Ingolstadt
"Wir werden nicht in Schönheit sterben"

FC Ingolstadt: Trainer Hasenhüttl nimmt sein Team nach dem zweiten ärgerlichen 1:1 in Schutz

24.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:12 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Tommy Stipic hatte versprochen, seine Emotionen zu kontrollieren. Wohl wissend, dass dies schwer werden könnte. Denn der Spielplan wollte es so, dass der ehemalige U 23-Trainer des FC Ingolstadt schon in seinem dritten Spiel als Coach von Schlusslicht FC Erzgebirge Aue an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrt. Das 1:1 seiner Mannschaft am Dienstagabend beim noch ungeschlagenen Favoriten durfte er dann durchaus als Achtungserfolg werten. Bei der anschließenden Pressekonferenz verriet aber nur ein breites Grinsen, wie stolz er darauf war.

Stipic, mit 35 Jahren jüngster Zweitligatrainer, bedankte sich zunächst bei seinem Ex-Verein, „der mir die Möglichkeit gegeben hat, dass ich mich ohne Druck entwickeln und lernen konnte.“ Und dieses 1:1? „Naja, das war vielleicht ein kleines Abschiedsgeschenk an mich“, meinte Stipic und grinste erneut über das ganze Gesicht.

Ralph Hasenhüttl, der den Worten zunächst mit leerer Miene gefolgt war, wachte nun auf. „Tommy, jetzt hast du es tatsächlich geschafft, mir doch noch ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Du hast wohl Recht, Geschenke gibt es normalerweise erst zu Weihnachten, für dich hatten wir heute schon eins.“

Die heimliche Freude hier, der mit Mühe kontrollierte Frust da. Während Stipic, der auch von Teilen der Ingolstädter Fans mit Sprechchören („Einmal Schanzer, immer Schanzer“) gefeiert wurde, den glücklich ermauerten ersten Auswärtspunkt im Abstiegskampf natürlich prima gebrauchen konnte, rang man im Ingolstädter Lager um Haltung.

Gleich in Serie hatte das Team zuletzt gegen Fürth, Sandhausen und Aalen beeindruckende Siege eingefahren. Das 1:1 am vergangenen Samstag bei den Löwen erschien wie eine kleine Panne, gegen Aue sollten es wieder drei Punkte sein. „Die Ansprüche sind gestiegen“, hatte Hasenhüttl vor dem Spiel erkannt. Genauso wie eine gewisse Eigendynamik, die sein Team angesichts der Erfolgsserie entwickelt hatte. „Es macht keinen Sinn, die Jungs jetzt zu stoppen. Wir können nicht anders, als nach vorne zu spielen und immer weiter Gas zu geben.“

Das tat seine Elf dann gegen Aue auch. Trotz des nach einigen Defensivpatzern selbst verschuldeten 0:1-Rückstandes durch Frank Löning (20.), marschierten die Ingolstädter als ginge es um die Meisterschaft. Bald glückte der Ausgleich durch Lukas Hinterseer (22.), zur Krönung des Abends sollte es dann aber trotz einer unglaublich hohen Anzahl an Chancen (Torschuss-Verhältnis 29:4) nicht mehr kommen.

Marvin Matip, auf dem Feld mit einer Zweikampfquote von 100 Prozent überragend, zeigte sich anschließend auch verbal als guter Verteidiger. „Wenn wir so spielen, bin ich sehr optimistisch, dass wir sehr bald auch wieder Erfolge einfahren“, begann der 28-Jährige gefasst. Im Weiteren sprach er von Demut, die trotz des Höhenfluges nötig sei und von der Notwendigkeit, konzentriert weiterzuarbeiten. Die Enttäuschung über zuletzt vier vergebene Punkte merkte man ihm nicht an. „Im Vorjahr stand ich oft hier und musste erklären, warum wir im Spiel nach vorne keine Lösungen finden. Jetzt haben wir offensichtlich einige“, konterte er die kritischen Fragen. „Nur vor dem Tor müssen wir kaltschnäuziger werden.“

Alfredo Morales (vergab dreimal), Matip (zweimal), Mathew Leckie, Stefan Lex, Benjamin Hübner und Hinterseer (je einmal) hätten den Abend ohne Weiteres zu einem Fußballfest machen können. Nach zum Teil schönen Kombinationen fehlte vor dem Tor aber jeweils der Killerinstinkt. „Man darf nicht vergessen, dass wir inzwischen so mutig Fußball spielen, wie man es hier noch nie gesehen hat. Damit sind wir auf einem richtig guten Weg, die Entwicklung ist aber noch nicht abgeschlossen“, meinte Hasenhüttl. Mehr Effektivität im Abschluss heißt das nächste Etappenziel, damit die Offensivtaktik des 47-Jährigen auch die verdienten Ergebnisse einbringt. „Wir werden sicher nicht in Schönheit sterben“, stellte Hasenhüttl klar.

Nächster Prüfstein: der Karlsruher SC. Ein Team, das erst gestern Abend bei RB Leipzig mit 1:3 die erste Niederlage der Saison einstecken musste. „Das wird am Samstag eine andere Partie, weil der KSC sicher mehr für das Spiel tut und sich so mehr Räume ergeben werden“, glaubt Matip. Unter dem Eindruck des Aue-Spieles wirkte sein nächster Satz fast schon ein wenig trotzig. „Holen wir da einen Sieg, können wir einen bislang schon sehr, sehr guten Saisonstart noch untermauern.“ Der FC Ingolstadt rangiert schließlich als Viertplatzierter immer noch auf einem Spitzenplatz.