Ingolstadt
Rekordkulisse, Torfestival und Wutrede

Vor dem Duell des FCI gegen Jahn Regensburg: Episoden aus der langen Derby-Geschichte

17.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

Karl-Heinz Volp (links) erwischte beim 8:2-Sieg gegen Jahn Regensburg einen Glanztag. Der ESV-Torjäger erzielte am 23. April 1972 alleine vier Treffer. Am Ende half aber auch der Rekordsieg gegen die Oberpfälzer nichts mehr - die Ringseer stiegen aus der Regionalliga ab. - Foto: Archiv

Ingolstadt (DK) Jahn Regensburg ist in Ingolstadts jüngerer Fußballgeschichte nicht der Derbygegner, der einem als erstes einfällt. Duelle gegen die Münchner Löwen und den FC Augsburg gab es häufiger, obwohl die Schanzer bereits siebenmal auf die Oberpfälzer trafen. Am Sonntag um 13.30 Uhr ist es im Audi-Sportpark wieder so weit.

In drei verschiedenen Ligen standen sich der FC Ingolstadt und Jahn Regensburg bereits gegenüber. 2007/2008 in der Regionalliga Süd, 2009/2010 in der 3. Liga und 2012/2013 in der 2. Bundesliga. Dazu gab es 2005 das bayerische Toto-Pokalfinale, in dem die Ingolstädter mit 0:2 den Kürzeren zogen. Ansonsten jedoch fällt die Bilanz mit vier Siegen, einem Unentschieden und nur einer Niederlage für die Schanzer recht positiv aus. Gute Stimmung herrschte vor allem beim letzten Heimsieg am 11. November 2012, als der FCI in einer turbulenten Partie mit 4:2 gegen den damaligen Aufsteiger triumphierte. Stefan Leitl per Elfmeter-Nachschuss, Manuel Schäffler, Christian Eigler per Elfmeter und Caiuby erzielten die Treffer für die Ingolstädter.

Aber es gab noch etliche andere turbulente Duelle in Ingolstadt. Eine Auswahl:

 

29. SEPTEMBER 1968: 2:0

 

Es war das erste Derby nach dem Aufstieg des ESV Ingolstadt in die Regionalliga Süd. Die Gäste waren schon ein Jahr zuvor in die damals zweithöchste deutsche Spielklasse zurückgekehrt und erlebten einen fulminanten Aufschwung. 5000 Anhänger begleiteten die Oberpfälzer zum Donauderby, doch die Ringseer bewahrten vor der Rekordkulisse von 13 000 Zuschauern im ESV-Stadion die Ruhe gegen Jahn-Größen wie Manni Ritschel, Alfred Kohlhäufel oder Gerhard Faltermeier. Dazu bekam Ex-ESV-Torjäger Willi Mikulasch gegen die ESV-Abwehr um Josef Bauerschmidt, Herbert Hufski und Damasus Fink keinen Stich. Ein Doppelschlag von Willi Weiß (55. Minute) und dem späteren Löwen-Profi Georg Metzger (59.) brachte die Schwarz-Weißen auf die Siegesstraße. "Ich war damals gut drauf und habe zwei Spieler im Mittelfeld ausgespielt und dann den Ball aus 20 Metern in den Winkel geschossen", erinnert sich Weiß, der Torschütze des 1:0, heute noch ganz genau. Mit 14 Treffern war der offensive Mittelfeldspieler damals bester Torschütze des ESV. Nach dem Abstieg 1972 wechselte Weiß zu Rot-Weiß Essen (1972 bis 1974), mit dem er in die Bundesliga aufstieg, und anschließend zum SV Darmstadt 98 (1974 bis 1982), wo er seine erfolgreichste Zeit erlebte und nochmals zwei Spielzeiten in der Bundesliga verbrachte. Noch heute lebt der 69-jährige Mathematik- und Sportlehrer in Darmstadt und ist an einer Privatschule in der Lehrerausbildung tätig. Den Kontakt nach Ingolstadt pflegt er immer noch und trifft sich auch regelmäßig mit den früheren Teamkameraden Walter Zieglmeier und Herbert Hufsky.

