Ingolstadt
Der fliegende Franzose

Vom Bankdrücker zur Stammkraft: Verteidiger Romain Bregerie erlebt beim FCI gerade seine beste Zeit

22.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:36 Uhr

Ingolstadt (DK) Wer Romain Bregerie trifft, erlebt in der Regel einen freundlichen, zurückhaltenden jungen Mann, der jederzeit gerne Auskunft gibt, und alles andere vorzuhaben scheint, als sich in den Vordergrund zu drängen. Es braucht schon eine besondere Situation, damit der 30-jährige Verteidiger des FC Ingolstadt diese Zurückhaltung ablegt. Die 26. Minute der Partie bei Eintracht Frankfurt war so eine.

Als sein Volleyschuss im Netz des Frankfurter Tores zappelte, machte Bregerie erst eine schnelle Drehung, dann rannte er gut und gerne 30 Meter mit zu Flügeln ausgestreckten Armen über den Platz, ehe er in den Stand sprang und einen lauten Schrei ausstieß. Das musste einfach raus, wie Bregerie nachher erzählte, schließlich hatte er so lange auf diesen Augenblick gewartet. "Als kleines Kind träumst du davon, irgendwann mal ein Tor in der ersten Liga zu machen. Ich habe lange darauf gewartet, deshalb ist das ein ganz besonderer Moment für mich."

Diese Premiere im Trikot der Ingolstädter hatte rund eineinhalb Jahre auf sich warten lassen. Als torgefährlicher Innenverteidiger, der im Aufstiegsjahr für Darmstadt sechsmal getroffen hatte, war er im Sommer 2015 an die Donau gewechselt. In seinem dann folgenden ersten Bundesligajahr konnte der 1,90 Meter-Mann aber nie so richtig Fuß fassen. An Marvin Matip und Benjamin Hübner kam er einfach nicht vorbei. 33-mal schaffte er es in den Kader, spielte aber nur neunmal über 90 Minuten.

In der aktuellen Saison bot sich zunächst ein ähnliches Bild, auch weil ihn eine langwierige Wadenverletzung in der Hinrunde zurückwarf. "Es ging rauf und runter für mich. Genau genommen sogar mehr runter", beschreibt er selbst diese Phase, in der er Geduld beweisen musste. "Ich habe versucht, mich wie ein Profi zu verhalten. Wenn du draußen bist, hast du auch eine Rolle zu spielen."

Doch damit nicht genug. In der Winterpause folgte dann noch die Nachricht, dass der Klub aufgrund der Afrika-Cup-Teilnahme von Innenverteidiger Marcel Tisserand, nach einer Neuverpflichtung für diese Position Ausschau hält - obwohl Bregerie längst wieder gesund war. Glück für den Franzosen, dass die Verantwortlichen keine geeignete Verstärkung fanden. Denn so bekam er seine Chance. Und Bregerie nutzte sie.

Drei Spiele fungierte er zunächst als Vertreter von Tisserand, nach dessen Rückkehr bekam er den Vorzug vor dem zuvor fehleranfälligen Roger. Fünfmal stand Bregerie im neuen Jahr schon über die volle Distanz auf dem Feld und steigerte sich praktisch mit jedem Einsatz. Sein Auftritt von Frankfurt war - nicht nur wegen des Treffers zum 1:0 - sein stärkster. Kein Wunder, dass sich Cheftrainer Maik Walpurgis bei der Beschreibung von Bregerie fast überschlägt. "Ich habe ihn von Anfang an total positiv erlebt. Er ist ein Stabilisator in der Abwehr, ein toller Charakter und hat eine enorme Klasse bei Standards. Schon auf Schalke hatte er die Möglichkeit zu treffen, deshalb freut es mich riesig für ihn, dass es jetzt endlich geklappt hat."

Bregerie selbst bleibt derweil auch im Erfolg der eher bescheidene Zeitgenosse. "Naja, die Arbeit, die ich eineinhalb Jahre geleistet habe, zahlt sich jetzt aus. Aber wichtiger als mein Tor ist, dass wir die Punkte mitgenommen haben."

Sein Glaube an den Ligaverbleib des FC Ingolstadt, wurde durch das 2:0 bei der Eintracht (Pascal Groß erzielte per Elfer den zweiten FCI-Treffer) natürlich noch größer. "Wenn wir so kämpfen wie in Frankfurt, dann bringen wir alles mit für den Klassenerhalt", sagt er. Es seien lediglich Details, die sie noch verbessern könnten. "Wir sind oft schon im roten Bereich, wenn wir an den Ball kommen. Wenn wir grundsätzlich etwas mehr Ballbesitz hätten, dann agieren wir vielleicht auch mit mehr Ruhe", glaubt Bregerie. "Aber wie gesagt, das sind Kleinigkeiten. Im Grunde haben wir alles, was wir brauchen."

Das gilt aktuell auch für Bregerie selbst. Nach seiner Leistung von Frankfurt dürfte er im anstehenden Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach (Sonntag, 15.30 Uhr) wieder erste Wahl sein. Und wer weiß, vielleicht kommen dann auch die Heimfans zum ersten Mal in den Genuss, den fliegenden Franzosen zu sehen.