Ingolstadt
FCI-Neuzugang Stefan Kutschke: "Ich bin wieder ganz der Alte"

FCI-Neuzugang Stefan Kutschke über seine schwere Verletzung und warum er optimistisch in die Saison geht

21.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:54 Uhr

Ingolstadt (DK) Als Stefan Kutschke den Presseraum in der Geschäftsstelle des FC Ingolstadt betritt, wirkt er hellwach und voller Tatendrang - steht aber etwas unter Zeitdruck. "Komm, jetzt machen wir schnell unser Interview", sagt der 28-jährige Neuzugang dennoch gut gelaunt.

Der Stürmer, der in der Vorsaison mit seinen 16 Toren Zweitligist Dynamo Dresden zu einem beachtlichen fünften Rang in der Abschlusstabelle verholfen hat und vor wenigen Tagen bei den Schanzern einen Vertrag bis zum Jahr 2021 unterzeichnete, ist auf Wohnungssuche in Ingolstadt. Zwischen zwei Besichtigungsterminen nimmt er sich dennoch die Zeit für ein lockeres Gespräch über den Abschied aus seiner Heimatstadt Dresden, die fehlende Erinnerung an sein letztes Spiel für Dynamo und die Lust, noch einmal so viele Tore in einer Saison zu schießen.

Herr Kutschke, einen gebürtigen Dresdner von der SG Dynamo wegzulotsen, stellt man sich nicht einfach vor. Wie hat der FCI das geschafft?

Stefan Kutschke: Zunächst einmal muss man sagen, dass ich beim 1. FC Nürnberg unter Vertrag stand und ausgeliehen war, weshalb Dresden die Sache nicht allein in der Hand hatte. Dynamo konnte sich dann nicht mit Nürnberg einigen, dem FCI aber ist das gelungen. Hinzu kam, dass man mir hier großes Vertrauen entgegengebracht hat, was sich ja auch durch den langfristigen Vertrag zeigt. So kam dann der Wechsel zustande.

 

Der Abschied von Ihrem Heimatklub dürfte Ihnen dennoch nicht leichtfallen.

Kutschke: Das ist sicher verständlich, wenn man in der Stadt spielt, in der man geboren wurde. In den vergangenen eineinhalb Jahren habe ich in Dresden viele Highlights quasi zu Hause erleben dürfen. Das war schon etwas Besonderes. Aber bei mir geht der Blick nach vorne. Jetzt geht ein neues Kapitel los, jetzt will ich hier das bestätigten, was in der vergangenen Saison recht gut gelaufen ist.

 

Es gab Gerüchte, dass Dynamo es in finanzieller Hinsicht nicht geschafft habe, Sie zu halten.

Kutschke: Solche Dinge werde ich natürlich nie in der Öffentlichkeit diskutieren. Es mag sein, dass für Dynamo die aufgerufene Ablösesumme nicht zu bewältigen war. Aber es spielen ja noch wesentlich mehr Dinge eine Rolle: Zum Beispiel haben mich die Gespräche hier ganz einfach überzeugt, den neuen Weg einzuschlagen.

 

Stimmt es, dass Sie an Ihr letztes Spiel für Dresden gar keine Erinnerung mehr haben?

Kutschke: Na ja, nur halbwegs und nur bis zur 20. Minute (lacht). In Karlsruhe ging es mit einem verschossenen Elfmeter schon relativ blöd los. Das ist die einzige Erinnerung - bis ich dann im Krankenhaus aufgewacht bin.

 

Im vorletzten Saisonspiel erlitten Sie nach einem Zusammenprall ein mittelschweres Schädel-Hirn-Trauma, waren zeitweise bewusstlos und lagen eine Woche in Karlsruhe auf Station. Vermutlich war Ihre Sommerpause danach von großer Ruhe gekennzeichnet.

Kutschke: Erst einmal gab es ein Flugverbot vom Arzt, was für die Sommerpause natürlich das Schlimmste war, was eintreten konnte. Also bin ich daheim in Dresden geblieben. Es folgten vier Wochen absolutes Sportverbot, regelmäßige Untersuchungen und Tests. Da gab es dann aber bald grünes Licht, sodass ich zuletzt auch schon die geliebten Vorbereitungsläufe absolvieren konnte.

 

Entsprechend steht Ihrem Trainingsstart mit dem FC Ingolstadt am kommenden Samstag nichts im Weg?

Kutschke: Nein. Das war bei allem die gute Nachricht, dass ich wieder ganz der Alte bin und mein Spiel ohne Angst weiter genauso durchziehen kann wie vor der Verletzung. Ich habe die letzte Sommerpause schon in Dresden verbracht und war danach sehr erfolgreich. Warum sollte ich das hier nicht noch einmal wiederholen können (lacht)?

 

Sie sprechen Ihre beachtlichen 16 Saisontore an. Spüren Sie einen besonderen Druck, diese Marke nun in Ingolstadt noch einmal erreichen zu müssen?

Kutschke: Grundsätzlich ist der Druck, den man sich selbst macht, ja immer der größte. Ich habe guten Kontakt zu Simon Terodde (VfB Stuttgart, mit 25 Treffern Torschützenkönig der Vorsaison, Anmerk. d. Red.), der ein gutes Beispiel sein kann. Er hat es über einen längeren Zeitraum geschafft, seine guten Trefferquoten immer wieder zu bestätigen. Ich bin überzeugt, dass das auch mir gelingen wird.

 

Wie erklären Sie sich, dass Sie mit 28 Jahren Ihre bisher beste Saison hingelegt haben?

Kutschke: Ich bin sicher ruhiger geworden, mache mir nicht mehr so viele Gedanken und kann auf meine Chance warten. Viele Trainer haben zu mir gesagt: "Stefan halt dich nicht so viel außen auf, bleib im Zentrum, dort musst du die Tore schießen." Von dort nach einer präzisen Flanke dann die Tore direkt zu erzielen, ist für mich immer noch das schönste Gefühl.

 

Sollten Sie die 16 Tore wieder erreichen, dürfte der FCI sehr weit oben in der Tabelle landen.

Kutschke: Möglich, aber sicher ist das nicht.

 

Sind Sie nicht nach Ingolstadt gekommen, um möglichst bald in die Bundesliga aufzusteigen?

Kutschke: Ich habe hier einen langfristigen Vertrag unterschrieben, und natürlich ist es innerhalb dieser Laufzeit nicht nur mein Ziel, sondern auch das Ziel des Klubs, irgendwann wieder aufzusteigen. Aber jetzt schon vor dem Start dieser Saison ein solches Ziel auszugeben, wäre aus meiner Sicht fatal und völlig falsch.

 

Zweimal wird es zum Wiedersehen mit Ihrem Ex-Klub Dresden kommen. Werden das Highlights für Sie oder eher Ihre schwierigsten Spiele in der kommenden Saison?

Kutschke: Das weiß ich jetzt noch nicht, dazu benötige ich vielleicht auch noch ein wenig mehr Abstand. Natürlich sind Spiele in der Heimatstadt immer sehr emotional, weil da eine Menge Freunde und die Familie dabei sind. Aber Stand heute gehe ich das sehr entspannt an.

 

Das Gespräch führte

Norbert Roth.