, dass wir eine neue Geschäftsstelle brauchen und uns organisatorisch anders aufstellen mussten. Wir waren bei unseren Planungen noch von der 3. Liga ausgegangen und standen dann plötzlich vor dem Sprung in die 2. Bundesliga. Dazu kam die Problematik mit dem Stadion. Das mag auch teilweise dazu beigetragen haben, dass wir im Sommer 2009 sportlich abgestiegen sind. Wir waren zu der Zeit noch nicht bereit für die Zweite Bundesliga.

 

Sie waren damals Sportdirektor und Geschäftsführer in einem. Wo lagen Ihre Prioritäten?

Gärtner: Das Tagesgeschäft war entscheidend. Da war kaum Zeit für strategische Überlegungen. Man braucht zum Trainer aber einen Gegenpart, darum haben wir einen Sportlichen Leiter gebraucht. Jetzt ist Thomas Linke ganz nah bei der Mannschaft und ausschließlich damit beschäftigt. Wir haben jetzt Kontinuität und Konstanz und einen permanenten Austausch zwischen Sportdirektor, Trainerstab und Geschäftsführung.

 

Viele unken, der Aufstieg in die Bundesliga komme zu früh. Was entgegnen Sie denen?

Gärtner: Ein Aufstieg kommt nie zu früh. Von der Infrastruktur und vom Gesamtkonzept des Vereins sind wir sehr weit. Jetzt müssen wir sehen, dass wir den sportlichen Bereich weiterentwickeln und vor allem auch den Nachwuchs Schritt für Schritt auf Bundesliga-Niveau bringen. Die U 19 kann am Sonntag in die Bundesliga aufsteigen, die U 17 soll nächstes Jahr nachziehen.

 

Wie wird sich die Mannschaft verändern?

Gärtner: Wir werden der Mannschaft die Chance geben, die uns allen diesen Traum erfüllt hat. Sie stand seit dem achten Spieltag an der Tabellenspitze und hat immer wieder Rückschläge weggesteckt. Dieses Team ist mit seinem Potenzial nicht am Ende. Aber natürlich versuchen wir auch, uns in allen Bereichen zu verstärken.

 

An welchen Klubs orientiert sich der FC 04?

Gärtner: Wir haben einen eigenen Weg. Wir spielen vom ersten Tag an darum, diese Liga zu halten. Mit jedem Jahr hat man dann mehr Luft zum Atmen. Wir wissen, was auf uns zukommt. Wir müssen aus unseren Mitteln das Beste machen und uns mit den Aufsteigern sowie Vereinen wie Freiburg oder Mainz, die sich in der jüngeren Vergangenheit etablieren konnten, messen.

 

Wenn Sie mal vorausblicken, ist der FC 04 in fünf Jahren ein stabiler Bundesligist?

Gärtner: Wenn uns das gelingt, würde ich es sofort unterschreiben. Aber das sollte ein langfristiges Ziel sein, für das wir noch viel tun müssen. Wir sollten demütig bleiben. Was momentan passiert ist ein Geschenk, jetzt sind wir erst einmal dankbar dafür, in der Bundesliga mitmischen zu dürfen. Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um in der Liga zu bleiben.

 

Das Interview führte

Gottfried Sterner.