 

23. APRIL 1972: 8:2

 

In der erfolgreichsten Phase des ESV Ingolstadt zwischen 1962 und 1972 trafen die "Eisenbahner" zwölfmal auf den Donaurivalen. Im heimischen Stadion gab es dabei fünf Siege und ein Unentschieden. Den spektakulärsten Erfolg feierten die Schwarz-Weißen ausgerechnet im Abstiegsjahr 1972 mit einem 8:2-Sieg. Zwei ESV-Spieler, die nur kurz bei den Ringseern aktiv waren, erlebten dabei ihre Sternstunde: Gerhard Pankotsch und Karl-Heinz Volp (kleines Foto). Das Angriffsduo erzielte in jener Saison 24 Treffer, alle anderen ESV-Spieler zusammen 22. Pankotsch, damals gerade aus Vohenstrauß gekommen und danach jahrelang in der 2. Liga Süd für den FC Homburg und die SpVgg Fürth erfolgreich, gelangen drei Treffer. Volp, der zwei Jahre für die Ringseer kickte, traf sogar viermal ins gegnerische Netz und sorgte zusammen mit Walter Zieglmeiers Treffer für das Torfestival. "Natürlich denkt man an so einen Tag gerne zurück. Das war einfach ein Spiel, in dem mir alles gelungen ist", sagt der heute 68-jährige Volp. Der gebürtige Hesse, der 1972 zur Eintracht Bad Kreuznach wechselte und mit der SG in die Regionalliga und später auch 2. Liga Süd aufstieg, erinnert sich gerne an die Zeit in Ingolstadt. "Damals schlug ich beim Arbeitsamt die Beamtenlaufbahn ein und war dann 46 Jahre lang im öffentlichen Dienst tätig. Der ESV hat mir den Einstieg ins Berufsleben ermöglicht", sagt Volp, der nie den Schritt ins Profitum wagte. "Mir war ein sicherer Arbeitsplatz wichtiger. Mir hat damals der Mut gefehlt", meint der frühere Stürmer ohne Reue, auch wenn Vereine wie Eintracht Frankfurt, der 1. FC Nürnberg, oder auch Werder Bremen lockten. Dafür verfolgt Volp, der über all die Jahre hinweg den Kontakt nach Ingolstadt nicht abreißen ließ und auch seinen früheren Mitspieler Georg Weißberger wieder ausfindig machte und besuchte, den Fußball weiter intensiv. "Der FCI hätte nicht absteigen müssen, aber die chronische Abschlussschwäche und der zu späte Trainerwechsel waren ausschlaggebend", meint Volp, der die Schanzer in der Bundesliga schon live im Audi-Sportpark sah und hofft, dass das Problem nicht fortbesteht: "Der FCI schießt einfach zu wenig Tore. Aber Lezcano gefällt mir. Ich hoffe, dass bei ihm der Knoten platzt und er seine Mitspieler mitreißen kann."

 

28. JANUAR 1978: 7:0

 

Ebenfalls spektakulär verlief einige Jahre später das Aufeinandertreffen mit dem MTV Ingolstadt. Die Lilaweißen, gerade erst aus der Landesliga aufgestiegen, setzten mit ihrem Spielertrainer Horst Pohl zum Durchmarsch in die 2. Liga Süd an und machten dabei auch vor Zweitliga-Absteiger Regensburg nicht Halt. Schon auswärts siegte der MTV sicher mit 3:0, zu Hause sahen 900 Zuschauer gar sieben Tore. Nach sechs Minuten hieß es 3:0, als nach Edi Stöhr MTV-Torjäger Karl Obermeier (kleines Foto) innerhalb von 60 Sekunden zweimal zuschlug. Damit nicht genug. Der Eitensheimer traf noch zweimal, die beiden weiteren Tore steuerten Georg Weißberger und Heribert Fastenmeier bei. Am Saisonende stiegen die Oberpfälzer ab, der MTV stieg als Tabellenzweiter durch den Verzicht des 1. FC Haßfurt auf.

 

18. AUGUST 2007: 0:1

 

Das Spiel selbst taugte nicht zum Knüller. Zwar erlebte Ingolstadt mit 4850 Zuschauern im MTV-Stadion die größte Fußballkulisse seit 17 Jahren, doch traten die Gastgeber im Regionalligaduell gegen den Aufsteiger vor allem nach dem Seitenwechsel zu passiv auf, was die FCI-Anhänger mit Unmutsäußerungen quittierten. Das brachte den damaligen FCI-Trainer Jürgen Press nach der 0:1-Niederlage derart auf die Palme, dass ihm nach dem Schlusspfiff der Kragen platzte. "Was mich ankotzt ist: Wir haben zwar Zuschauer gehabt, aber wir haben keine Fans, wir haben keine Unterstützung. Wir werden von der ersten Minute an kritisiert. So macht es in Ingolstadt in diesem Scheiß-Stadion keinen Spaß", polterte Press vor laufender Kamera. Der erste Trainer der FCI-Geschichte kam zwar nach einem Rüffel vom Aufsichtsrat mit einem blauen Auge davon, doch am Jahresende war nach drei Jahren Schluss - Press wurde beim Tabellensechsten entlassen. Im Rückspiel triumphierte sein Nachfolger Thorsten Fink dann mit 3:1 in Regensburg und stieg am Saisonende in die 2. Bundesliga auf. ‹ŒFotos: Archiv